Wird eine Schenkung wegen groben Undanks widerrufen, muss die Erklärung des Widerrufs keine Begründung enthalten. Dies stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 11.10.2022 klar (X ZR 42/20).
Muss der Widerruf einer Schenkung begründet werden?
Die Frage, ob die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks eine Begründung enthalten muss, war bislang höchst umstritten. In der obergerichtlichen Rechtsprechung und zum Teil auch in der Literatur ging man von einer Begründungspflicht aus.
Als Grund wurde angeführt, dass der Beschenkte die Möglichkeit haben muss, den Widerrufsgrund und die Widerrufsfrist prüfen zu können. Schließlich hat der Widerruf einer Schenkung insbesondere bei Immobilien erhebliche Folgen. Die Rechtsprechung berief sich dabei auf ein früheres Urteil des BGH und wähnte sich somit auf der sicheren Seite.
Rechtsprechung des BGH
Dieser Rechtsprechung erteilte der BGH nun eine Abfuhr. Der BGH weist darauf hin, dass er in seiner früheren Entscheidung offen gelassen hat, ob es einer konkreten Begründung des Widerrufs in der Widerrufserklärung bedarf. Denn der Widerruf scheiterte bereits an anderen Anforderungen, so dass es auf die Frage der Begründung nicht mehr ankam.
Begründung in der Widerrufserklärung nicht erforderlich!
Nun stellte der BGH jedoch klar: Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks muss keine Begründung enthalten!
Der BGH verweist auf den Wortlaut des § 530 BGB (Widerruf der Schenkung). Hiernach kann eine Schenkung wegen einer schweren Verfehlung widerrufen werden. Diese Norm sieht jedoch keine Begründungspflicht vor, so der BGH.
Beschenkte ist auch ohne Begründung hinreichend geschützt
Der Beschenkte ist im übrigen hinreichend geschützt, denn der Schenker kann das Geschenkte nur dann zurückverlangen, wenn er die schwere Verfehlung des Beschenkten vor Gericht beweisen kann. Es besteht keine Notwendigkeit, den Schutz des Beschenkten durch das Erfordernis einer Begründung auszuweiten, so der BGH.
In dem Rechtsstreit ging es um den Widerruf von Schenkungen von insgesamt 15 Immobilien im Raum Frankfurt am Main. Die mittlerweile verstorbene Erblasserin hatte 15 Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre drei Kinder per Schenkung übertragen.
Dann kam es zum Streit mit einem der Kinder, dem Sohn. Dieser hatte gegen den Willen der damals noch lebenden Erblasserin Löschungsbewilligungen ihrer Nießbrauchsrechte beim Amtsgericht eingereicht. Es kam zur gerichtlichen Auseinandersetzung. Die Erblasserin widerrief die Schenkungen gegenüber ihrem Sohn.
Das OLG Frankfurt am Main ging davon aus, dass der Widerruf der Schenkungen mangels Begründung unwirksam war.
BGH verweist Rechtsstreit zurück an das OLG
Der BGH hob dieses Urteil nun auf, da der Widerruf der Schenkungen nicht begründet werden musste. Er verweist den Rechtsstreit zurück an das OLG Frankfurt am Main. Dort muss nun neu verhandelt und entschieden werden, ob der Widerruf der Schenkungen rechtmäßig war oder nicht. Auf die fehlende Begründung des Widerrufs darf sich das Gericht jedoch nicht mehr berufen. Denn diese ist nach dem Urteil des BGH für die Wirksamkeit des Widerrufs nicht erforderlich.
Damit dürfte die Diskussion zwischen Rechtsprechung und Literatur zum Erfordernis der Begründung eines Schenkungswiderrufs erledigt sein. Der BGH hat mit seinem Urteil endlich Klarheit geschaffen.
BGH, Urteil vom 11.10.2022– X ZR 42/20