Darf ein Mieter die Miete mindern, weil sich ein anderer Mieter oder sogar der Vermieter nackt im Hof sonnt? Diese pikante Frage hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt a.M.) zu klären.
Geklagt hatte der Eigentümer einer Immobilie im schicken Frankfurter Westend. Er selbst bewohnte eine Wohnung in diesem Haus. Neben weiteren Wohnungen in diesem Haus vermietete der Kläger auch eine ganze Etage mit Büros.
“Gerümpel” im Haus, muffiger Geruch und ein nackter Vermieter
Die Mieter der Büroetage waren allerdings nicht so ganz glücklich mit den Zuständen im Haus und störten sich an vielerlei Dingen. Der Hausflur diente als Abstellmöglichkeit für Kinderwagen, Schuhe, Ranzen, Tüten und sonstiges „Gerümpel“. Die Mieter beschwerten sich auch über „muffigen Geruch“ und starken Essensgeruch, besonders zur Mittagszeit. Zudem befanden sich in unmittelbaren Nachbarschaft Baustellen, die zu Lärm und Dreck führten.
Besonders pikant war allerdings die Tatsache, dass sich der Vermieter regelmäßig nackt auf dem Hof auf seiner Sonnenliege sonnte. Er soll sogar mehrfach nackt durch das Treppenhaus zum Hof geschlendert sein, was der Vermieter allerdings bestritt.
Mietminderung und Klage auf Zahlung der vollständigen Miete
Wegen dieser Beanstandungen minderten die Mieter der Büroetage die Miete. Der Vermieter war damit jedoch überhaupt nicht einverstanden und erhob Klage auf Zahlung der vollständigen Miete.
Das Landgericht führte eine umfangreiche Beweisaufnahme incl. Ortstermin durch. Im Ergebnis gab es der Klage überwiegend statt. Die Mieter legten Berufung beim OLG Frankfurt a.M. ein, allerdings nur mit geringfügigem Erfolg.
Das OLG entschied: Lediglich im Hinblick auf die umliegenden Baustellen war eine Mietminderung gerechtfertigt.
Mietminderung wegen “Gerümpel”, Geruch und nacktem Vermieter unzulässig
Im Übrigen stellten die beschriebenen Zustände keine Mängel der Mietsache dar, so das OLG. Sowohl das „Gerümpel“ im Hausflur als auch der nackte Vermieter im Hof sind nach Auffassung des OLG hinzunehmen. Gleiches gilt für den Essensgeruch.
Die im Hausflur abgestellten Sachen führten nicht zu einer massiven über das sozialadäquate Maß hinausgehenden Beeinträchtigung, so das Gericht. Immerhin handelte es sich um ein gemischt, insbesondere auch zu Wohnzwecken, genutztes Haus.
Und was den nackten Vermieter betrifft: Der darf sich im Hof sonnen, zumindest wenn es sich nicht um eine „grob ungehörige Handlung“ im Sinne des § 118 OWiG handelt und sich das Nacktsonnen nicht gezielt sittenwidrig gegen andere richtet. So geht es aus dem Urteil des OLG hervor. Hier war zu berücksichtigen, dass der nackte Vermieter auf seiner Sonnenliege von der Büroetage aus nur dann zu sehen war, wenn man sich weit aus dem Fenster beugte.
Dass der Vermieter auch nackt durch das Treppenhaus lief, konnten die Mieter nicht nachweisen. Nach Aussagen des Vermieters war dieser zumindest mit einem Bademantel bekleidet.
Nach der Entscheidung des OLG konnte die Mieter daher nur wegen der Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Baustelle gemindert werden. Alle anderen „Beeinträchtigungen“ waren hinzunehmen, so das OLG.
Bei diesem Rechtsstreit war zu berücksichtigen, dass es sich um eine gemischt genutzte Immobilie handelte. Dies war den Mietern der Büroetage bewusst. Somit haben die Mieter „Beeinträchtigungen“, die mit der Nutzung von Wohnräumen einhergehen, hinzunehmen, zumindest solange sie nicht über das sozialadäquate Maß hinausgehen. Anders wäre der Fall sicherlich zu beurteilen, wenn es sich um eine Immobilie handelt, die lediglich zu Gewerbezwecken genutzt wird.
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.04.2023 – 2 U 43/22