Risikoschwangerschaft – Schmerzensgeld wegen falscher Behandlung (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.02.2025– 8 U 8/21)

Bei einer Hochrisikoschwangerschaft darf die Schwangere nur in einer Klinik mit Neugeborenen- Intensivstation behandelt werden. Die stationäre Behandlung der Schwangeren in einer Klinik ohne eine solche Station ist grob falsch. In diesem Fall liegt ein ärztlicher Behandlungsfehler vor. Kommt es beim Neugeborenen zu gesundheitlichen Schäden, steht dem Kind Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG Frankfurt a.M.) am 18.02.2025.

Hochrisikoschwangerschaft der Mutter

Der Kläger kam mit schwersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Welt. Die Mutter des Klägers war während der Schwangerschaft 37 Jahre alt. Sie war mit eineiigen Zwillingen schwanger. Die Schwangerschaft war eine sogenannte Hochrisikoschwangerschaft.

Behandlung in Klinik ohne Neugeborenenstation

Während der Schwangerschaft wurde die Mutter stationär in der Klinik der Beklagten behandelt. Diese Klinik verfügte nicht über eine Neugeborenenstation. Während des Aufenthalts in der Klinik verstarb einer der beiden Feten. Kurz darauf wurde der Kläger mit schwersten gesundheitlichen Schäden per Notkaiserschnitt entbunden. Der Gesundheitszustand des Klägers ist heute noch äußerst schlecht und auf schwere Gehirnschäden zurückzuführen. Der Kläger ist blind, leidet unter einer ausgeprägten Entwicklungsstörung und einer starken Hörschwäche. Außerdem sind die Kontrolle der Blase und die Schluckfähigkeit gestört.

Klage gegen Klinik

Der Kläger erhob gegen die Klinik Klage auf Schmerzensgeld. Das Landgericht Frankfurt a.M. sprach dem Kläger im Jahr 2021 ein Schmerzensgeld in Höhe von 720.000,- € zu. Die Klinik legte Berufung ein. Das OLG Frankfurt a.M. wies die Berufung nun zurück und bestätigte das erstinstanzliche Urteil.

720.000,- € Schmerzensgeld

Dem Kläger steht in Anbetracht seines Gesundheitszustands ein Schmerzensgeld in Höhe von 720.000,- € zu. Das OLG Frankfurt a.M. ging davon aus, dass das medizinische Gesamtkonzept der Klinik offensichtlich fehlerhaft war. Es beruft sich dabei auf ein Sachverständigengutachten aus der ersten Instanz. Dieses belegt, dass die schwangere Frau als Hochrisikopatientin ausschließlich in einer Klinik hätte behandelt werden dürfen, die auch über eine neonatologische Intensivstation verfügt.

Wegen des hohen Risikos von Komplikationen hätte eine angemessene Behandlung durch neonatologische Fachärzte mit einer entsprechenden technischen Ausstattung gewährleistet sein müssen. Dies war in der Klinik der Beklagten nicht möglich und ist somit auch nicht erfolgt, so der Sachverständige.

Die Hirnschäden des Klägers waren nach dem Urteil des Gerichts auf die Fehlbehandlung durch die Beklagten zurückzuführen. Die ärztlichen Behandlungsfehler führen zu einem Schmerzensgeldanspruch des Klägers. Wegen der immensen gesundheitlichen Auswirkungen ist die Schmerzensgeldhöhe von 720.000,- €, wie in erster Instanz entschieden, nicht zu beanstanden, so das OLG Frankfurt a.M.

Ob der Rechtsstreit noch beim Bundesgerichtshof landet, ist nicht bekannt. Die Revision beim Bundesgerichtshof ist zwar nicht zugelassen worden, hiergegen kann die Beklagte jedoch Beschwerde einlegen. In Anbetracht der Bedeutung der Sache und der Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes ist die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht unwahrscheinlich.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.02.2025– 8 U 8/21

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