Bereits der erstmalige Konsum so genannter harter Drogen, zu denen Amphetamine gehören, rechtfertigt eine Entziehung der Fahrerlaubnis. Das OVG des Saarlandes mit Sitz in Saarlouis hat diese obergergerichtlich allgemein anerkannte harte Linie in einem Beschluss bestätigt (1 A 506/17).
Der Kläger wandte sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis, da bei ihm der Konsum von Amphetaminen nachgewiesen worden war. Das Verwaltungsgericht Saarlouis hatte die Entziehung erstinstanzlich gebilligt. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos. Das OVG Saatlouis hielt ausdrücklich an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach bereits der erstmalige Konsum von harten Drogen die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 3 Absatz 1 StVG, § 46 Absatz 1 FEV rechtfertigt, da dies regelmäßig die Annahme begründet, dass es an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fehlt (vgl. Vorbem. Nummer 3, Nummer 9.1 der Anlage 4 zu FEV). Der Nachweis einer Drogenabhängigkeit, eines regelmäßigen Konsums oder des gelegentlichen Konsums oder des fehlenden Urteilvermögens im Hinblick auf die Trennung von Drogenkonsum und Fahrzeugführung bedarf es bei harten Drogen nicht.
THC-Wert auf dem Prüfstand
So klar ist die Sache bei so genannten weichen Drogen, zu denen gemeinhin Cannabis zählt, nicht. Unter den Gerichten besteht Einigkeit dahingehend, dass regelmäßiger Cannabiskonsum sowie Cannabiskonsum in Verbindung mit anderen Drogen, z. B. Alkohl, die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen, ohne dass es weiterer Aufklärungsmaßnahmen bedarf. Von einem regelmäßigen Konsum ist auszugehen, wenn täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert wird. Sofern jedoch von einem erstmaligen oder nur gelegentlichen Konsum auszugehen ist, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nur bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt, etwa, dass der Betroffene nur unzureichend Drogenkonsum vom Fahrzeugführen trennen kann. Letzteres muss die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig durch Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) klären.
Für die Beurteilung der Frage, ob von einem mangelnden Trennungsvermögen auszugehen ist, werden regelmäßig Schwellenwerte herangezogen. Die überwiegende Rechtsprechung nimmt bei Tetrahydrocannabinol (THC)-Konzentrationen von mehr als 1,0 ng/ml ein fehlendes Trennungsvermögen an. Hiervon abweichend erkannte der BayVGH (München) ein fehlendes Trennungsvermögen erst ab einer THC-Konzentration von 2,0 ng/ml, und sah für Konzentrationen zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml weiteren Auflärungsbedarf, z.B. durch Anordnungen einer MPU.
Von dieser Handhabung ist der BayVGH nun in einer aktuellen Entscheidung (11 Bv 17.33) abgewichen: Die Fahrerlaubnisbehörde stellte einen THC-Wert von 3,7 ng/ml fest und entzog dem Betroffenen die Fahrerlaubnis. Dieser klagte dagegen in erster Instanz erfolglos. In der Berufung hob der BayVGH die Entziehung der Fahrerlaubnis trotz des hohen THC-Wertes von 3,7 ng/ml auf. Grund: allein die hohe THC-Konzentration belege das fehlende Trennungsvermögen nicht. Vielmehr wäre die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet gewesen, zunächst eine MPU anzuordnen, um das fehlende Trennungsvermögen untersuchen zu lassen. Der BayVGH führt in der Entscheidung aus, dass sich weder aus Nummer 9.2.2 noch aus Nummer 8.1 der Anlage 4 zur FEV THC-Grenzwerte ergeben. Daraus folge, dass der THC-Wert von 3,7 ng/ml nicht automatisch die Annahme rechtfertigt, dass der Betroffene unzureichend zwischen Drogenkonsum und Fahrzeugführen trennen kann.
Die Entscheidung kann als Abschied vom THC-Wert als Kriterium für das unzureichende Trennungsvermögen bei gelegentlichem Cannabiskonsum interpretiert werden. Gelegenheitskiffer müssen daher auch bei Werten bis 3,7 ng/ml nicht stets mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen – das galt allerdings vorerst nur in Bayern, denn es war keineswegs klar, dass andere Gerichte dieser Rechtsauffassung folgen. Die Entscheidung war deshalb zunächst nicht als letztes Wort in Sachen THC-Wert anzusehen, der BayVGH hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht* zugelassen (hier zur Entscheidung des BVerwGs).
Wer hingegen regelmäßig Cannabis konsumiert, muss unabhängig von der Entscheidung des BayVGH mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen, ohne dass es der vorherigen Anordnung einer MPU bedarf. Die Entscheidung des BayVGH bezieht sich allein auf den gelegentlichen Konsum von Cannabis. Dieser wird bei einer THC-COOH Konzentration zwischen 5 – 75 ng/ml angenommen. Von einem regelmäßigen Konsum ist hingegen auszugehen, wenn der THC-COOH-Wert über 75 ng/ml liegt, bzw. sofern Konsum erst kürzlich stattgefunden hat bei einem Wert von mehr als 150 ng/ml. Der bayrischen Entscheidung lag eine THC-COOH Konzentration von 55,2 ng/ml vor, was die Annahme rechtfertigte, dass es sich um einen gelegentlichen Konsum handelte. Bei einem regelmäßigen Konsum wäre – auch bei Zugrundelegung der Entscheidung des BayVGH keine vorherige Anordnung einer MPU notwendig gewesen.
1 Gedanke zu „Kiffer können aufatmen: Gelegentlicher Cannabiskonsum (THC 3,7) rechtfertigt nicht die Entziehung der Fahrerlaubnis (BayVGH, Urt. v. 25.04.2017 – 11 BV 17.33), erstmaliger Konsum harter Drogen (z.B. Amphetamin) aber sehr wohl (OVG Saarland, Beschl. v. 16.08.2017 – 1 A 506/17)“
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