Mieterhöhung: Anrechnung fiktiver Erhaltungskosten bei Austausch alter Fenster (BGH, Urt. v. 17.06.2020 – VIII ZR 81/19)

Eine Modernisierung kann den Vermieter zur Erhöhung der Miete berechtigen. Davon abzugrenzen sind Erhaltungsmaßnahmen. Für Erhaltungsmaßnahmen darf der Vermieter keine Mieterhöhung verlangen, denn von Gesetzes wegen ist die Erhaltung der Mietsache Aufgabe des Vermieters (§ 535 Absatz 1 Satz 2 BGB).

Wenn sich der Vermieter durch eine Modernisierung Erhaltungsmaßnahmen erspart, sind die umlagefähigen Kosten zu kürzen. Das kann der Fall sein, wenn reparaturbedürftige 60 Jahre alte Türen oder Fenster durch neue ersetzt werden. Der Vermieter muss sich in diesem Fall denjenigen Betrag anrechnen lassen, den er durch die Erneuerung spart. Grund: er muss keine Reparatur ausführen. Günstige Folge für den Mieter ist, dass die Erhöhung der Miete geringer ausfällt. Diese Anrechnung, die der BGH in ständiger Rechtsprechung vornimmt, ist nichts Neues.

Neu: Auch fiktive Instandhaltungskosten sind anzurechnen

Nun hatte der BGH über einen Fall zu entscheiden, in dem die ausgetauschten Fenster und Türen zwar alt aber nicht reparaturbedürftig waren. Sie erfüllten nach wie vor ihren Zweck. Eine Anrechnung von Erhaltungsaufwand kam daher eigentlich nicht in Frage, da es an den Fenstern und Türen schlichtweg nichts zu reparieren gab.

Hierzu urteilte der BGH, dass auch dann ein Abzug vorzunehmen ist, wenn die ersetzten Bauteile keinerlei Erhaltungsmaßnahmen bedurften. Denn der Vermieter erspart sich bei der Modernisierung in solchen Fällen jedenfalls Erhaltungsmaßnahmen, die später einmal erforderlich geworden wären.

In welcher Höhe der Abzug vorzunehmen ist, ist durch das Gericht zu schätzen (§ 287 ZPO).
Künftig ist daher bei der Berechnung der umlagefähigen Kosten stets ein Abzug vorzunehmen. Dies geschieht entweder als Kompensation für ersparte Erhaltungsmaßnahmen oder als Kompensation für Erhaltungsmaßnahmen, die später einmal fällig geworden wären.

Hintergrund

Die Entscheidung ist eine gute Nachricht für Mieter. Mieterhöhungen fallen danach günstiger aus, denn der BGH hat einen Abzugsposten definiert, der praktisch immer zur Anwendung kommt.

Mieter können die Entscheidung zum Anlass nehmen, bereits erfolgte Mieterhöhungen kritisch zu prüfen. Sofern kein Abzug für fiktive Instandhaltungsmaßnahmen enthalten ist, dürfte die Mieterhöhung zu hoch ausgefallen sein. Die Miete wäre zu reduzieren und zuviel gezahlte Miete vom Vermieter zurückzuzahlen.

Für die Rückzahlung kommt jedenfalls der unverjährte Zeitraum in Betracht. Bei Zugrundelegung der Regelverjährung von drei Jahren (§ 195 BGB) wären im Jahr 2020 bis einschließlich 2017 geleistete Zuvielzahlungen noch nicht verjährt.

Vorsicht: Wer sich als Mieter mit dem Vermieter nicht einigt, sollte vorsichtshalber die ungekürzte Miete zahlen und im Hinblick auf die Zuvielzahlung einen Vorbehalt erklären. Vor einer Kündigung aufgrund säumiger Miete schützt aber auch das nicht, da die Zahlung unter Vorbehalt keine Erfüllung ist (§ 362 BGB). Wenn sich später herausstellen sollte, dass die Mieterhöhung nicht zu beanstanden ist, kann sich ein zur Kündigung berechtigender Mietrückstand ansammeln. Das ist riskant.
Als sicherster Weg verbleibt damit nur die gerichtliche Klärung im Wege der Zahlungsklage (gerichtet auf Rückzahlung) und der Feststellung (gerichtet darauf festzustellen, dass die Miete niedriger ist).

BGH, Urteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19

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