Aufgrund der allgemeinen Schulpflicht in Deutschland ist auch die Teilnahme am schulischen Schwimmunterricht Pflicht. Aus besonderen Gründen, etwa aus gesundheitlichen Gründen, kann die Schule eine Befreiung vom Schwimmunterricht aussprechen. Was aber ist, wenn die Eltern aus religiösen Gründen nicht möchten, dass ihr Kind am Schwimmunterricht teilnimmt. Über solch einen Fall hatte das Verwaltungsgericht Freiburg (VG Freiburg) zu entscheiden.
Tragen von Badekleidung aus religiösen Gründen verboten
Geklagt hatten Eltern aus Baden-Württemberg, die Mitglieder der Palmarianischen Kirche sind. Hierbei handelt es sich um eine besondere Ausprägung einer christlichen Glaubensgemeinschaft mit umfassenden Verhaltensregeln. Die Glaubensregeln dieser Kirche untersagen zum Beispiel den Besuch von Badeanstalten, da wegen des Tragens der Badekleidung gegen die geltenden Kleidervorschriften verstoßen wird. Hiernach darf unter anderem keine enganliegende Kleidung getragen werden. Das Betreten von Schwimmbädern ist wegen der Zuschaustellung des Körpers nach den Verhaltensregeln untersagt. Die Mutter selbst war zu ihren Schulzeiten aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht befreit. Sie war zur damaligen Zeit bereits Mitglied der Glaubensgemeinschaft.
Eltern verlangen Befreiung vom Schwimmunterricht
Nun verlangten die Eltern auch für ihre Kinder die Befreiung vom Schwimmunterricht. Ursprünglich betraf der Antrag drei Kinder. Da zwei von ihnen aktuell keinen Schwimmunterricht auf dem Stundenplan hatten, betraf die Klage nur noch eine Tochter, die die 4. Klasse besuchte.
Schulleiter lehnt Befreiung ab
Der Schulleiter lehnte die Befreiung vom Schwimmunterricht ab. Er verwies darauf, dass eine Befreiung nur aus gesundheitlichen Gründen möglich ist. Darüber hinaus schlug der Schulleiter vor, das Mädchen könne zum Beispiel im Burkini am Schwimmunterricht teilnehmen. Dies würde dann zumindest annährend den Bekleidungsvorschriften der Glaubensgemeinschaft entsprechen. Dies lehnten die Eltern ab. Der Besuch des Schwimmbads sei nach ihren Glaubensvorschriften eine Todsünde. Sie lehnten den Besuch des Schwimmbads strikt ab.
VG Freiburg: Teilnahme am Schwimmunterricht Pflicht!
Das VG Freiburg entschied nun über den Antrag der Eltern und stellte klar, dass die Tochter am Schwimmunterricht teilnehmen muss!
Das Gericht stellte zwar klar, dass in besonders begründeten Ausnahmefällen, nicht nur die Gesundheit betreffend, eine Befreiung vom Schwimmunterricht möglich ist. Allerdings müssen die widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen zuvor gründlich gegeneinander abgewogen werden, so das Gericht. Auf der einen Seite der Abwägung steht die allgemeine Schulpflicht, die sich auch auf den Schwimmunterricht erstreckt. Auf der anderen Seite steht das religiöse Erziehungsrecht der Eltern, in welches hier eingegriffen wurde.
Zwei verfassungsrechtliche Positionen stehen sich gegenüber
Das VG Freiburg wies in seinem Urteil darauf hin, dass beide verfassungsrechtlichen Positionen in ein verhältnismäßiges Gleichgewicht gebracht werden müssen. Hier wären organisatorische Maßnahmen der Schule denkbar, die vom Schulleiter sogar ins Gespräch gebracht wurden. Dieser schlug etwa das Tragen eines Burkinis während des Schwimmunterrichts vor.
Eltern lehnten Kompromisslösungen kategorisch ab
Allerdings lehnten die Eltern kategorisch jegliche Kompromisslösungen ab. Das Mädchen sollte das Schwimmbad überhaupt gar nicht erst betreten. Damit war eine Konfliktlösung aufgrund der Ablehnung durch die Eltern von vornherein ausgeschlossen. Die Schule musste dies aufgrund ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags jedoch nicht hinnehmen, so das Gericht. Denn dieser wäre damit nach Auffassung des Gerichts im Kern gefährdet.
Im Ergebnis stellte das VG Freiburg klar: Die schulische Integration und das gemeinschaftliche Lernen etwa des Schwimmens wiegen schwerer als das religiöse Verbot, ein Schwimmbad zu betreten.
Kind muss am Schwimmunterricht teilnehmen
Die Tochter muss daher am schulischen Schwimmunterricht teilnehmen. Ein Anspruch auf Befreiung besteht nicht, so das VG Freiburg. Das Urteil war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung jedoch nicht rechtskräftig. Ob die Eltern einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt haben, ist nicht bekannt.
VG Freiburg, Urteil vom 15.04.2025 – 2 K 1112/24