Zusammenstoß zweier Radfahrer – kein Schadensersatz ohne Nachweis eines Fehlverhaltens (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 06.12.2017 – 13 U 230/16)

Die Haftung nach einem Fahrradunfall führt häufig zu Streit, besonders dann, wenn der Unfall gesundheitliche Folgen nach sich zieht. Über einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt a.M.) zu entscheiden: Kann bei einem Zusammenstoß zweier Radfahrer nicht ermittelt werden, auf wessen Fehlverhalten der Zusammenstoß zurückzuführen ist, steht dem verletzten Radfahrer kein Schadensersatzanspruch zu. Dies gilt selbst dann, wenn der andere beteiligte Radfahrer nach dem Unfall einräumte „dass er wohl sehr weit links gefahren sei …“. So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main auf die Berufung des Beklagten mit seinem Urteil vom 06.12.2017 (13 U 230/16). Zuvor hatte das Landgericht in erster Instanz dem Kläger und zugleich verletzten Radfahrer Schadenersatzansprüche zugesprochen und den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Die Beteiligten waren in einer Unterführung, aus entgegen gesetzten Richtungen kommend, kollidiert. Der Kläger erlitt bei dem Fahrradunfall Verletzungen und verklagte den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. In erster Instanz bekam der Kläger Recht. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der Beklagte den Unfall aufgrund seines Fehlverhaltens verursacht hat, dies aufgrund der vom Kläger vorgetragenen Aussage des Beklagten am Folgetag des Unfalls „dass er wohl sehr weit links gefahren sei“. Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Beklagte Berufung ein, woraufhin das OLG Frankfurt am Main das Urteil des Landgerichts aufhob und die Klage abwies. Das OLG wies die Klage ab, da der Kläger ein Fehlverhalten des Beklagten nicht beweisen konnte. Insbesondere die Aussage des Beklagten am Folgetag des Unfalls „dass er wohl sehr weit links gefahren sei“ lässt nicht den Schluss zu, dass der Beklagte tatsächlich auf die Gegenspur gelangt sei. Dies konnte vom Kläger eben nicht bewiesen werden. Die Aussage des Beklagten ist zu unspezifisch. Der Kläger trägt für den von ihm geltend gemachten Anspruch, hier kommt allein § 823 Absatz 1 BGB in Betracht, die Beweislast für ein Fehlverhalten des Beklagten in Bezug auf den Zusammenstoß der Beteiligten. Ein solches Fehlverhalten konnte der Kläger jedoch nicht beweisen. Ihm blieb lediglich die Aussage des Beklagten vom Folgetag des Unfalls, die jedoch zu unspezifisch ist. Da die Aussage des Beklagten „dass er wohl sehr weit links gefahren sei“ nach Auffassung des OLG nicht den Schluss zulässt, dass der Beklagte tatsächlich auch auf die Gegenspur gelangt sei, konnte ein Fehlverhalten des Beklagten vom Kläger nicht nachgewiesen werden. Weitere Beweismittel standen nicht zur Verfügung. Zu einem anderen Ergebnis könne man nach Auffassung des OLGs nur kommen, wenn für den Zusammenstoß kein anderer Ablauf denkbar wäre, als ein Geschehensablauf mit einem zumindest anteiligen Verschuldensanteil des Beklagten. Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Denkbar ist nach Auffassung des OLGs ein Geschehensablauf ohne (Mit-)Verschuldensanteil des Beklagten. Möglich ist, dass der Beklagte, wenngleich sehr weit links, auf seiner Fahrspur geblieben ist und der Kläger selbst den Unfall zumindest mitverschuldet hat, etwa weil er selbst seine Fahrspur verlassen hat und (dies ist unstreitig) ohne Licht fuhr und so schlecht wahrgenommen werden konnte. Da also der Kläger einen Verschuldensanteil des Beklagten nicht beweisen konnte und ein Geschehensablauf ohne (Mit-)Verschuldensanteil des Beklagten denkbar ist, war die Klage gegen den Beklagten nach Auffassung des OLG abzuweisen. Die Berufung des Beklagten hatte somit Erfolg.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 06.12.2017 – 13 U 230/16

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