Wer als Teilnehmer einer gebuchten und geführten Fahrradtour stürzt, kann Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen, wenn der Anbieter der Tour seine Fürsorgepflicht verletzt hat. So entschied das Landgericht Frankfurt am Main (LG Frankfurt a.M.) am 26.06.2025 (2-24 O 55/22).
Buchung einer Reise mit Sportangeboten
Den Urlaub hatte sich der Kläger wohl anders vorgestellt. Er buchte für sich und seine Lebensgefährtin im Jahr 2021 eine „Bike- und Sportmixwoche“ in Österreich. Neben der Übernachtung in einem schönen Hotel gehörten Sportangebote und Wellnessbehandlungen zum Reiseumfang. Die Reise kostete insgesamt ca. 1.400,- €.
Geführte Radtour
Zunächst lief der Urlaub wie geplant. Am fünften Tag nahm der Kläger mit seiner Lebensgefährtin an einer geführten Tour mit E-Bikes teil. Die Tour nannte sich „Heavy-Cycling-Tour“ und machte ihrem Namen alle Ehre. Die Gruppe fuhr zunächst auf gut asphaltierten Wegen bis auf über 1.800,- Meter Höhe. Dann allerdings wurde es unangenehm. Ein Steilstück war mit Schnee bedeckt und aufgrund der Schneeschmelze aufgeweicht und nicht gut befahrbar. Die beiden Guides entschieden dann, auf einem Wanderweg weiterzufahren. Dieser war direkt an einem Abhang gelegen und aufgrund der Beschaffenheit zum Teil nicht befahrbar. Die E-Bikes mussten streckenweise geschoben werden.
Sturz mit Bänderriss als Folge
Hier stürzte der Kläger und zog sich einen Bänderriss am Sprunggelenk zu. Für den Kläger endete hier die „Heavy-Cycling-Tour“. Die Bergwacht flog den Kläger mit einem Helikopter zurück ins Tal. Der Kläger wurde im Krankenhaus behandelt. Die letzten Urlaubstage verbrachte er im Hotelzimmer.
Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld
Nach Rückkehr aus dem Urlaub verlangte der Kläger vom Reiseanbieter Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Reiseanbieter vertrat die Auffassung, dass der Sturz allein vom Kläger zu verantworten ist und lehnte jegliche Zahlungen ab. Daraufhin zog der Kläger vor Gericht.
Das LG Frankfurt a.M. gab dem Kläger Recht! Der Kläger kann vom Reiseveranstalter die Erstattung der Behandlungs- und Bergungskosten verlangen. Darüber hinaus sprach das Gericht dem Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 900,- € sowie Schadensersatz in Höhe von 240,- € für die nutzlos verbrachten letzten Urlaubstage zu.
Tour-Guides verletzten Obhuts- und Fürsorgepflichten
Das Gericht ging davon aus, dass die vom Veranstalter engagierten Tour-Guides ihre Obhuts- und Fürsorgepflichten verletzt haben. Denn die Guides wählten für die Tour einen Weg, „dessen Beschaffenheit und Schwierigkeitsgrad sie nicht kannten und der höhere Anforderungen an die Teilnehmer gestellt hat, als dies bei der eigentlich gebuchten Bike-Tour der Fall gewesen wäre“, so das Gericht.
Auch hat sich hier nicht lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht. Das Gericht stellte klar, dass sich die Verletzungsgefahr durch das Verhalten der Tour-Guides gerade erhöht hat. Ein Mitverschulden des Klägers lag nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Insbesondere die von der Gegenseite vorgebrachte mangelnde Fitness konnte dem Kläger nicht nachgewiesen werden.
Die Klage des Klägers hatte vollumfänglich Erfolg. Ob die Gegenseite Berufung eingelegt hat, ist nicht bekannt.
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 26.06.2025 – 2-24 O 55/22