Wem gehört das Sparbuch? – Besitz nicht entscheidend (BGH, Beschl. v. 17.07.2019 – XII ZB 425/18)

Wer Kontoinhaber eines Sparbuchs ist, richtet sich nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden. Eröffnen die Eltern auf den Namen ihres Kindes ein Sparbuch und lassen sie dieses Sparbuch in ihrem Besitz, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass sie sich die Verfügung über das Sparguthaben noch vorbehalten wollen. Vielmehr sind sämtliche Umstände, insbesondere das Innenverhältnis zwischen Eltern und Kind zu berücksichtigen. Hierauf weist der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 17.07.2019 hin (XII ZB 425/18).

Sparkonto auf den Namen des Kindes eröffnet

Vorangegangen war ein Streit zwischen der Antragstellerin und ihrem Vater. Der Vater hatte zusammen mit seiner mittlerweile geschiedenen Frau ein Sparbuch auf den Namen seiner Tochter anlegen lassen. Die Antragstellerin war zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind.

Angaben im Kontoeröffnungsantrag

Auf dem Kontoeröffnungsantrag wurde die Antragstellerin als „1. Kundin“ und ihr Vater als „2. Kunde“ aufgeführt. Ein Zusatzblatt benannte die Antragstellerin als Kundin und die Eltern als Vertretungsberechtigte. Die Eltern wollten zu Gunsten ihrer Tochter Geld ansparen, wobei in erster Linie der Vater für die Finanzen zuständig war.

Einzahlungen und Abhebungen durch Elternteil

Es folgten diverse Einzahlungen durch die Eltern. Das Sparbuch hatte einige Jahre später ein Guthaben von ca. 17.500,- €. Der Vater der Antragstellerin hob jedoch in den Jahren 2010 bis 2011 ohne Rücksprache mit der Mutter oder seiner Tochter mehrfach Geld vom Sparbuch ab, insgesamt 17.300,- €.

Aushändigung des Sparbuchs

Anfang 2015 händigte der Vater seiner Tochter dann das Sparbuch aus. Das Guthaben belief sich nur noch auf 242,- €.

Rückforderung des abgehobenen Betrages

Die Tochter ist der Auffassung, dass ihr das gesamte Guthaben des Sparbuchs zustand und verlangte von ihrem Vater die Rückzahlung von 17.300,- €.

Prozessverlauf

Da der Vater sich weigerte, machte sie ihren Anspruch gerichtlich geltend und hatte zunächst Erfolg. Auf die Beschwerde des Vaters änderte das zuständige Oberlandesgericht Kassel (OLG Kassel) jedoch den Beschluss ab und wies den Antrag zurück.

OLG Kassel: Besitz am Sparbuch entscheidend

Nach Auffassung des OLG Kassel war das Vermögen auf dem Sparkonto nicht der Tochter zuzuordnen. Zwar war das Sparbuch auf den Namen der Klägerin angelegt worden, dies sei jedoch nach Auffassung des OLG Kassel nur von untergeordneter Bedeutung. Auch weitere Indizien mögen für eine Forderungsinhaberschaft der Antragstellerin sprechen, so das OLG Kassel.

Sparbuch war im Besitz des Vaters

Maßgeblich sei hier jedoch der tatsächliche Besitz an dem Sparbuch. Die Tatsache, dass die Antragstellerin nie im Besitz des Sparbuchs gewesen ist, sondern nur der Vater, spricht dafür, dass nur der Vater als alleiniger Berechtigter anzusehen ist. Aus diesem Grund war nicht die Antragstellerin, sondern ihr Vater Forderungsberechtigter des Sparkontos.

Rechtsbeschwerde beim BGH

Die Antragstellerin war mit der Entscheidung des OLG Kassel nicht einverstanden und wandte sich mit der Rechtsbeschwerde an den BGH, mit Erfolg.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob den Beschluss auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung zurück an das OLG Kassel. Die Entscheidung des OLG Kassel, die Besitzverhältnisse am Sparbuch als maßgebliche Grundlage heranzuziehen, war rechtsfehlerhaft. Hierauf weist der BGH in seinem Beschluss hin.

Alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen

Bei der Beurteilung, wer Kontoinhaber eines Sparbuchs ist, muss auf den erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden abgestellt werden. Entscheidend ist, wer nach der Vereinbarung mit der Bank Kontoinhaber werden soll, so der BGH. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen. Insbesondere ist zu prüfen, wer als Kontoinhaber im Sparbuch eingetragen ist und auch wer im Kontoeröffnungsantrag angegeben wurde. Auch die Besitzverhältnisse am Sparbuch sind nach Auffassung des BGH mit zu berücksichtigen.

Besitz am Sparbuch nicht entscheidend

Wenn Eltern ein Sparbuch für ihr Kind aufbewahren, kann hieraus nicht automatisch abgeleitet werden, dass sie sich die Verfügungsbefugnis vorbehalten wollen. Vielmehr kann dies auch Ausfluss ihrer elterlichen Sorge sein. So kann dem Verlust des Sparbuchs durch das Kind vorgebeugt werden, wenn die Eltern dieses bei sich aufbewahren.

Rechtsprechung des BGH zum Sparbuch der Großeltern fürs Enkelkind

Die bereits ergangene Rechtsprechung des BGH, wonach aus dem Besitz eines zu Gunsten eines Kindes angelegten Sparbuchs typischerweise zu schließen ist, dass sich der Zuwendende die Verfügung über das Sparguthaben noch vorbehalten will, gilt nur für das Verhältnis zwischen Großeltern und Enkelkind. Hierauf weist der BGH hin.

Sparbuch der Eltern fürs Kind nicht vergleichbar

Diese starke Indizwirkung gilt nach dem jetzt ergangenen Beschluss des BGH nicht für das Verhältnis Eltern und Kind. Das OLG Kassel hatte dem Besitz des Sparbuchs durch den Vater rechtsfehlerhaft zu viel Bedeutung beigemessen. Die Entscheidung des OLG Kassel war daher rechtsfehlerhaft, so der BGH.

Innenverhältnis zwischen Eltern und Kind

Der BGH weist ergänzend darauf hin, dass insbesondere auch auf das Innenverhältnis zwischen Eltern und Kind abzustellen ist. Auch dies hat das OLG Kassel nicht ausreichend berücksichtigt.

Zurückverweisung an das OLG Kassel zur erneuten Entscheidung

Der Rechtsstreit wurde daher vom BGH zur erneuten Entscheidung insbesondere unter Berücksichtigung der vom BGH bemängelten Punkte an das OLG Kassel zurückverwiesen.

BGH, Beschluss vom 17.07.2019 – XII ZB 425/18

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