Schlüssel verloren – Wer zahlt den Austausch der Schließanlage? (LG München I, Urt. v. 18.06.2020 – 31 S 12365/19)

Verliert der Mieter seinen Wohnungsschlüssel, muss er grundsätzlich nicht für die Kosten des Austauschs der gesamten Schließanlage aufkommen. Nur wenn konkrete Umstände für eine Missbrauchsgefahr sprechen, ist der komplette Austausch der Schließanlage erforderlich. Und auch nur dann kommt eine Erstattung der gesamten Kosten durch den Mieter in Betracht. Allein der Verlust des Wohnungsschlüssels führt nicht dazu, dass der Vermieter vom Mieter die Kosten für den kompletten Austausch verlangen kann. So entschied das Landgericht München I (LG München I) am 18.06.2020 (31 S 12365/19).

Der Verlust des Wohnungsschlüssels ist für viele erst einmal mit einem riesigen Schreck verbunden. Oft muss der Schlüsseldienst gerufen werden, damit man wieder in seine Wohnung kommt. Die Kosten hierfür können durchaus weh tun, insbesondere wenn Zuschläge für Nachtzeiten oder Wochenende bzw. Feiertag berechnet werden.

Wenn nun auch noch der Vermieter die gesamte Schließanlage austauschen lässt, geht es schnell mal um Forderungen im Tausender Bereich, denen sich der Mieter ausgesetzt sieht.

Schließanlage in Mehrfamilienhaus

Um einen solchen Fall ging es beim LG München I. Der Mieter wohnt in einem Mehrfamilienhaus in München. In dem Wohnhaus hatte der Vermieter eine Schließanlage einbauen lassen. Mit den Wohnungsschlüsseln konnten die jeweiligen Mieter auch die Hauseingangstür öffnen.

Mieter verliert Wohnungsschlüssel

Im Jahr 2018 teilte der Mieter dem Vermieter mit, dass er sämtliche Wohnungsschlüssel für seine Wohnung verloren hatte. Darauf hin ließ der Vermieter die gesamte Schließanlage austauschen. Die Kosten für den Austausch beliefen sich auf fast 2.000,-€. Diese Kosten verlangte der Vermieter nun von seinem Mieter.

Wegen der Höhe der Kosten bot der Vermieter Ratenzahlung an. Der Mieter teilte dem Vermieter mit, dass er überhaupt keine Kosten übernehmen wolle. Kurze Zeit später allerdings überwies der Mieter kommentarlos eine Rate in Höhe von ca. 600,- €.

Der Mieter übergab die Angelegenheit nun seinem Rechtsanwalt. Der wandte sich an den Vermieter und verlangte die von seinem Mandanten gezahlte Rate zurück. Zugleich erklärte er die Anfechtung einer etwaigen Ratenzahlungsvereinbarung. Auch der Vermieter übergab die Angelegenheit seinem Rechtsanwalt. Dieser machte für den Vermieter nun die gesamten Kosten für den Austausch der Schließanlage geltend.

Die Angelegenheit landete beim zuständigen Amtsgericht. Das Amtsgericht urteilte, dass der Mieter zumindest die Kosten für seine Wohnungstür und die Hauseingangstür zu tragen hat. Die gesamten Kosten für den Austausch der Schließanlage muss der Mieter jedoch nicht tragen, so das Amtsgericht. Der Vermieter legte Berufung ein, über die das LG München I zu entscheiden hatte.

Entscheidung des LG München I

Das LG München I stellte nun klar, dass der Mieter nicht die gesamten Kosten für den Austausch der Schließanlage zu erstatten hat!

Zunächst wies das LG München I darauf hin, dass der Mieter mit seiner Ratenzahlung kein Schuldanerkenntnis abgegeben hat. Denn der Mieter hatte zuvor eine Gesamtzahlung gegenüber dem Vermieter ausdrücklich abgelehnt. Aus der dann noch vorgenommenen Teilzahlung könne dann nicht geschlussfolgert werden, dass er sich zur Restzahlung verpflichten möchte.

Mit der Ratenzahlung ist auch kein außergerichtlicher Vergleich abgeschlossen worden, so das Gericht. Das Angebot des Vermieters war zuvor vom Mieter ausdrücklich abgelehnt worden. Mit der Teilzahlung ist nach Auffassung des Gerichts auch kein neuer Vergleich, insbesondere über die Gesamtsumme, zustande gekommen.

Das LG München I stellte in seinem Urteil klar, dass auch ein gesetzlicher Anspruch des Vermieters im Hinblick auf die Gesamtkosten nicht besteht. Es verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach die Schließanlage durch den Verlust eines Schlüssels in ihrer Funktionalität grundsätzlich nicht beeinträchtigt ist.

Abstrakte Gefahr genügt nicht

Allein das abstrakte Gefährdungspotential eines Schlüsselverlusts genügt nicht. Ein erstattungsfähiger Schaden entsteht erst dann, wenn „sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzen“, so das LG München I. Die Schließanlage muss dann auch tatsächlich ausgetauscht werden.

Der Vermieter konnte hier jedoch keine konkreten Umstände darlegen und beweisen, welche eine fortbestehende Missbrauchsgefahr rechtfertigen. Allein der Verlust des Schlüssels stellt lediglich eine abstrakte Missbrauchsgefahr dar, die nicht genügt, so das LG München I unter Bezugnahme auf den BGH.

Etwas anders kann nach Auffassung des Gerichts gelten, wenn z.B. beschriftete Schlüssel aus einem PKW gestohlen werden. Dann kann die Gefahr des Missbrauchs durchaus konkret sein. Dies war hier jedoch nicht der Fall.

Das LG München I geht aus diesem Grund davon aus, dass die gesamte Schließanlage nicht gewechselt hätte werden müssen. Es hätte genügt, wenn der Vermieter nur das Wohnungsschloss passend zur Schließanlage gewechselt hätte.

Aus diesem Grund kann der Vermieter nicht die gesamten Kosten für den Austausch der Schließanlage verlangen. Die Berufung des Vermieters wies das LG München I zurück.

LG München I, Urteil vom 18.06.2020 – 31 S 12365/19

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