Nach Auffassung des Amtsgerichts Ludwigshafen (3c IK 115/22) kann ein Rechtsanwalt nicht als Bote auftreten. Ein Anwalt hatte bei Gericht einen Verbraucherinsolvenzantrag in Papierform eingereicht und mitgeteilt, dass er diesen als „Bote“ für seinen Mandanten einreiche. Offenkundig wollte der Anwalt dadurch die Benutzung des beA vermeiden.
beA-Nutzungspflicht für Anwälte
Das Amtsgericht Ludwigshafen hat entschieden, dass der Antrag unwirksam ist, weil er nicht in der gesetzlich bestimmten Weise eingereicht worden sei. Die Entscheidung überrascht, denn ein Bote gibt keine eigene Erklärung ab, sondern überbringt lediglich die Erklärung eines anderen, hier des Mandanten. Und da der Mandant nicht der beA-Nutzungspflicht unterliegt, müsste der Antrag in Papierform eigentlich ausreichen. Das Amtsgericht wollte dem Anwalt diesen Trick aber nicht durchgehen lassen. Es hat entschieden, dass die beA-Nutzungspflicht nach § 130d ZPO statusbezogen sei und nicht an die funktionale Rolle im Verfahren anknüpft. Der Anwalt könne sich, so heißt es in der Entscheidung, nicht durch einen Rollenwechsel der beA-Nutzungspflicht entziehen.
Hintergrund
Die Entscheidung hält einer kritischen Prüfung nicht stand. Es trifft zwar zu, dass Anwälte zur Nutzung des beA verpflichtet sind und dass Anträge – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht in Papierform eingereicht werden können. Die Rechtsauffassung, ein Anwalt könne nicht als Bote auftreten, ist rechtlich nicht nachvollziehbar. Anders als das Amtsgericht Ludwigshafen meint, ergibt sich das auch keineswegs aus § 130d ZPO.
Die Argumentation mit dem Rollenwechsel ist fehlerhaft. Denn die Rolle des „Boten“ ist dem Prozessrecht fremd. Dementsprechend kann es sich nicht um einen verfahrensrelevanten Umstand handeln, wenn jemand als Bote auftritt. Der Bote überbringt lediglich die Willenserklärung eines Anderen. Ob die Willenserklärung des Anderen den Anforderungen genügt, ist eine andere Frage, mit der sich das Amtsgericht nicht befasst hat.
Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts würde außerdem zu dem grotesken Ergebnis führen, dass anhand von Schriftstücken, die sich im Gerichtsbriefkasten befinden und von Nichtanwälten stammen, nicht feststellbar wäre, ob diese formgerecht eingereicht worden sind. Wenn ein Anwalt den Brief eingeworfen hätte, wäre das nicht der Fall.
AG Ludwigshafen, Beschluss vom 26.04.2022 – 3c IK 115/22