Das Landesverfassungsgericht M-V verhandelt über eine Verfassungsbeschwerde eines Beamten, der sich gegen eine Ungleichbehandlung wendet (LVerfG Greifswald, T. v. 20.07.2017). Gegenstand der Beschwerde ist ausgerechnet das Gesetz zur Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst. Der Kläger beanstandet, dass die Wahl einer Gleichstellungsbeauftragten nur durch weibliche Beschäftigte erfolgt und eine Kandidatur für männliche Beschäftigte ausgeschlossen ist.
In puncto Frauenförderung: geringe Erfolgsaussichten
Das Anliegen des Klägers ist auf den ersten Blick plausibel. Denn es liegt tatsächlich eine Ungleichbehandlung vor. Die Verfassungsbeschwerde hat indessen, soweit es um die Frauenförderung geht, keine guten Erfolgsaussichten, denn eine Ungleichbehandlung ist nicht automatisch rechtswidrig. Vielmehr besagt der Gleichheitssatz (Art. 3 GG), dass Gleiches gleich zu behandeln ist. Eine Gleichbehandlung von Ungleichem kann aber nicht gefordert werden. Freilich handelt es sich sowohl bei Männern als auch bei Frauen um „Beschäftigte“. Allerdings ist die weitergehende Unterscheidung zwischen Männern und Frauen gerade vor dem Hintergrund der Schaffung gleichwertiger Verhältnisse notwendig. Eine solche Differenzierung ist zudem ein Auftrag mit Verfassungsrang, denn der Staat hat auf die Beseitigung von Nachteilen von Verfassungs wegen hinzuwirken (Art. 3 Absatz 2 Satz 2 GG). Diese Maßgabe ist auch in der Landesverfassung M-V verankert (Art. 13 Verfassung M-V). Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob die für die Gleichstellungsbeauftragte geltende geschlechtsspezifische Beschränkung auf Frauen in einem männerdominierten Umfeld ein unzulässiges Differenzierungskriterum ist. Die Antwort ist nein, denn es drängt sich nahezu auf, dass die Beseitigung der Nachteile für Frauen am besten durch Frauen selbst gelöst werden können und dass das notwendige Aufbrechen der Männerdominanz nur dann Erfolg versprechend ist, wenn Frauen in verantwortliche Positionen gebracht werden. Kritiker wenden ein, dass diese Bevorzugung von Vorurteilen geleitet ist und dass Männer ebenso für Gleichstellung sorgen können. Vielleicht gelingt das Männern sogar besser, da sie sich nicht in einem geschlechtlichen Konkurrenzverhältnis befinden. Rechtlich ist die Entscheidung für die Bevorzugung der Frauen daher keineswegs zwingend. Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung ist indessen nicht zu fragen, wer Recht hat und welcher der beste Weg ist, sondern es ist zu fragen, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten hat. Bei der Bevorzugung von Frauen im Sinne der Frauenförderung hat er dies wohl nicht, denn die Ungleichbehandlung erfolgt nicht willkürlich, sondern aufgrund sachlicher Gründe.
Aktives und passives Frauenwahlrecht für Männerförderung?
Das Gesetz bezweckt aber nicht allein die Förderung der Frauen, sondern hat mit dem Gleichstellungsreformgesetz explizit auch die Herstellung gleichwertiger Verhältnisse in Bereichen in den Blick genommen, in denen Männer unterrepräsentiert sind (GVOBl. M-V 2016, S. 550). Vor diesem Hintergrund ist das auf Frauen beschränkte aktive und passive Wahlrecht zu hinterfragen, denn es leuchtet nicht ein, warum Frauen eine Frau wählen sollen, wenn es um die Beseitigung von Nachteilen für Männer geht. Der Ansatz, Nachteile geschlechtsunspezifisch, also für Männer und Frauen gleichermaßen, zu beseitigen ist zu befürworten. Das geschlechtsspezifische Wahlrecht kann bei einem so gestalteten Gesetzeszweck aber nicht erhalten bleiben, denn selbstverständlich können die in bestimmten Bereichen unterrepräsentierten Männer, in deren Sinne eine Beseitigung von Nachteilen erfolgen soll, verlangen, daran mitzuwirken. Dass dies ausschließlich durch Frauen erfolgen soll, ist im Sinne von Art. 3 GG und Art. 13 Verfassung M-V kein sachlich gerechtfertigtes Differenzierungskriterium. An dieser Stelle hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten, denn er hat Art. 3 GG und Art. 13 Verfassung M-V verletzt. Insoweit wird die Verfassungsbeschwerde voraussichtlich Erfolg haben.
Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im
öffentlichen Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern
(Gleichstellungsgesetz – GlG M-V)
vom 11. Juli 2016, GVOBl. M-V 2016, S. 550