Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt, ist nicht immer glücklich mit seinen Nachbarn. Insbesondere wenn es um Lärm- oder Geruchsbelästigungen durch andere Hausbewohner geht, liegen die Nerven oft blank. Was muss ein Mieter aushalten? Wann darf ein Mieter sich zur Wehr setzen und zum Beispiel die Miete mindern? Diese Fragen sind Dauerbrenner. Wegen der unterschiedlichen Umstände jedes Einzelfalls gibt es eine Vielzahl von Urteilen, oft über mehrere Instanzen.
Zigarettengeruch durch andere Mieter
Ein heikles Thema ist die Geruchsbelästigung durch Zigarettenrauch. Hiermit hatte sich das Amtsgericht Bremen (AG Bremen) in einem aktuellen Fall zu beschäftigen.
Mieter war Kettenraucher
Der Kläger wohnt seit 2020 in dem Mehrfamilienhaus des Beklagten. Ungefähr ein Jahr nach Einzug bezog ein Kettenraucher mit seiner Mutter die Wohnung unter dem Kläger. Der Kettenraucher rauchte vom Aufstehen bis zum Schlafengehen, eine Zigarette nach der anderen.
Damit es in der eigenen Wohnung nicht so stark nach Rauch riecht, wurde in der Raucherwohnung ordentlich gelüftet. Jedes Mal aber wenn die Fenster oder Balkontür zum Lüften geöffnet wurde, litt der Kläger mächtig. Der ohnehin schon unter Allergien leidende Kläger reagierte auf den Zigarettenrauch mit Husten, Niesen, Atembeschwerden und Kopfschmerzen. Der Zigarettenrauch zog durch seine ganze Wohnung. Selbst die Kleidung des Klägers roch nach Rauch, so die ehemalige Lebensgefährtin des Klägers.
Zigarettengeruch sobald das Fenster geöffnet war
Der Kläger versuchte mit dem unter ihm wohnenden Raucher eine Lösung zu finden, leider ohne Erfolg. Der Beklagte (Vermieter) war auch bemüht, eine Lösung zu finden. Er ließ die Fenster des Klägers von einem Tischler abdichten. Zumindest bei geschlossenem Fenster drang von nun an kein Zigarettenrauch mehr durch. Da aber auch der Kläger mal lüften wollte/musste, öffnete er hin und wieder ein Fenster seiner Wohnung. Sofort drang wieder Zigarettenrauch ein. Die Wirkung des Abdichtens war dahin.
Mieter verlangt Abstellen des Zigarettengeruchs und Mietminderung
Dem Kläger reichte es nun. Er forderte den Beklagten als Vermieter auf, die durchgehende Belästigung durch den Zigarettenrauch abzustellen. Darüber hinaus verlangte der Kläger die gerichtliche Feststellung, dass er bis zur endgültigen Abstellung der Geruchsbelästigung die Miete um 30% mindern darf.
Der Beklagte lehnte ab, so dass der Fall nun beim AG Bremen landete.
Wohnung mit Zigarettengeruch ist mangelhaft
Das AG Bremen stellte fest, dass die Wohnung des Klägers wegen des starken Zigarettengeruchs mit einem Mangel behaftet ist. Mehrere Zeugen bestätigten den starken Zigarettengeruch in der Wohnung des Klägers, sobald ein Fenster geöffnet wurde. Einen Sachverständigen beauftragte das Gericht nicht. Denn es ging hier nicht um die Überschreitung von Grenzwerten, so das AG Bremen. Der starke Zigarettengeruch ist durch jedermann wahrnehmbar. Mehrere Zeugen bestätigten die starke Geruchsbelästigung. Ein Gutachter ist nicht erforderlich, so das Gericht.
Vermieter muss Mangel beseitigen
Damit ist nach Auffassung des AG Bremen die Wohnung des Klägers mit einem Mangel behaftet. Der Vermieter muss den Mangel beseitigen, so das Gericht. Wie er das tut, das ließ das Gericht ausdrücklich offen. Denn der Anspruch auf Mängelbeseitigung ist nicht auf eine konkrete Maßnahme gerichtet. Der Vermieter muss sich also etwas einfallen lassen.
Mietminderung in Höhe von 20%
Was die Minderung betrifft, gesteht das AG Bremen dem Kläger bis zur Mängelbeseitigung nur eine Quote von 20% zu. Eine Minderung war grundsätzlich gerechtfertigt, da zumindest auch eine Gesundheitsgefährdung vorlag. Allerdings musste man nach Auffassung des Gerichts auch berücksichtigen, dass man in einem Mehrfamilienhaus und in Großstädten dauerhaft belastenden Gerüchen ausgesetzt sein kann. Dies bringt das allgemeine Lebensrisiko mit sich, so das AG Bremen.
Der Kläger kann die Miete daher bis zur Mängelbeseitigung um 20% mindern. Wie der Beklagte den Zigarettengeruch in der Wohnung abstellen möchte bzw. abgestellt hat, ist nicht bekannt.
AG Bremen, Urteil vom 17.05.2024– 17 C 332/22