Fragt ein Polizist einen Passanten nach seiner „wirklichen“ Herkunft, obwohl dieser als Geburtsort bereits eine Stadt in Deutschland angegeben hat, handelt es sich um eine Diskriminierung. Dies gilt zumindest in Berlin, wo das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) gilt. Dieses Gesetz sieht einen Anspruch auf Entschädigung bei behördlicher Diskriminierung vor.
Polizeikontrolle
Geklagt hatte ein Mann mit tunesischen Wurzeln, der in Berlin Mitte als Radfahrer unterwegs war. Als er an einer Ampel stand, holte er ein schwarzes Brillenetui raus. Weil die Sonne blendete, wollte sich der Mann eine Sonnenbrille aufsetzen. In unmittelbarer Nähe befanden sich Polizeibeamte, die unterwegs auf Streife waren.
Als die Ampel auf Grün schaltete, überquerte der Mann mit seinem Fahrrad die Straße, noch immer das Etui in der Hand. Die Polizisten sahen den Mann und gingen davon aus, dass dieser ein Handy in der Hand hielt. Sie hielten den Mann darauf hin an.
Weil die Polizisten davon ausgingen, dass der Mann während des Fahrradfahrens telefonierte, verwarnten sie ihn und verhängten ein Verwarngeld in Höhe von 55 Euro.
Personalien aufgenommen – Frage nach “wirklicher” Herkunft
Die Polizisten nahmen in diesem Zusammenhang die Personalien des Mannes auf. Nach dem Geburtsort gefragt, gab der Mann diesen mit Bochum an. Ein Polizist fragte daraufhin, woher er „wirklich“ komme.
Diskriminierung?
Nun hatte der Mann die Faxen dicke. Abgesehen davon, dass der Mann -was das spätere Verfahren bestätigte- gar nicht telefonierte, fühlte sich dieser aufgrund der Frage nach seiner „wirklichen” Herkunft diskriminiert. Der Mann legte Beschwerde beim Land Berlin ein, allerdings ohne Erfolg.
Daraufhin erhob der Mann Klage beim Amtsgericht Berlin-Mitte und verlangte Entschädigung, mit Erfolg.
Entschädigung in Höhe von 750 Euro
Das Gericht sprach dem Mann 750 Euro wegen behördlicher Diskriminierung zu. Mit der Nachfrage nach der „wirklichen“ Herkunft unterstellte der Polizist dem Mann mit tunesischen Wurzeln, die Unwahrheit gesagt zu haben, so das Gericht. Der Mann wurde offensichtlich weniger günstig behandelt, als eine andere Person in vergleichbarer Situation. Hierin liegt nach Auffassung des Gerichts eine behördliche Diskriminierung. Das Berliner LADG sieht in diesem Fall einen Entschädigungsanspruch vor.
Das Amtsgericht Berlin-Mitte sprach dem Mann 750 Euro Entschädigung zu. Es berücksichtigte dabei, dass sich der Vorfall in der Öffentlichkeit abgespielt hat. Außerdem gab es von Seiten der Polizei keine Entschuldigung.
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 15.04.2024 – 21 C 252/23