Bei Vorhaben, die einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bedürfen, können Vorhabenträger die Zulassung des vorzeitigen Beginns beantragen. Ein solcher Antrag nach § 8a BImSchG ermöglicht den Baubeginn noch bevor die Genehmigung erteilt ist. Das kann angesichts langer Genehmigungsverfahren ein enormer Vorteil sein.
Keine Investitionssicherheit
Nachteil einer Zulassung nach § 8a BImSchG ist, dass Vorhabenträger keine Investitionssicherheit genießen. Denn sie müssen, falls die Genehmigung nicht erteilt wird, das angefangene Vorhaben zurückbauen und den vorherigen Zustand wiederherstellen.
Anfechtung der Zulassung nach § 8a BImSchG
Das OVG Berlin-Brandenburg hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass Umweltverbände eine Zulassung nach § 8a BImSchG deshalb anfechten können, weil mit der Zulassung bereits eine teilweise Realisierung des Vorhabens ermöglicht werde.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 20.02.2020 – 11 S 8/20, vom 18.12.2020 – 11 S 127/20, vgl. dazu auch Rodung eines Waldes kann rückgängig gemacht werden – kein Hindernis für Zulassung nach § 8a BImSchG (OVG BB, Beschl. v. 20.02.2020 – 11 S 8/20)
Das OVG BB hält an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest. Das Gericht präzisiert, dass es sich bei der Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG lediglich um eine vorübergehende Befreiung vom Genehmigungsvorbehalt handele.
Dabei handele es sich um einen anfechtbaren Verwaltungsakt, der indessen keine genehmigende Wirkung entfalte. Auch nicht für einen Teil des Vorhabens.
Damit beschränkt sich der Regelungsgehalt der Entscheidung auf die vorübergehende Befreiung. Dies genügt nach Auffassung des Senats dafür, die Anwendbarkeit von § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 UmwRG zu bejahen. Das heißt, dass Umweltverbände prinzipiell gegen eine Zulassung des vorzeitigen Beginns vorgehen können.
Fehler in der Begründung
Das OVG BB hätte sich bei der Begründung des Beschlusses mehr Mühe geben können, denn offensichtlich waren die Richter beim Abfassen des Beschlusstextes nicht ganz bei der Sache.
So findet sich unter Rn. 21 des Beschlusses eine Bezugnahme auf § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BImSchG. Diese Fundstelle gibt es aber im BImSchG gar nicht. Richtig wäre UmwRG gewesen. Im Absatz derselben Randnummer bezieht sich das Gericht auf § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 VwGO. Auch diese Vorschrift gibt es in der VwGO nicht – auch hier wäre UmwRG das richtige Gesetz gewesen.
Solche Fehler, die in Referendarklausuren zu Punktabzug führen würden, sind in OVG-Entscheidungen eher selten.
Davon abgesehen ist die Präzisierung zu § 8a BImSchG aber zu begrüßen, denn sie reduziert den materiell-rechtlichen Gehalt der Zulassung nach § 8a BImSchG auf das zutreffende Maß.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.07.2021 – 11 S 78/21
OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 20.02.2020 – 11 S 8/20, vom 18.12.2020 – 11 S 127/20