Vereister Gehweg – Eigentümer haftet auch bei Übertragung der Streupflicht auf Firma (LG Köln, Urt. v. 18.12.2023 – 15 O 169/23)

Ein Winter mit Schnee und Eis, für viele Menschen einfach nur schön. Aber der Winter hat auch seine Schattenseiten. Vereiste Gehwege führen häufig zu Unfällen, die nicht selten im Krankenhaus enden. Grundstückseigentümer sind in der Pflicht, anliegende Gehwege zu räumen und zu streuen. Kommen sie ihrer Pflicht nicht nach, kann es teuer werden. Denn wenn es zu einem Sturz auf dem vereisten Grundstück oder Gehweg kommt, haftet der Eigentümer.

Räum- und Streupflicht des Eigentümers

Um auf Nummer sicher zu gehen, übertragen viele Grundstückseigentümer die Streupflicht auf einen Dritten, etwa eine Reinigungsfirma oder einen Hausmeisterservice. Aber was ist, wenn die Firma nicht streut? Ist der Eigentümer raus aus der Haftung?

Übertragung der Streupflicht auf Reinigungsfirma

Mit einem solchen Fall hat sich das Landgericht Köln (LG Köln) beschäftigt. Die Beklagte betreibt einen Umschlagplatz für Waren. Auf dem Betriebsgelände der Beklagten werden sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit Waren verladen. Die Klägerin begab sich in einer Nacht im Dezember 2022 mit einem LKW zum Betriebsgelände der Beklagten, um dort Waren ab- und aufzuladen. Wegen eines plötzlichen Kälteeinbruchs war es auf dem Betriebsgelände spiegelglatt. Gegen 22 Uhr bemerkten Mitarbeiter der Beklagten, dass die von ihr mit der Streupflicht beauftragte Reinigungsfirma noch nicht tätig wurde. Daraufhin mahnte die Beklagte die Reinigungsfirma und forderte sie auf, das Betriebsgelände unverzüglich zu räumen und zu streuen.

Reinigungsfirma streut nicht – Unfall

Als die Klägerin mit ihrem LKW ca. 90 Minuten später auf das Betriebsgelände der Beklagten fuhr, war immer noch nicht gestreut. Der Fahrer verlor die Kontrolle über den LKW und krachte gegen eine Wechselbrücke. Dabei entstand ein erheblicher Sachschaden, den die Klägerin nun von der Beklagten ersetzt verlangt. Die Beklagte weigerte sich und verwies darauf, dass sie die Streupflicht auf die Reinigungsfirma übertragen hat und -wenn überhaupt- die Reinigungsfirma für den Schaden aufkommen muss.

Grundstückseigentümer haftet

Das LG Köln entschied nun: Die Beklagte haftet, und nicht die Reinigungsfirma. Grundsätzlich – so das Gericht- ist es zulässig, die Streupflicht vertraglich auf eine Fachfirma zu übertragen. Aber, wenn die Fachfirma -für den Eigentümer erkennbar- ihren Pflichten nicht nachkommt, haftet der Eigentümer. Denn die Übertragung der Streupflicht auf eine Fachfirma entbindet den Eigentümer nicht, die tatsächliche Ausführung zu überprüfen, so das LG Köln.

Eigentümer muss selbst tätig werden

In dem hier entschiedenen Fall wusste die Beklagte bereits 90 Minuten vor dem Unfall der Klägerin, dass die Reinigungsfirma ihrer Streupflicht nicht nachkommt. Es genügte nach Auffassung des Gerichts nicht, die Reinigungsfirma zu mahnen. Vielmehr hätte die Beklagte selbst streuen oder zumindest alles ihr Mögliche tun müssen, um Gefahren auf dem Betriebsgelände abzuwenden. Dies wäre nach Auffassung des LG Köln zumindest das Aufstellen eines deutlich sichtbaren Warnschildes gewesen.

Ob das Aufstellen eines Warnschildes genügt hätte, den Unfall zu verhindern, ist nicht klar. Aber das LG Köln weist darauf hin, dass der Anscheinsbeweis zu Gunsten der Klägerin spricht. Dieser spricht dafür, dass der Schaden bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt durch das Aufstellen eines deutlich sichtbaren Warnschildes hätte verhindert werden können, da der Kläger sein Fahrverhalten sehr wahrscheinlich angepasst hätte. Diesen Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht entkräftet.

Da die Beklagte ihren Kontrollpflichten nicht vollumfänglich nachgekommen ist, haftet sie für den Schaden, obwohl sie die Räum- und Streupflicht auf einen Dritten übertragen hatte. Entscheidend ist hier, dass die Beklagte das Versäumnis der Reinigungsfirma bemerkt hat und trotzdem nicht tätig wurde. Nach Auffassung des LG Köln hätte sie zumindest ein deutlich erkennbares Warnschild aufstellen müssen. Da sie dies nicht getan hat, haftet sie für den entstandenen Schaden. Das LG Köln gab der Klage statt.

LG Köln, Urteil vom 18.12.2023 – 15 O 169/23

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