Neue Grundsteuer ab 01.01.2025 – Einspruch gegen Grundsteuerbescheid – fristgerechte Einlegung zur Wahrung der Rechte (GrStRefG)

Wer die Einspruchsfrist gegen den Bescheid für die neue ab 01.01.2025 fällige Grundsteuer versäumt, verliert seine Rechte. Das gilt auch dann, wenn die Grundsteuerreform im Nachhinein als verfassungswidrig aufgehoben werden sollte. Denn bestandskräftige Bescheide bleiben grundsätzlich auch dann gültig und wirksam, wenn das Bundesverfassungsgericht die Reform nachträglich kassiert. Deswegen ist es wichtig, innerhalb der Frist gegen den Grundsteuerbescheid Widerspruch einzulegen. Hier gibt es ein Muster für den Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid.

Einspruch oder Widerspruch gegen Grundsteuer

Tückisch bei der Grundsteuerreform ist, dass die neue Steuer in zwei Schritten bemessen wird. Zuerst erfolgt die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Bemessungsgrundlage ist der Grundsteuermessbetrag. Der Grundsteuermessbetrag sagt aber noch nichts über die Höhe der Grundsteuer aus, denn diese errechnet sich anhand des Hebesatzes, den die jeweilige Gemeinde erst später und danach jährlich neu festsetzen kann. Das heißt, dass man anhand des Grundsteuermessbetrags die Höhe der ab 01.01.2025 zu zahlenden Grundsteuer noch nicht absehen kann. 

Allerdings sind Grundstückseigentümer an die festgesetzte Bemessungsgrundlage gebunden, wenn die einmonatige Einspruchsfrist abgelaufen ist. Eine Überprüfung der Bemessungsgrundlage erfolgt regulär erst nach sieben Jahren. Wenn sich nach Festsetzung der neuen Grundsteuer herausstellt, dass die Reform rechtswidrig war, wirkt sich dies nur auf diejenigen Grundstückseigentümer aus, deren Bescheide nicht unanfechtbar sind. Das sind diejenigen, die fristgerecht Einspruch erhoben haben. 

Im Steuerrecht gibt es im Vergleich zum Verwaltungsrecht einige Besonderheiten, die aus den anwendbaren Vorschriften resultieren. So bezeichnet man den Rechtsbehelf gegen Bescheid nicht als Widerspruch, sondern als Einspruch (§ 347 AO). Dieser muss innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zugang eingelegt sein, anderenfalls erwächst der Bescheid in Bestandskraft und kann, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mehr angegriffen werden. 

Verfassungsrechtliche Bedenken

Das Ziel der Grundsteuerreform besteht darin, eine gerechtere Verteilung der Lasten zu bewirken. Denn die bisherige Grundsteuer orientierte sich an völlig veralteten Werten. So legte man bisher Grundstückswerte aus dem Jahr 1964 zugrunde und im Beitrittsgebiet, d.h. in den „neuen“ Bundesländern, sogar aus 1935. Seither hat sich aber Einiges verändert. Das Bundesverfassungsgericht hat diese unterschiedliche Behandlung beanstandet und den Gesetzgeber zur Reform aufgefordert und hierfür eine Frist gesetzt: ab 01.01.2025 ist die Grundsteuer anhand eines gerechteren Systems zu erheben (BVerfG – 1 BvL 11/14). 

Reform mit heißer Nadel

Fest steht, dass sich in Zukunft Gerichte mit der Reform befassen und mit großer Wahrscheinlichkeit Mängel finden. Bei der Steuerbemessung sind in gewissem Ausmaß Pauschalierungen erlaubt. Man darf keine Einzelfallgerechtigkeit erwarten. Andererseits dürfen individuelle Besonderheiten nicht völlig aus dem Blick geraten. 

Kritik begegnet unter anderem, dass es sich um ein Standardverfahren handelt, bei dem individuelle Besonderheiten außer Betracht bleiben. Es ist nämlich nicht vorgesehen, dass Grundstückseigentümer einen abweichenden Wert ihrer Immobilie per Sachverständigengutachten nachweisen können. Außerdem beruht der Grundsteuermessbetrag auf einer Schätzung der Bodenrichtwerte, bei der die Einhaltung der rechtsstaatlichen Transparenzanforderungen zu kritisieren ist. 

Zuständig sind Gutachterausschüsse, deren Mitglieder nicht gewählt, sondern von der Verwaltung bestimmt werden. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen der Entscheidungen kann man eine hinreichende Legitimation dieses Gremiums bezweifeln. Bedenken begegnet außerdem, dass die Gutachterausschüsse ihre Sitzungen nichtöffentlich durchführen. Darin ist ein Transparenzdefizit zu sehen, denn es ist nicht nachvollziehbar, wie Entscheidungen zustande kommen. Wenn man einmal vergegenwärtigt, dass in Deutschland Gemeinderatssitzungen und Verhandlungen am Amtsgericht im Sinne der Transparenz regelmäßig öffentlich stattzufinden haben, ist nicht nachzuvollziehen, warum Gutachterausschüsse, die mindestens genauso wichtige Entscheidungen treffen, ihre Arbeit hinter verschlossenen Türen verrichten. Die Legitimations- und Transparenzdefizite betreffen auch die Festlegung der Gebiete, die einheitliche Bodenrichtwerte ausweisen, die Bodenrichtwertzonen. Bodenrichtwerte basieren ihrerseits auf Auswertungen von Kaufverträgen. Es gibt aber Gegenden, in denen nicht genügend Verkäufe stattfinden, um ein repräsentatives Bild zu erhalten. 

Balkon als Wohnfläche mit Faktor 1/4 oder 1/2?

Hinzu kommen landesrechtliche Besonderheiten. Soweit die Wohnfläche Einfluss auf die Steuerhöhe hat, bedarf es einheitlicher Maßstäbe für die Bemessung. Damit ist nicht vereinbar, wenn Spielräume bestehen, bei denen nicht klar ist, wie sie auszufüllen sind. So können Grundstückseigentümer in Mecklenburg-Vorpommern wählen, ob Balkonflächen zur Hälfte oder mit dem Faktor 0,25 zur Wohnfläche zählen. 

„Zur Wohnfläche gehören auch die Grundflächen von … Balkonen, … in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte.“

Mecklenburg-Vorpommern, Anleitung zur Anlage Grundstück zur Erklärung zur Feststellung des Grundstückswerts – Vordruck GW-2, S. 3

In M-V ist unklar, anhand welcher Kriterien Grundstückseigentümer anzugeben haben, ob sie Balkone mit dem Faktor 0,5 oder mit dem Faktor 0,25 zur Wohnfläche zählen. Wer den geringeren Wert angibt, zahlt weniger Steuern – spiegelbildlich zahlen die Anderen mehr. Mit dem im Steuerrecht geltenden Bestimmtheitsanforderungen dürfte das nicht zu vereinbaren sein. 

Zeitpunkt der Kernsanierung

In einigen Bundesländern – z.B. in Niedersachsen – ist außerdem relevant, wann bei einem Haus eine Kernsanierung stattgefunden hat. Durch eine Kernsanierung verlängert sich rechnerisch die Restnutzungsdauer des Hauses. Mit verlängerter Restnutzungsdauer erhöht sich der Wert und damit auch die Grundsteuer. Was sich auf den ersten Blick gerecht anhört, hat aber rechtliche Tücken. Denn für die Grundsteuer ist nicht zweifelfrei bestimmt, was überhaupt unter einer Kernsanierung zu verstehen ist. Vielmehr sind die Angaben zu den Anforderungen einer Kernsanierung schwammig und lassen Spielraum für Interpretationen. Auch hier gilt, dass diejenigen, bei denen eine Kernsanierung vorliegt, mehr zahlen müssen. 

Unklare Bemessungsfaktoren sind ein gefundenes Fressen für Kritiker, denn zweifelhafte Faktoren dürfen für die Festlegungen nicht herangezogen werden. 

Aufgabe der Gerichte ist es zu prüfen, ob die sich die Pauschalierungen noch im akzeptablen Rahmen halten und ob die Ermittlung der für die Steuerbemessung relevanten Umstände auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht, was Anforderungen an die Legitimation der Gutachterausschüsse und die Transparenz ihrer Entscheidungen einschließt. 

Risiken des Einspruchs gegen den Grundsteuerbescheid

Das Finanzamt berechnet für das Einspruchsverfahren keine Gebühren. Das gilt unabhängig vom Ausgang, d.h. auch im Falle einer Zurückweisung des Einspruchs. Zu berücksichtigen ist aber, dass das Finanzamt die Sache aufgrund des Einspruchs neu prüft und dass die Prüfung zu einem für den Einspruchsführer ungünstigeren Ergebnis gelangen kann. Der Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid kann daher dazu führen, dass man mehr zahlen muss. Die Verböserung im Vorverfahren, auch reformatio in peius genannt, birgt aber kaum relevante Risiken. Denn schlimmstenfalls droht den Einspruchsführern, gesetzeskonform behandelt zu werden. Dem steht die realistische Chance gegenüber, anstelle der neuen Grundsteuer nach der alten Bemessung zahlen zu dürfen, wenn sich die Reform als rechtswidrig erweist. 

Wenn sich Einspruchsführer fachkundig vertreten lassen, z. B. durch Steuerberater oder Anwälte, fallen deren Kosten separat an. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten. Wer mit seinem Einspruch erfolgreich ist, kann daher keine Anwalts- oder Steuerberaterkosten ersetzt verlangen. 

Anforderungen an den Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid

Beim Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid besteht kein Vertretungszwang. Das heißt, dass man sich dafür weder durch Steuerberater noch durch Rechtsanwälte vertreten lassen muss, sondern den Einspruch selbst einlegen kann. Ratsam ist es, sich an der Rechtsbehelfsbelehrung zu orientieren. Wichtig ist die Einhaltung der Monatsfrist, die ab dem Zugang des Bescheids läuft. Es macht deshalb Sinn, sich den Tag des Zugangs auf dem Bescheid zu notieren. Wenn man den Zeitpunkt des Zugangs nicht weiß, sollte man das Datum des Bescheids zugrunde legen. 

Der Einspruch muss erkennen lassen, wogegen er sich richtet. Das erfordert zumindest die Bezeichnung des Bescheides mit Merkmalen, die eine eindeutige Identifizierung ermöglichen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, fügt den Bescheid in Kopie bei. 

Wichtig ist, den Umfang der Beanstandung zu bezeichnen. Wenn keine Einschränkungen vorgenommen werden, gilt der Einspruch insgesamt, d.h. der Bescheid ist dann durch das Finanzamt vollen Umfangs zu prüfen. 

Bezeichnung & Begründung des Einspruchs gegen den Grundsteuerbescheid

Wichtig ist, dass der Einspruch erkennen lässt, dass man sich gegen den Bescheid wendet. Die Verwendung des Wortes „Einspruch“ ist nicht notwendig. Ein „Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid“ wäre durch das Finanzamt als Einspruch zu behandeln. Die Falschbezeichnung schadet nicht. Das Gesetz sieht vor, dass der Einspruch begründet werden soll. Eine Zulässigkeitsvoraussetzung ist das aber nicht. Als Begründung würde die banale Behauptung ausreichen, dass man den Bescheid für rechtswidrig hält oder dass man verfassungsrechtliche Bedenken hat. Inhaltliche Fehler sollten in der Begründung anführt werden. Dazu zählen Falschbezeichnungen und unrichtige Flächenangaben.

Wer es sich mit der Begründung allzu leicht macht, läuft allerdings Gefahr, dass der Einspruch mit derselben Leichtigkeit zurückgewiesen wird. Beim Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid ist dieses Risiko aber gering, da den Finanzämtern voraussichtlich zahlreiche Einsprüche vorliegen, die alle nach demselben Muster zu behandeln sind. 

Ruhen des Verfahrens

Sowohl für Einspruchsführer als auch für Finanzämter macht es Sinn, mit der Entscheidung über den Einspruch solange zu warten, bis grundlegende Fragen durch die Gerichte geklärt sind. Für diesen Zweck sieht das Gesetz die Möglichkeit der Ruhendstellung des Verfahrens vor. Da der Einspruchsführer grundsätzlich einen Anspruch auf eine Entscheidung hat, ist die Ruhendstellung des Verfahrens nur mit Einverständnis des Einspruchsführers zulässig. In Verfahren, bei denen die gerichtliche Klärung grundlegender Rechtsfragen sicher absehbar ist, macht es Sinn, das Einverständnis mit der Ruhendstellung sogleich mit dem Einspruch zu erklären.

Landesrechtliche Besonderheiten bei der Begründung

In den Bundesländern weichen die Bewertungsmethoden voneinander ab. So berücksichtigen nicht alle Bundesländer das Datum einer Kernsanierung. Diese Länder umgehen damit die heikle Frage, was überhaupt unter einer Kernsanierung zu verstehen ist. Allerdings entfernen sie sich ein Stückweit von dem Ziel, die Höhe der neuen Grundsteuer an die Werthaftigkeit der Immobilie zu knüpfen, was aus rechtlicher Sicht ebenfalls zu kritisieren ist.

Einen Sonderweg beschreitet das Land Baden-Württemberg, wo es nur auf den Grundstückswert ankommt und der Wert der Baulichkeiten keine Rolle spielt. Dass bei einer solchen pauschalen Behandlung Verstöße gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG drohen, scheint ausgemacht. Für die Einlegung eines Einspruchs braucht man auf diese landesrechtlichen Besonderheiten nicht eingehen. Beim Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid ist die Nachprüfung umfassend vorzunehmen. Eine Beschränkung auf die vorgebrachte Begründung gibt es nicht. 

Muster Einspruch gegen Grundsteuerbescheid

Ein kostenloses Muster für einen Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid gibt es unten. Das Muster ist anzupassen und zu ergänzen. Sofern es keine konkreten Beanstandungen im Bescheid gibt, z.B. fehlerhafte Bodenrichtwerte oder Angaben, kann der gelbe Passus einfach gelöscht werden.

Kostenloses Muster Einspruch gegen Grundsteuerbescheid

BVerfG, Urteil vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14
Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG, BGBl. I vom 02.12.2019 – Seite 1794

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