Weiterbildung im Arbeitsverhältnis – Unwirksame Rückzahlungsvereinbarung (LArbG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.08.2019 – 3 Sa 67/19)

Bei einer Fort- und Weiterbildungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist die Rückzahlungsvereinbarung unwirksam, wenn sie erst nach Beginn der Weiterbildung geschlossen wird. In diesem Fall müssen die vom Arbeitgeber übernommenen Weiterbildungskosten vom Arbeitnehmer nicht zurückgezahlt werden. Dies geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LArbG Schleswig-Holstein) vom 21.08.2019 hervor (3 Sa 67/19).

Berufliche Weiterbildung während des Arbeitsverhältnisses

Berufliche Weiterbildungen während des Arbeitsverhältnisses sind keine Seltenheit. Häufig führen solche Weiterbildungen zu einer besseren Qualifizierung des Mitarbeiters. Manchmal führt die Weiterbildung sogar zu einem höherwertigen Berufsabschluss, von dem der Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses profitiert.

Übernahme der Kosten durch Arbeitgeber

In diesem Fall erscheint es gerecht, dass die zunächst vom Arbeitgeber übernommenen Kosten für die Weiterbildung vom Arbeitnehmer an diesen zurückgezahlt werden müssen, wenn das Arbeitsverhältnis endet.

Wirksame vertragliche Vereinbarung

Eine solche Rückzahlungsverpflichtung setzt jedoch eine wirksame vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber voraus. Insbesondere muss eine solche Vereinbarung vor Beginn der Weiterbildung geschlossen werden, anderenfalls ist sie unwirksam.

Mit der Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung hatte sich das LArbG Schleswig-Holstein zu beschäftigen.

Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Die Kläger des Rechtsstreits sind Partner einer Steuerberatungsgesellschaft. Dort war die Beklagte fast zehn Jahre zunächst als Steuerfachangestellte beschäftigt. Während dieser Zeit hatte die Beklagte eine Ausbildung zur Steuerfachwirtin gemacht und bestanden. Die Kosten hierfür haben die Kläger getragen und auch nicht von der Beklagten zurückgefordert.

Gespräche über Übernahme der Kursgebühren

Anschließend entschloss sich die Beklagte auch noch ihren Abschluss als Steuerberater zu machen. In Vorbereitung darauf wollte die Beklagte Kurse bei einem privaten Anbieter wahrnehmen. Sie teilte dies einem Partner der Steuerberatungsgesellschaft mit und führte mit diesem mehrere Gespräche zur Übernahme der Kursgebühren. Der genaue Inhalt der Gespräche ist streitig.

Verbleib im Unternehmen auch nach Abschluss der Weiterbildung

Unstreitig ist aber, dass die Kläger die Beklagte als Fachkraft behalten wollten und auch die Rechnungen des Schulungsinstituts bezahlen wollten. Darüber hinaus erfolgte der Hinweis, dass die Beklagte aber nach bestandener Prüfung bitte nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden solle. Eine explizite Rückzahlungsvereinbarung für den Fall, dass die Beklagte doch ausscheiden sollte, wurde nicht getroffen.

Bezahlung der Rechnungen durch Arbeitgeber

Die Beklagte besuchte nun den gebuchten Lehrgang, der sich insgesamt auf einen Zeitraum von fast zwei Jahren erstreckte. Die Rechnungen hierfür waren zwar auf die Beklagte ausgestellt, wurden aber direkt von den Klägern bezahlt. Insgesamt zahlten die Kläger für die Fortbildung der Beklagten 8.600,- €. Nach Abschluss des Lehrgangs fand die Prüfung statt, die die Beklagte jedoch nicht bestanden.

Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Rückforderung der Weiterbildungskosten

Dann kam es, wie es kommen musste, die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderten die Kläger von der Beklagten die gezahlten Lehrgangskosten in Höhe von 8.600,- € zurück. Vorsorglich sprachen die Kläger darüber hinaus die Kündigung des Darlehens aus. Die Beklagte weigerte sich jedoch, die von den Klägern gezahlten Lehrgangskosten zurückzuerstatten. Sie vertrat die Auffassung, dass eine Rückzahlungsvereinbarung nicht geschlossen wurde.

Prozessverlauf

Die Kläger erhoben daraufhin Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht, ohne Erfolg. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts bestand kein Rückzahlungsanspruch der Kläger. Diese vertraten jedoch weiterhin die Auffassung, dass die Beklagte die Lehrgangskosten zurückzahlen muss und legten Berufung beim LArbG Schleswig-Holstein ein.

Entscheidung des LArbG Schleswig-Holstein

Das LArbG Schleswig-Holstein entschied: Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Lehrgangskosten an die Kläger zurückzuzahlen! Es ist weder ein wirksamer Darlehensvertrag noch eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung getroffen worden, so das LArbG Schleswig-Holstein.

Beweislast beim Arbeitgeber

Das LArbG Schleswig-Holstein stellte in seinem Urteil grundsätzlich klar: Die Beweislast für einen Rückzahlungsanspruch tragen die Kläger. Dies gilt sowohl für einen etwaigen Rückzahlungsanspruch aufgrund eines Darlehensvertrages als auch für einen Anspruch aufgrund einer etwaigen mit der Beklagten geschlossenen Rückzahlungsvereinbarung.

Keine vertragliche Vereinbarung

Die Kläger konnten jedoch weder einen Darlehensvertrag noch eine Rückzahlungsklausel im Zusammenhang mit einer Weiterbildungsvereinbarung beweisen, so das LArbG Schleswig-Holstein.

Kein Darlehensvertrag

Ein Darlehensvertrag kam nach Auffassung des LArbG Schleswig-Holstein nicht zustande. Der Darlehensvertrag setzt voraus, dass sich der Darlehensgeber zur Auszahlung und der Darlehensnehmer zur Rückzahlung des Darlehensbetrages verpflichten. Unstreitig wurden bei den Gesprächen mit der Beklagten die Begriffe Darlehen und Rückzahlung nicht verwendet. Es wurden überhaupt keine Rückzahlungsmodalitäten mit der Beklagten besprochen.

Keine Vereinbarung über Rückzahlung des Darlehensbetrages

Da eine Einigung bzw. Vereinbarung über die Rückzahlung nicht getroffen wurde, fehlte es nach Auffassung des LArbG Schleswig-Holstein an einem Hauptbestandteil des Darlehensvertrages.

Fraglich, ob Darlehen überhaupt gewollt war

Hinzu kommt, dass bei einem Darlehensvertrag der Darlehensnehmer in jedem Fall das Darlehen zurückzahlen muss. Ob dies hier gewollt war, ist nach Auffassung des LArbG Schleswig-Holstein schon sehr fraglich. Denn die Kläger wollten die Beklagte in jedem Fall auch nach Abschluss des Lehrgangs behalten und äußerten gegenüber der Beklagten, dass diese nach erfolgreichem Abschluss bitte im Betrieb bleiben solle. Dass die Beklagte in jedem Fall die Lehrgangskosten zurückzahlen soll, war von den Klägern wohl gar nicht gewollt.

Fort- und Weiterbildungsvereinbarung

Ein Darlehensvertrag ist jedenfalls nicht zustande gekommen, so das LArbG Schleswig-Holstein. Das was die Beklagte mit dem Partner der Steuerberatungsgesellschaft besprochen hat, kann nach Auffassung des LArbG Schleswig-Holstein allenfalls eine Fort- und Weiterbildungsvereinbarung darstellen.

Keine Rückzahlungsvereinbarung

Es fehlt jedoch an einer wirksamen Vereinbarung zur Rückzahlung der Lehrgangskosten, so das LArbG. Hierfür waren die Kläger beweisbelastet. Eine Rückzahlungsvereinbarung konnten die Kläger nach Auffassung des Gerichts nicht beweisen.

Modalitäten sollten erst nachträglich besprochen werden

Die Kläger gaben an, dass die Modalitäten einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung erst nachträglich besprochen und unterzeichnet werden sollten. Allein dieser Sachverhalt führt zur Unwirksamkeit einer etwaigen Rückzahlungsvereinbarung, so das LArbG Schleswig-Holstein.

Rückzahlungsvereinbarung erst nach Beginn der Weiterbildung unwirksam

Denn wird eine Rückzahlungsvereinbarung erst nach Beginn der Weiterbildung geschlossen, führt allein dieser Umstand zur Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung. Hierauf weist das LArbG Schleswig-Holstein unter Hinweis auf bereits hierzu ergangene Rechtsprechung hin (LArbG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.05.2018, 2 Sa 215/17).

Verstoß gegen Transparenzgebot

In diesem Fall wird gegen das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB verstoßen, da der Arbeitnehmer bei Beginn der Weiterbildung nicht weiß, was an Rückzahlungspflichten später auf ihn zukommen wird, so das LArbG Schleswig-Holstein.

Verstoß führt zur Unwirksamkeit

Allein aufgrund dieses Verstoßes ist nach dem Urteil des LArbG Schleswig-Holstein eine etwaige Rückzahlungsvereinbarung mit der Beklagten unwirksam. Die Kläger können sich daher nicht auf eine vertragliche Rückzahlungsvereinbarung berufen.

Kein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers

Da die Kläger weder einen Darlehensvertrag noch eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung nachweisen konnten, bestand kein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte. Das LArbG Schleswig-Holstein bestätigte damit das zuvor ergangene Urteil des Arbeitsgerichts und wies die Berufung der Kläger zurück.

Lehrgangskosten müssen nicht zurückerstattet werden

Die Beklagte muss die Lehrgangskosten von 8.600,- € nicht an die Kläger zurückerstatten.

LArbG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.08.2019– 3 Sa 67/19

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