Wasserschaden – Kein Mitverschulden des Versicherungsnehmers (OLG Celle, Urt. v. 07.04.2021 – 14 U 135/20)

Der Mieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vor längerer Abwesenheit den Hauptwasserhahn abzudrehen. Kommt es zu einem Wasserrohrbruch, trifft den Mieter in der Regel kein Mitverschulden. So geht es aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle (OLG Celle) vom 07.04.2021 hervor (14 U 135/20).

Das OLG Celle hatte in zweiter Instanz über den Wasserschaden in einer Zahnarztpraxis zu entscheiden. Insgesamt ging es um einen Schaden in Höhe von ca. 220.000,- €.

Installationsarbeiten an Wasserrohren

Ein Zahnarzt hatte in seiner Zahnarztpraxis eine Desinfektionsanlage installieren lassen. Hierzu beauftragte er die Beklagte. Die Beklagte schloss die Desinfektionsanlage an die vorhandenen Rohrleitungen an. Auch die anschließende Wartung sollte die Beklagte übernehmen.

Wartung nach einem Jahr

Zunächst lief alles gut. Ein Jahr nach der Installation erfolgte die erste Wartung. Im Jahr darauf schloss der Zahnarzt im Sommer seine Praxis für drei Wochen, um Urlaub zu machen.

Wasserrohrbruch mit Wasserschaden

Am letzten Urlaubstag kam es dann zu einer mittleren Katastrophe. Als zwei Zeuginnen an diesem Morgen das Treppenhaus betraten, kam ihnen schwallartiges Wasser aus der Praxis im zweiten Obergeschoss entgegen. Das Treppenhaus war bereits überflutet.

Mangelhafte Installation

Die Feuerwehr kam zum Einsatz und stellte fest, dass das Wasser aus einer Rohrleitung kam, die die Beklagte an die Desinfektionsanlage angeschlossen hatte.

Der Sachverständige stellte später fest, dass ein Verbindungsstück nicht hielt, da das Rohrende zu kurz in die Muffenaufnahme des Fittings gesteckt war. Die Klebefläche war aus diesem Grund zu klein und konnte dem Druck nicht standhalten.

Versicherung regulierte den Schaden

Die Versicherung des Zahnarztes regulierte zunächst den gesamten Schaden. Allerdings war sie der Auffassung, dass die beklagte Installationsfirma für den Schaden aufkommen muss, da die Installation mangelhaft erfolgt sei. Sie erhob Klage vor dem Landgericht.

Mitverschulden des Versicherungsnehmers?

Das Landgericht gab der Versicherung grundsätzlich Recht. Allerdings kürzte sie den Anspruch um 50%, da sie dem Zahnarzt ein 50%iges Mitverschulden anlastete.

Nach Auffassung des Landgerichts war der Zahnarzt wegen seiner längeren Abwesenheit verpflichtet gewesen, den Hauptwasserhahn abzudrehen. Jedem vernünftigen Zahnarzt müsse klar sein, dass er das Wasser bei längerer Abwesenheit zur Vermeidung eines Wasserschadens abstellen müsse, so das Landgericht. Da der Zahnarzt dies nicht getan hat, sei ihm wegen grober Fahrlässigkeit ein Mitverschulden von 50% anzulasten.

Diese Quote müsse sich nach Auffassung des Landgerichts die Versicherung entgegen halten lassen.

Keine Pflicht zum Abdrehen des Hauptwasserhahns

Nun entschied jedoch das OLG Celle in zweiter Instanz, dass ein Mitverschulden des Zahnarztes nicht vorliegt! Der Zahnarzt war nicht verpflichtet, vor seiner längeren Abwesenheit den Hauptwasserhahn abzudrehen.

Pflicht nur, bei realistisch drohendem Schaden

Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn ein realistisch drohender Schaden vorgelegen hätte. Droht ein solcher Schaden, etwa bei einem alten Anwesen mit alten Versorgungsleitungen, dann könne unter Umständen eine Obliegenheit zum Absperren des Hauptwasserhahns gegeben sein. So geht es aus dem Urteil des OLG Celle hervor.

Dies war jedoch hier nicht der Fall, das Gericht. Die Anforderung, bei Verlassen der Praxis den Hauptwasserhahn abzudrehen, um der Gefahr von Rohrbrüchen vorzubeugen, hält das OLG Celle für überspannt. Dies ist weder üblich, noch kann es von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden, so das Gericht.

Da den Zahnarzt nach dem Urteil des OLG Celle kein Mitverschulden trifft, muss sich die klagende Versicherung auch kein Mitverschulden zurechnen lassen. Die Berufung der Klägerin hatte damit Erfolg und die beklagte Installationsfirma muss nun zu 100% für den Schaden gegenüber der Klägerin aufkommen.

OLG Celle, Urteil vom 07.04.2021 – 14 U 135/20

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