“Olympiareife” BGH-Entscheidung zu geschützter Bezeichnung (BGH, Urt. v. 07.03.2019 – I ZR 225/17)

In Deutschland kann man fortan Kleidung mit “olympiaverdächtig” oder “olympiareif” bewerben, ohne eine Abmahnung des Deutschen Olympischen Sportbunds befürchten zu müssen (BGH – I ZR 225/17).

Olympia-Gesetz

Eigentlich ist die Benutzung von Wörtern, die zum allgemeinen Sprachgebrauch gehören, erlaubt. Für solche Wörter können keine ausschließlichen Rechte begründet werden, die Abmahnungen rechtfertigen. “Olympia” geht bereits auf die Antike zurück. In der heute geläufigen Form finden seit 1896 olympische Spiele statt. Da möchte man meinen, dass der Begriff “Olympia” frei benutzbar ist. Das ist aber nicht der Fall.

Für “Olympia” gibt es im deutschen Recht eine Ausnahme der freien Benutzung. Dieser Begriff ist zugunsten des Nationalen Olympischen Komitees und des Internationalen Olympischen Komitees gesetzlich geschützt. Möglich macht das das Gesetz zum Schutz des olymischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (OlympSchG).

Auf Grundlage dieses Gesetzes geht der Deutsche Olympische Sportbund praktisch gegen jede gewerbliche Nutzung der Bezeichnung “Olympia” oder der olympischen Ringe vor. So auch in dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall.

“olympiareif”

Ein Textilhändler hat anlässlich der olympischen Spiele 2016 auf seiner Internetseite Sportbekleidung als “olympiaverdächtig” und “olympiareif” beworben. Der Deutsche Olympische Sportbund sah darin eine Verletzung der gesetzlich geschützten Bezeichnung “Olympia” und mahnte den Textilhändler ab. Dieser gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, verweigerte  aber die Zahlung der Abmahnkosten.

Im darauf folgenden Gerichtsverfahren ging es daher allein um die Kosten der Abmahnung. Diese waren nur dann zu bezahlen, wenn die Abmahnung rechtens war.

Nachdem das Landgericht Rostock die Abmahnung noch für gerechtfertigt hielt und der Zahlungsklage stattgab, wies das Oberlandesgericht Rostock in zweiter Instanz die Klage zurück. Das OLG meinte, dass die Werbung mit “olympiareif” und “olympiaverdächtig” nicht geeignet sei, eine Verwechslungsgefahr mit den Produkten oder Leistungen des Klägers hervorzurufen. Nach der Auffassung des OLGs lag kein Verstoß gegen § 3 Absatz 2 Nummer 2 OlympSchG vor und Unterlassungsansprüche gemäß § 5 Absatz 1 OlympSchG waren abzulehnen. Die Erstattung der Abmahnkosten war daher nach Auffassung des OLGs unbegründet.

Die OLG-Entscheidung war für den klagenden Deutschen Olympischen Sportbund ein Schlag ins Kontor. Denn sie betraf unmittelbar dessen Geschäftsmodell. Kein Wunder, dass er Revision zum BGH einlegte. Das war allerdings erfolglos, denn der BGH bestätigte die OLG-Entscheidung.

keine unlautere Rufausnutzung

Der BGH stellte klar, dass die Abmahnung, wie es die Rostocker OLG-Richter entschieden haben, ungerechtfertigt war und befasste sich eingehend mit dem Schutzumfang des OlympSchG.

Die Voraussetzungen des unlauteren Ausnutzens der Wertschätzung der olympischen Bezeichnungen liegen nicht bereits in der gewerblichen Verwendung, welche die Rechte des Schutzrechtsinhabers beeinträchtigen kann. Die Grenze der unlauteren Ausnutzung sind nach Auffassung des BGHs erst dann überschritten, wenn die Bezugnahme auf die geschützten Zeichen so eng ist, wie sie einem offiziellen Sponsor zusteht oder einem Sportartikelhersteller, der zwar nicht Sponsor ist, aber dessen Produkte von den Athleten bei den Olympischen Spielen verwendet werden.

Erforderlich für ein unlauteres Ausnutzen ist eine sachliche Nähe zu den Olympischen Spielen, was der Fall sein kann, wenn in Wort oder Bild auf die Olympischen Spiele hingewiesen wird.

Diese Voraussetzungen lagen im entschiedenen Fall nicht vor. Der Textilhändler hat seine Produkte zwar in die Nähe zu den Olympischen Spielen gestellt und damit den guten Ruf ausgenutzt. Der für die Unlauterkeit erforderliche enge Bezug liegt aber nicht vor, wenn die Worte “olympiareif” oder “olympiaverdächtig” allein als Synonym für herausragende Leistungen benutzt wird. Dass in der Werbung des Textilhändlers ein Sportler mit Medaille abgebildet war, konnte den engen Bezug ebenfalls nicht herstellen. Dabei handelt es sich nämlich nicht um ein genuin olympisches Motiv.

Hintergrund

Die BGH-Entscheidung enthält wichtige Vorgaben für die Anwendung des Olympia-Schutz-Gesetzes und schränkt den Schutz dieses Gesetzes erheblich ein. Die Schwelle zur unlauteren Ausnutzung liegt nun wesentlich höher als vorher von den meisten Gerichten angenommen. Für den Kläger ist das eine bittere Niederlage, da er sich nun damit abfinden muss, dass in bestimmten Grenzen mit “Olympia”-nahen Begriffen geworben werden darf.

Rechtlich ist die einschränkende Interpretation des Schutzes zu begrüßen. Das Gesetz ist im deutschen Recht ein Fremdkörper und bedarf allein deshalb einer restriktiven Handhabung. Genau das Gegenteil praktizierte bislang der Rechteinhaber, der nun zu Recht in die Schranken gewiesen wird.

Für all jene, die in der Vergangenheit Unterlassungserklärungen abgegeben und Abmahnkosten gezahlt haben, dürfte die Entscheidung allerdings keine Vorteile bringen. Die Abgabe einer Unterlassungserklärung zieht regelmäßig einen Strich unter die Angelegenheit, sodass ein Nachverhandeln regelmäßig ausscheidet. Das Gesetz sieht zwar vor, dass eine Änderung von Umständen die Vertragspartner zu einer Vertragsanpassung verpflichten kann (§ 313 BGB). Das gilt aber dann nicht, wenn der Zweck des Vertrag die Ausräumung einer Ungewissheit war. Das dürfte bei den meisten Unterlassungsfällen der Fall sein. Wer also nach Abgabe einer Unterlassungserklärung Abmahnkosten bezahlt hat, kann diese voraussichtlich nicht zurückverlangen.

BGH-Presseerklärung Nr. 028/2019 vom 07.03.2019

BGH, Urteil vom 07.03.2019 – I ZR 225/17

OLG Rostock, Urteil vom 13.12.2017 – 2 U 21/17

LG Rostock, Urteil vom 21.07.2017 – 3 O 911/16

 

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