Spielende Kinder sind des Einen Freude und des Anderen Ärgernis. Besonders wenn Kinder draußen ausgelassen spielen, fühlt sich so mancher Nachbar gestört. Nicht selten entwickelt sich dann aus einem Ärgernis ein handfester Rechtsstreit. Über einen solchen hatte das Familiengericht am Amtsgericht Frankfurt a.M. (AG Frankfurt a.M.) am 16.11.2020 zu entscheiden.
Zwei achtjährige Jungs spielten im September 2020 im Hof einer Wohnanlage. Eine Nachbarin fühlte sich vom Lärm gestört. Sie warf daraufhin mit Kartoffeln nach den Kindern. Einer der Jungs wurde von einer Kartoffel am Rücken getroffen.
Ein paar Tage später soll es zu einem weiteren Vorfall gekommen sein. So soll die Nachbarin im Haus der Jungen diese fest am Arm gepackt und gezerrt haben. Daraufhin hätten die Jungs geschrien und geweint. Einer der Jungen habe nun große Angst vor der Nachbarin und könne nachts nicht mehr schlafen.
Einstweilige Anordnung
Dieser Junge beantragte daraufhin, vertreten durch seine Eltern, den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Nachbarin. Er stützte seinen Antrag auf das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) und begehrte die Anordnung eines Annäherungsverbotes. Die Anordnung sollte der Nachbarin untersagen sich dem Jungen näher als 50m zu nähern. Darüber hinaus sollte ein Verbot der Kontaktaufnahme ausgesprochen werden.
Der Freund des Jungen beantragte in einem Parallelverfahren ebenfalls den Erlass einer solchen Anordnung. Die Nachbarin beschrieb den Sachverhalt jedoch völlig anders. Angeblich habe sie den spielenden Kindern nur vom Balkon zugerufen und um Ruhe gebeten. Auch im Wohnhaus der Jungen sei sie nicht gewesen. Es soll hingegen auf dem Hof einen Vorfall mit ihren Wäscheklammern gegeben haben. Im Anschluss hätten sie die Eltern eines Jungen bedroht.
Das AG Frankfurt a.M. hat unabhängig davon, wie es sich im Einzelnen tatsächlich zugetragen hat, entschieden und den Antrag des Jungen zurückgewiesen.
Keine vorsätzliche Körperverletzung
Durch das Treffen am Rücken mit einer aus dem zweiten Stock geworfenen Kartoffel ist die Schwelle zur vorsätzlichen Körperverletzung nicht erreicht worden. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass durch das Bewerfen mit der Kartoffel ein von seinen normalen körperlichen Funktionen abweichender Zustand hervorgerufen wurde.
Gleiches gilt für den zweiten behaupteten Vorfall im Wohnhaus, so das Gericht. Es ist nicht ersichtlich, weder aus dem Vortrag noch sonst aus den Akten, dass ein vom Sollzustand abweichender pathologischer Zustand hervorgerufen wurde.
Das Schreien und Weinen des Jungen müssen nicht auf Schmerzen zurückzuführen gewesen sein, so das Gericht. Hier war auch die Aussage einer anderen Nachbarin von Bedeutung. Diese gab an, der Junge hätte vor Angst geschrien und auch sein Freund sei sehr verängstigt gewesen.
Und auch der Vortrag, der Junge könne vor Angst nicht schlafen, rechtfertigt keine Schutzanordnung, so das Amtsgericht Frankfurt a.M. . Selbst wenn es sich hier um eine körperlich auswirkende Form von psychischer Gewalt handeln sollte, fehlt es am Vorsatz der Nachbarin zum Zeitpunkt ihres Handelns, so das Gericht.
Die begehrte Schutzanordnung hat das Gericht daher nicht erlassen und den Antrag auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
AG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.11.2020 – 456 F 5230/20 EAGS