Eigenbedarfskündigung – Kein Recht auf Grundbucheinsicht und Einsicht in den Kaufvertrag (OLG München, Beschl. v. 24.07.2018 – 34 Wx 68/18)

Ein wegen Eigenbedarfs gekündigter Mieter hat keinen Anspruch auf Einsicht in den Kaufvertrag, aufgrund dessen der neue Vermieter Eigentum erlangt hat. Ein berechtigtes Interesse auf Erteilung solcher Abschriften aus dem Grundbuch besteht nicht. So entschied das Oberlandesgericht München (OLG München) in seinem Beschluss vom 24.07.2018 (34 Wx68/18).

Der Fall

Der Mieter bewohnt ein Einfamilienhaus mit Grundstück.Diese gehörte ursprünglich einer Stiftung. Die Stiftung veräußerte das Grundstück  an den neuen Eigentümer. Die Genehmigung der staatlichen Stiftungsaufsicht lag vor. Der Käufer wurde sodann als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Der neue Eigentümer kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Da sich der Mieter weigerte, das Haus zu räumen, erhob der neue Eigentümer Räumungsklage. Die Räumungsklage hatte Erfolg. Das Gericht verurteilte den Mieter zur Räumung des Hauses und des Grundstücks. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Der Mieter meint, der Kaufvertrag zwischen dem alten und dem neuen Eigentümer sei nicht wirksam zustande gekommen. Zum einen verstoße der Kaufvertrag gegen das Gesetz. Zum anderen behauptet der Mieter ein ihm zustehendes Vorkaufsrecht an dem Grundstück. Jedenfalls müsse man davon ausgehen, dass der Kaufvertrag nichtig ist. Der neue Vermieter konnte aus diesem Grund nicht wirksam Eigentum erwerben, so der Mieter.

Um dies nachzuweisen, beantragte der durch einen Rechtsanwalt vertretene Mieter beim Grundbuchamt die Übersendung einer Kopie des Kaufvertrages. Der zuständige Grundbuchbeamte lehnte dies ab. Die hiergegen vom Mieter beim Grundbuchamt eingelegte Erinnerung hatte keinen Erfolg. Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes half auch der anschließenden Beschwerde nicht ab. Er legte den Beschluss dem OLG München zur Entscheidung vor.

Entscheidung des OLG München

Das OLG München hatte nun über den geltend gemachten Anspruch auf Übersendung der Vertragskopien zu entscheiden.

Die vom Mieter eingelegte Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes war unbegründet. Der Mieter hatte keinen Anspruch auf Übersendung der Kaufvertragskopien, so das OLG München. Die Ablehnung durch das Grundbuchamt war daher rechtmäßig.

Der Mieter kann zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch haben, so das OLG München. Zum Beispiel steht Mietinteressenten in der Regel ein Einsichtsrecht in das gesamte Grundbuch zu. Voraussetzung hierfür ist, dass die Mietinteressenten den Eintritt in die Mietverhandlungen darlegen können, so das OLG München. Der Mietinteressent muss feststellen können, ob der Vermieter auch der Eigentümer ist. Auch die Risiken einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses wegen einer Zwangsversteigerung muss der Mietinteressent abschätzen können. Hieraus folgt nach einschlägiger Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht.

Beschränkte Einsicht nach Abschluss des Mietvertrages

Anders verhält es sich jedoch nach Abschluss eines Mietvertrages. In diesem Fall besteht nach der Rechtsprechung nur noch ein beschränktes Einsichtsrecht in das Bestandsverzeichnis und in die erste Abteilung des Grundbuchs, so das OLG München. Das berechtigte Interesse folgt hier aus dem Interesse des Mieters zu erfahren, ob dem Vermieter noch freier oder freiwerdender Wohnraum zur Verfügung steht. Der Mieter soll damit seiner Darlegungslast in einem Räumungsprozess nachkommen können, so das OLG München.

Keine Einsicht in den Kaufvertrag

Ein Anspruch auf Erteilung von Abschriften der Kaufvertragsurkunde besteht jedoch nicht. Der neue Vermieter ist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund der Vorschrift des § 891 BGB ist wegen der gesetzlichen Vermutung zunächst davon auszugehen, dass der eingetragene Eigentümer auch tatsächlich Eigentümer ist. Selbst wenn der Mieter nachweisen kann, dass der Kaufvertrag nichtig gewesen ist, ändert dies nicht zwingend etwas an der Eigentümerstellung, so das OLG München. Der Mieter müsste nachweisen, dass ein nichtiger Kaufvertrag vorliegt und dieser auch die Eigentumsübertragung zu Fall bringt. Ob die Verschaffung der hierfür erforderlichen Erkenntnisse ein berechtigtes Interesse für die Grundbucheinsicht begründen kann, ist nach Auffassung des OLG München fraglich. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, so das OLG München. Denn der Mieter hat konkrete Verdachtsmomente, aus denen sich eine Nichtigkeit des Eigentumserwerbs ergibt, nicht dargelegt. Der Vortrag des Mieters beinhaltet lediglich Spekulationen. Konkrete Anhaltspunkte hat der Mieter nicht vorgetragen. Bereits aus diesem Grund war nach Auffassung des OLG München ein berechtigtes Interesse an der Übersendung der Vertragskopien nicht anzunehmen.

Das OLG München wies die Beschwerde des Mieters zurück.

OLG München, Urteil vom 24.07.2018 – 34 Wx 68/18

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