Verbot der Kopfbedeckung auf Personalausweisfoto (OVG HH, Beschl. v. 15.05.2018 – 5 So 72/17)

Für das Foto auf dem Personalausweis gilt grundsätzlich das Verbot der Kopfbedeckung. Eine religiös begründete Ausnahme im Einzelfall kommt nur dann in Betracht, wenn die Person glaubhaft und ernsthaft nach ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung stets eine Kopfbedeckung tragen muss. Dies ist nicht der Fall, wenn es an einer Ernsthaftigkeit fehlt, insbesondere das „Glaubensbekenntnis“ nichts anderes als eine satirische Religionsparodie darstellt. Eine solche Entscheidung traf das Hanseatische Oberverwaltungsgericht (OVG HH) in seinem Beschluss vom 15.05.2018 (5 So 72/17).

Der Fall:

Der Kläger ist Anhänger der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ und bekennt sich nach eigenem Vortrag zum „Glauben“ des „Pastafarianismus“. Die Anhänger des Pastafarianismus verehren Piraten als die eigentlichen Vorfahren des Menschen. So sei nach Auffassung dieser Anhänger die sinkende Zahl von Piraten im Laufe der vergangenen Jahrhunderte die wesentliche Ursache für die globale Erderwärmung. Dies sei unter anderem dadurch belegt, dass Somalia weltweit die höchste Piratendichte und zugleich niedrigste Kohlenstoffdioxid-Emission aufweise. Die „religiöse“ Kopfbedeckung der Pastafaris sei daher eine „piratige Kopfbedeckung wie Dreispitz, Tuch oder Kappe“ (anders als in Österreich, wo bei Pastafaris das Nudelsieb als Kopfbedeckung verbreitet sei). Der Kläger beantragte bei der Beklagten die Ausstellung eines Personalausweises und übergab der Beklagten hierfür Lichtbilder, auf denen der Kläger als Kopfbedeckung einen Dreispitz trägt. Eine Mitarbeiterin der Beklagten teilte dem Kläger zunächst formlos per E-Mail mit, dass sie die Passfotos mit dem Dreispitz auf dem Kopf des Klägers akzeptieren wolle. Anschließend erging jedoch ein förmlicher Bescheid der Beklagten, wonach diese es ablehnt, dem Kläger einen Personalausweis mit einem Lichtbild des Klägers mit einem Dreispitz auf seinem Kopf auszustellen. Die Beklagte begründete dies damit, dass der Kläger nicht nachgewiesen habe, aus religiösen Gründen eine Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit tragen zu müssen. Auch dass es sich bei dem „Pastafarianismus“ um eine Religion handele, habe der Kläger nicht nachgewiesen.

Der Kläger legte gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten Widerspruch ein. Das Widerspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Daraufhin erhob der Kläger Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, einen Personalausweis mit einem Lichtbild vom Kläger mit einem Dreispitz auf seinem Kopf auszustellen. Für dieses Verfahren beantragte der Kläger zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, da eine religiös bedingte Ausnahme vom Erfordernis der Verwendung eines Lichtbildes ohne Kopfbedeckung gemäß § 7 Absatz 3 Satz 4 PAuswV nicht vorliegen würde. Insbesondere handele es sich bei dem Bekenntnis des Klägers zur „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ nicht um ein Bekenntnis zu einer Religion oder Weltanschauung im Sinne des Artikel 4 Absatz 1 Grundgesetz, so das Verwaltungsgericht. Die „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ biete selbst keine ernst gemeinten Anschauungen an, sondern ahme „in verspottender Weise die von anderen Religionen oder Weltanschauungen angebotenen Aussagen“ nach. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts begründe der „Pastafarianismus“ kein religiös oder weltanschaulich motiviertes Gebot, eine Kopfbedeckung zu tragen. Da die E-Mail der Mitarbeiterin der Beklagten nicht die erforderliche Schriftform hatte, lag auch keine verbindliche Zusicherung vor, auf die der Kläger sich hätte berufen können. Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe lehnte das Verwaltungsgericht daher mit Beschluss ab.

Der Kläger legte gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichtes Beschwerde beim OVG HH ein.

Die Entscheidung:

Das OVG HH wies die Beschwerde des Klägers zurück. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt, da die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat, so das OVG HH.

Nach Auffassung des OVG HH komme eine Ausnahme vom Gebot des kopfbedeckungsfreien Ausweisbildes nur in Betracht, wenn Personen „glaubhaft und ernsthaft nach ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung stets eine Kopfbedeckung tragen müssen“, § 7 Absatz 4 Satz 1 und 4 PAuswV. Diesen Personen soll ein innerer Konflikt wegen eines Verstoßes gegen dieses Gebot erspart bleiben. Das OVG HH weist darauf hin, dass bei den Anhängern des „Pastafarianismus“ bzw. der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ eine solche Ernsthaftigkeit nicht vorliegt. Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem dortigen „Glaubensbekenntnis“ um nichts anderes als eine „satirische Religionsparodie“. Insbesondere ist nach den eigenen Regelungen der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ das Tragen einer Piratenkopfbedeckung nicht als striktes Gebot aufgestellt. So heißt es unter anderem in der Satzung, dass die Mitglieder „ihre Zugehörigkeit zum Pastafaritum … zu erkennen geben“ sollen, dies auch nur dann, wenn sie „durch dieses öffentliche Bekenntnis“ keinerlei Nachteile befürchten. Auch aus den „Zentralen Glaubensinhalten“ ergibt sich kein striktes Gebot des Tragens einer Piratenkopfbedeckung, so das OVG HH. Hinzu kommt, dass „auch die Perspektive aller Mitglieder und Anhänger für das Jenseits („Biervulkan und Stripperfabrik“)“ nicht davon abhängt, Dogmen und Regeln zu beachten, so die Eigendarstellung der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“. Dies gilt dann wohl auch für das Nichttragen einer Piratenkopfbedeckung auf dem Foto des Personalausweises, so das OVG HH.

Im Hinblick auf die in der E-Mail erfolgte Zusage der Mitarbeiterin der Beklagten bestätigt das OVG HH die Auffassung des Verwaltungsgerichtes dahingehend, dass eine formwirksame verbindliche Zusicherung mit der E-Mail nicht vorliegt.

Da die begehrte Rechtsverfolgung des Klägers in Bezug auf das Lichtbild mit Piratenkopfbedeckung keine Aussicht auf Erfolg hat, hat das Verwaltungsgericht nach Auffassung des OVG HH zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das OVG HH wies daher die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers zurück.

OVG HH, Beschl. vom 15.05.2018 – 5 So 72/17

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