Gebühr vor Einzug in Pflegeheim unwirksam (BGH, Urt. v. 15.07.2021 – III ZR 225/20)

Gebühren für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug in ein Pflegeheim sind unwirksam. Das gilt sowohl bei gesetzlich Versicherten als auch bei Privatversicherten. Das stellt der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem aktuellen Urteil vom 15.07.2021 klar (III ZR 225/20).

Platzgebühr/ Freihaltungsgebühr

Die Vereinbarung von sogenannten Platz-/Reservierungs- oder Freihaltungsgebühren bis zum tatsächlichen Einzug in ein Pflegeheim ist keine Seltenheit. Bei einer solchen Klausel werden dem zukünftigen Heimbewohner Gebühren für die Freihaltung seines Heimplatzes bis zum Einzug berechnet.

Vereinbarung mit einem Privatversicherten

In dem nun vom BGH entschiedenen Fall ging es ebenfalls um die Vereinbarung einer solchen Gebühr, hier gegenüber einer Privatversicherten. Eine ältere Dame wohnte zunächst in einem anderen Pflegeheim und wollte in das Pflegeheim der Beklagten umziehen. Ihr Sohn kümmerte sich um den Wechsel und schloss mit der Beklagten einen entsprechenden Vertrag.

Gebühr für die Zeit vor dem Einzug

Der Vertrag sollte mit Wirkung vom 15. Februar 2016 gelten. Der tatsächliche Einzug erfolgte allerdings erst am 29. Februar 2016. Laut Pflegevertrag war für die Zeit bis zum Einzug eine Platzgebühr von 75% der Entgelte vorgesehen.

Die Beklagte stellte der älteren Dame daraufhin die Platzgebühr in Rechnung. Es handelte sich um den stolzen Betrag von 1.127,84 €, den der Sohn für seine Mutter bezahlte.

Rückforderung der gezahlten Gebühr

Zwei Jahre später forderte der Sohn die Beklagte auf, diesen Betrag in voller Höhe zurückzuzahlen. Er berief sich dabei auf die Regelung in § 87a SGB XI, wonach Gebühren und Entgelte erst ab dem Tag des Einzugs in das Pflegeheim berechnet werden dürfen.

Da die Beklagte sich weigerte, das Geld zurückzuzahlen, erhob der Sohn seiner inzwischen verstorbenen Mutter Klage vor dem Amtsgericht. Das Amtsgericht gab dem Sohn Recht und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung des vollen Betrages. Auf die Berufung hob das Landgericht das Urteil jedoch auf und sprach dem Sohn lediglich einen Betrag von knapp über 200,- € zu.

Der Sohn verlangte jedoch weiterhin den vollen Betrag und legte Revision beim BGH ein. Und der BGH gab dem Sohn nun Recht!

BGH: Gebühren erst ab Tag des Einzugs

Die gesetzliche Regelung des § 87a SGB XI, wonach Gebühren erst ab dem Tag des Einzugs berechnet werden dürfen, gilt sowohl gegenüber gesetzlich Versicherten, als auch gegenüber Privatversicherten, so der BGH in seinem Urteil.

Der BGH verweist dabei auf die Vorschrift des § 15 Absatz 1 Satz 1 WBVG, wonach in Verträgen mit Verbrauchern, die Leistungen nach dem SGB XI in Anspruch nehmen, die Vorschriften des Siebten und Achten Kapitels des SGB XI eingehalten werden müssen. Hierzu zählt auch die Vorschrift zu den Gebühren der Pflegeheime in § 87a SGB XI.

Egal, ob gesetzlich oder privat versichert

Der Anwendungsbereich des § 15 WBVG umfasst sowohl Verbraucher, die eine gesetzliche Pflegeversicherung in Anspruch nehmen, als auch Privatversicherte. Das stellt der BGH in seinem Urteil klar.

Von § 87a SGB XI abweichende Vereinbarungen sind nach Auffassung des BGH in jedem Fall unwirksam. Das gilt somit auch für die Klausel der Beklagten zur Erhebung der Platzgebühr bis zum Einzug in das Pflegeheim.

Gebühr muss zurückgezahlt werden

Der vom Sohn gezahlte Betrag in Höhe von 1.127,84 € ist nach dem Urteil des BGH in voller Höhe zurückzuzahlen. Allerdings ist der Rechtsstreit vom BGH noch einmal an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Zu klären ist, ob der Sohn tatsächlich klagebefugt ist. Das endgültige Urteil wird nun das Berufungsgericht fällen. An die Entscheidung des BGH, dass der volle Betrag zurückgezahlt werden muss, ist das Berufungsgericht aber in jedem Fall gebunden.

BGH, Urteil vom 15.07.2021 – III ZR 225/20

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