Wer sich in der Umkleidekabine eines Geschäfts an einem handelsüblichen Preisschild verletzt, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Jeder Kunde kann und muss mit dem Vorhandensein eines Preisschilds an der Ware rechnen. Der Ladeninhaber muss nicht gesondert auf das Vorhandensein eines Preisschilds hinweisen. So geht es aus einem Urteil des Landgerichts München I (LG München I) hervor (Urt. v. 28.05.2024, 29 O 13848/23).
Eine Frau war mit ihrem Mann auf Shoppingtour. Sie besuchten unter anderem den Outlet Store des Beklagten. Dort fand die Frau ein schönes T-Shirt. Es gefiel ihr so gut, dass sie es mit in die Umkleidekabine nahm, um es anzuprobieren.
Kundin verletzt sich an Preisschild
Doch leider nahm die Anprobe kein gutes Ende. Als die Frau versuchte, das T-Shirt anzuprobieren, schlug ihr das daran befestigte Preisschild so schlimm ins Auge, dass in der Folge eine Hornhauttransplantation notwendig war. Die Frau leidet noch heute unter Schmerzen, sieht schlechter und ist besonders lichtempfindlich.
Anspruch auf Schmerzensgeld?
Sie erhob Klage gegen den Betreiber des Outlet Stores. Dieser habe seine Verkehrssicherungspflichten verletzt und müsse nun Schmerzensgeld zahlen.
Das LG München I wies die Klage jedoch ab. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt steht der Frau ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, so das Gericht. Auch wenn es sich um eine sehr schwere Verletzung handelt, ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflichten des Beklagten war noch Auffassung des Gerichts nicht gegeben.
Kunde muss mit Preisschild rechnen
Es handelte sich um ein übliches Standardpreisschild. Jeder Kunde in einem Bekleidungsgeschäft kann und muss davon ausgehen, dass sich an den Kleidungsstücken Preisschilder befinden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung schaut ein Kunde vor der Anprobe auf das angebrachte Preisschild, etwa um die Größe oder den Preis in Erfahrung zu bringen. Er kann dann ohne weiteres selbst dafür Sorge tragen, dass er sich bei der Anprobe nicht am Preisschild verletzt. So geht es aus dem Urteil des LG München I hervor.
Der Beklagte hatte auch nicht die Pflicht, gesondert auf das Vorhandensein von Preisschildern hinzuweisen. Dies sei lebensfremd und nicht zumutbar, so das Gericht.
Das Gericht wies die Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ab.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob die Frau in Berufung geht.
LG München I, Urteil vom 28.05.2024 – 29 O 13848/23