417 km/h Bugatti auf der Autobahn als strafbares Solo-Rennen

Ein Youtube-Video eines mit 417 km/h über die Autobahn A2 rasenden Bugatti Chiron sorgte für die gewünschte Aufmerksamkeit. Die Spritztour des tschechischen Milliardärs könnte strafrechtliche Folgen haben.

Kein Tempolimit aber Rennverbot

Auf deutschen Autobahnen gilt normalerweise kein Tempolimit. Dass der Milliardär mit mehr als 400 km/h unterwegs war, ist deshalb an sich kein Problem. Seit 2017 existiert aber der Straftatbestand des § 315d StGB, der verbotene Kraftfahrzeugrennen unter Strafe stellt.

Schnellfahren als Kraftfahrzeugrennen?

Mit zwei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im Straßenverkehr ein nicht erlaubtes Rennen ausrichtet, durchführt oder an einem solchen teilnimmt (§ 315 Absatz 1 Nummer 1, 2 StGB). Kraftfahrzeugrennen sind Wettbewerbe oder Teile eines Wettbewerbes zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit mindestens zwei teilnehmen Kraftfahrzeugen (BT-Drs. 18/12964, S. 5). Eine Verletzung von Verkehrsregeln oder Geschwindigkeitsüberschreitungen sind für ein Rennen nicht erforderlich.

Ein Fall für die Staatsanwaltschaft ist die Tour nur dann, wenn sich ein Wettbewerb nachweisen lässt. Das heißt es muss wenigstens ein weiteres Fahrzeug beteiligt gewesen sein. Und die beiden müssen zumindest teilweise um die schnellste Geschwindigkeit konkurriert haben.  

Liefert der Milliardär selbst Beweise?

Im Video ist ein gelber Porsche Cabrio zu sehen (siehe oben Screenshot, Minute 2:35), der am Ende, als die Protagonisten ihre „Andacht“ halten, rechts im Hintergrund steht (siehe unten, Screenshot). Wenn es sich um dasselbe Fahrzeug handelt, könnte die Polizei beim weiteren Beteiligten schon einmal eine Haken setzen. Es könnte sich um das für die Bejahung eines strafbaren Rennens erforderliche weitere Fahrzeug handeln.

Es liegt nahe, dass der gelbe Porsche nicht zufällig auf der Autobahn gefahren ist. Insoweit könnte auch die erforderliche Übereinkunft zur Durchführung eines Rennens vorliegen. Dafür bedarf es weder einer konkreten Verabredung noch eines gemeinsamen Starts. Ausreichend ist, wenn die Beteiligten eine Übereinkunft erzielen, sei es durch Blickkontakt oder durch Beschleunigen und Bremsen.

Kein Wettbewerb ohne Geschwindigkeitsbezug

Das Video lässt allerdings einen für das strafbare Kraftfahrzeugrennen erforderlichen Wettbewerb nicht erkennen. Dafür hätte der Porschefahrer zumindest einmal versuchen müssen, mit dem Bugatti mitzuhalten.

Wenn der gelbe Porsche mit gleichbleibender Geschwindigkeit auf der rechten Spur gefahren ist, lässt sich ein Wettbewerb nicht erkennen. Das gilt selbst dann, wenn die beiden sich verabredet haben.

Solo-Rennen – grob verkehrswidrig und rücksichtslos?

Damit bleibt eine Strafbarkeit nach § 315d Absatz 1 Nummer 3 StGB zu prüfen. Diese würde voraussetzen, dass sich der Fahrer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.  

Spur halten und Rechtsfahrgebot

Im Video ist deutlich zu erkennen, dass der Bugatti auf der dreispurigen Fahrbahn über weite Strecken nicht den rechten Fahrstreifen benutzt und zeitweise auf zwei Fahrspuren gleichzeitig gefahren ist.

Nach § 2 Absatz 2 StVO gilt das Rechtsfahrgebot. Es ist möglichst weit rechts zu fahren. Das gilt gerade auch auf Autobahnen und unabhängig von der Geschwindigkeit, d. h. auch bei 400 km/h. Dass der Bugatti nicht rechts, sondern teilweise auf zwei Fahrspuren gleichzeitig gefahren ist, kann durchaus grob verkehrswidrig sein.

Hinzu kommen muss eine nicht angepasste Geschwindigkeit. Die Anforderungen an die angepasste Geschwindigkeit richten sich nach den Straßen-, Sicht- und Witterungsverhältnissen, am Verkehrsaufkommen und Lichtverhältnissen. Ob die zulässige Geschwindigkeit eingehalten ist, hat nur indizielle Bedeutung. Entscheidend ist, ob das Fahrzeug zu jeder Zeit sicher beherrschbar ist. Das ist hier wohl zu bezweifeln. Bei einer Geschwindigkeit von 417 km/h ist ein Bremsmanöver oder ein Spurwechsel bei einem ausscherenden, langsam vorausfahrenden oder liegen gebliebenen Fahrzeug möglicherweise nicht sicher durchführbar. Hierfür wird die Polizei sicherlich ein Sachverständigengutachten einholen.

Rücksichtslos – Eigensucht als Motiv

Neben der Verkehrswidrigkeit muss das Verhalten des Fahrzeugführers „rücksichtslos“ gewesen sein. Damit zielt der Gesetzgeber auf Verkehrsrowdys und Drängler. Da der Tatbestand bereits auf die Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit und auf einen groben Verkehrsverstoß abstellt, können das schnelle Fahren und der Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nicht zugleich die Rücksichtigslosigkeit des Verhaltens belegen.

Die Rechtsprechung stellt für das Merkmal der Rücksichtslosigkeit auf die Gesinnung und die Motive des Fahrers ab. Wenn das Geschehen eine üble Verkehrsgesinnung, Leichtsinn, Eigensucht oder Gleichgültigkeit erkennen lässt, kann das für ein rücksichtsloses Verhalten sprechen. Regelmäßig zu bejahen ist die Rücksichtslosigkeit dann, wenn andere Verkehrsteilnehmer vorsätzlich gefährdet werden. Dass der Fahrer das Video hier sensationsaffin aufbereitet und dann auf Youtube bereitgestellt hat, kann durchaus für eine üble Verkehrsgesinnung und Eigensucht sprechen.  

Zu guter Letzt müssen der grobe Verkehrsverstoß und die Rücksichtslosigkeit begangen worden sein, um eine größtmögliche Geschwindigkeit zu erziehen. Das dürfte hier unschwer zu bejahen sein. Denn der Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot und die gleichzeitige Benutzung mehrerer Spuren diente ja gerade der Erzielung der hohen Geschwindigkeit.

Ob der Milliardär am Ende mit einer Verurteilung rechnen muss, ist nicht ganz klar. Letztlich dürfte die Strafbarkeit hier davon abhängen, ob man das Verhalten als rücksichtslos ansieht oder nicht.

Einziehung des Fahrzeugs

Wenn ein strafbares Rennen vorliegt, droht neben der Bestrafung die Einziehung des Fahrzeugs. Geregelt ist diese drakonische Folge in § 315f StGB. Zweck dieses im Jahr 2017 eingeführten Paragraphen ist die Abschreckung. Der Gedanke dahinter ist, dass Mitglieder der Raser- und Rowdy-Szene besonders an ihren Gefährten hängen und mit der Drohung, es ihnen dieses wegzunehmen, besser zu erreichen sind als mit Geld- oder Bewährungsstrafen.

§ 315 Absatz 1, § 315f StGB

Bundestag-Drucksache 18/12964, S. 5

Quelle der Lichtbilder: Screenshots aus Video, Radim Passer – YouTube Video “Bugatti Chiron on Autobahn – 417 KPH (GPS) On-Board CAM POV GoPro”, abgerufen am 24.01.2022, 14:00 Uhr

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