Sind die Eltern getrennt, wird das so genannte Wechselmodell nur dann angeordnet, wenn es dem Wohl des Kindes dient. Voraussetzung hierfür ist in jedem Fall die Fähigkeit der Eltern, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Ist dies wegen des Konflikts im Zusammenhang mit der Trennung (noch) nicht gewährleistet, scheidet das klassische Wechselmodell aus. So geht es aus einem Beschluss des OLG Dresden vom 07.06.2021 hervor (21 UF 153/21).
Streit ums Sorgerecht
Leben die Eltern getrennt, gehen die Streitigkeiten oft erst richtig los. Die ohnehin schon zerstrittenen Eltern streiten nun darüber, wer die Kinder wann und wie lange sehen darf. Dies endet häufig in einem Sorgerechtsstreit vor Gericht.
Antrag auf Anordnung des Wechselmodells
Das OLG Dresden hatte in einem aktuellen Fall über den Antrag eines Vaters zu entscheiden, der sich für den Umgang mit einem seiner Kinder das klassische Wechselmodell wünschte.
Die noch verheirateten aber getrennt lebenden Eltern haben zwei Kinder. Der Sohn wurde im Jahr 2014 und die Tochter im Jahr 2017 geboren. Die Kinder leben hauptsächlich bei der Mutter.
Die Eltern sind noch sehr zerstritten, so dass eine normale Kommunikation kaum möglich ist. Der Vater wünschte sich nun, seinen Sohn regelmäßig im so genannten Wechselmodell sehen zu können. Der Umgang sollte wochenweise im Wechsel zwischen Mutter und Vater ausgeübt werden. Die Mutter lehnte dies kategorisch ab.
Familiengericht regelt Umgang
Daraufhin stellte der Vater einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht. Das Familiengericht wies den Antrag zurück und regelte den Umgang mit den beiden Kindern dahingehend, dass beide jeweils ein paar Tage in der Woche beim Vater wohnen. Der Sohn sollte häufiger als die Tochter beim Vater übernachten. Begründet wurde dies mit dem höheren Alter des Sohnes. Die Tochter war jünger und hatte eine ausgeprägte enge Bindung zur Mutter.
Beschwerde des Vaters
Der Vater war mit der Regelung nicht einverstanden und verlangte weiterhin, seinen Sohn im Wechselmodell wöchentlich bei sich haben zu dürfen. Er legte Beschwerde ein und der Fall landete beim OLG Dresden.
Wechselmodell nur wenn es dem Kindeswohl dient
Das OLG Dresden entschied nun, dass ein Anspruch auf Anordnung des Wechselmodells nicht besteht. In dem Urteil stellt das OLG klar, dass das Wechselmodell nicht darauf abzielt, Erwartungen, Wünsche und Rechte der Eltern zu regeln. Vielmehr geht es allein um das Wohl des Kindes. Nur wenn das Wechselmodell dem Wohl des Kindes dient, darf es angeordnet werden, so das OLG Dresden.
Und das war hier nach Auffassung des OLG nicht der Fall.
BGH-Urteil zum Wechselmodell
Das OLG Dresden weist in seinem Urteil auf die vom Bundesgerichtshof in einem früheren Verfahren aufgestellten Grundsätze hin. Hiernach setzt die Kindeswohldienlichkeit bei dem paritätischen Wechselmodell ähnlich wie auch bei der gemeinsamen Sorge die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus. Denn bei der geteilten Betreuung ergibt sich ein erhöhter Abstimmungsbedarf. Dieser setzt voraus, dass die Eltern miteinander kooperieren und kommunizieren, so das Gericht.
Kein Wechselmodell bei Streit der Eltern
Ist das nicht oder nur eingeschränkt möglich, weil die Eltern zerstritten sind, kann ein Wechselmodell nicht praktiziert werden. Es ist dann nicht mehr dem Kindeswohl dienlich. So geht es aus dem Urteil des OLG Dresden hervor.
Kommunikation stark eingeschränkt
In dem hier entschiedenen Fall räumten die Eltern selbst ein, dass die elterliche Kommunikation stark eingeschränkt ist. Die Eltern sind noch so in ihren Paarkonflikt verstrickt, dass dies erhebliche Auswirkungen auf ihre Kommunikationsfähigkeit hat.
Wegen der stark eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit der Eltern geht das OLG Dresden davon aus, dass das vom Vater beantragte Wechselmodell nicht dem Kindeswohl dient.
Was wollen die Kinder?
Hinzu kam, dass die Kinder selbst in einer Anhörung sagten, dass alles so bleiben soll, wie es ist. Es entspricht somit dem Wunsch der Kinder, dass es bei der bisherigen tageweisen Umgangsregelung bleiben soll. Insbesondere bei der verhaltensauffälligen Tochter sind stabile Verhältnisse und Kontinuität besonders wichtig, so das Gericht.
Es bleibt bei der bisherigen Umgangsregelung
Aus den oben genannten Gründen würde die Anordnung des beantragten Wechselmodells nach Auffassung des Gerichts nicht dem Kindeswohl dienen. Das Gericht bestätigte die vom Familiengericht angeordnete tageweise Umgangsregelung und ergänzte diese noch um zusätzliche Regelungen zu den Ferien.
Das vom Vater gewünschte Wechselmodel kommt jedoch gegenwärtig nicht in Betracht, so das OLG Dresden. Sollte sich die Kooperationsbereitschaft der Eltern erheblich verbessern, kommt eventuell zu einem späteren Zeitpunkt das Wechselmodell in Betracht.
OLG Dresden, Beschluss vom 07.06.2021 – 21 UF 153/21