Verlangt ein Ehegatte die Überlassung der Ehewohnung, muss er seinen Anspruch innerhalb von einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung geltend machen. Diese Jahresfrist gilt auch für solche Fälle, in denen der andere Ehegatte Alleineigentümer der Wohnung ist. So geht es aus einem aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10.03.2021 hervor (XII ZB 243/20).
Zwar ist die in § 1568 a BGB geregelte Jahresfrist dem Wortlaut nach nur auf den Eintritt oder die Begründung eines Mietverhältnisses anwendbar. Aber nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs gilt die Jahresfrist auch für die Überlassung der Ehewohnung, wenn der andere Ehegatte Alleineigentümer ist. Dies stellt der BGH in seiner Entscheidung klar.
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um zwei Ehegatten, deren Ehe im Jahr 2015 rechtskräftig geschieden wurde. Während der Ehe lebten beide Ehegatten gemeinsam in der Wohnung. Es handelte sich um die Ehewohnung.
Ehemann ist Eigentümer der Wohnung
Allerdings war nur der Ehemann Alleineigentümer der Wohnung. Die Frau besaß im selben Haus ebenfalls eine Wohnung, die sie im Jahr 2016 unentgeltlich einem ihrer Söhne übertrug.
Ehefrau bleibt in Wohnung
Nach der Scheidung bewohnte die Frau die Ehewohnung allein. Sie zahlte jedoch weder Miete noch Nutzungsentschädigung. Und auch für die verbrauchsabhängigen Kosten kam die Frau nicht auf.
Der Mann war hiermit überhaupt nicht einverstanden. Schließlich war er Eigentümer der Wohnung. Er stützte sich auf den Herausgabeanspruch des Eigentümers nach § 985 BGB und verlangte von seiner Exfrau die Räumung der Wohnung.
Klage auf Räumung
Das zuständige Amtsgericht gab dem Mann Recht und verurteilte die Frau zur Räumung der Wohnung. Hiergegen legte die Frau Beschwerde beim Oberlandesgericht ein, jedoch ohne Erfolg. Und auch der BGH bestätigte nun einen Räumungsanspruch des Mannes nach § 985 BGB.
In dem Beschluss des BGH heißt es, dass der Anspruch nach § 985 BGB dann nicht durchsetzbar ist, wenn ein Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung nach Scheidung besteht. Dieser Anspruch könnte sich aus § 1568 a BGB ergeben.
Allerdings regelt § 1568 a BGB in Absatz 6 auch, dass der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf Begründung eines Mietverhältnisses ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung erlischt, wenn er nicht zuvor geltend gemacht wurde.
Anspruch auf Überlassung der Wohnung muss innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden
Dem Wortlaut nach bezieht sich die Jahresfrist nur auf Ansprüche im Hinblick auf ein Mietverhältnis. Der BGH stellt nun in seiner Entscheidung klar, dass die Jahresfrist auch für Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung gilt, wenn der andere Ehegatte Alleineigentümer ist.
Nach Auffassung des BGH muss dies aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit so sein. Auch Belange des Kindeswohl stehen dem nicht entgegen, so der BGH. Denn der Zeitraum von einem Jahr ist nach Auffassung des BGH auf jeden Fall ausreichend, um eine Wohnungsüberlassung zu beantragen.
In dem hier entschiedenen Rechtsstreit war die Jahresfrist längst abgelaufen. Die Frau hat etwaige Ansprüche auf Wohnungsüberlassung nicht geltend gemacht. Sie bewohnte lediglich die Ehewohnung allein weiter. Hierzu war sie jedoch nicht berechtigt, denn eine etwaige Vereinbarung, nach der der Frau ein Besitzrecht zustehen könnte, gab es nicht.
Da die Jahresfrist abgelaufen war, konnte sich der Mann mit Erfolg auf § 985 BGB berufen. Die Frau war zur Räumung der ehemaligen Ehewohnung verpflichtet.
Die Rechtsbeschwerde der Frau wies der BGH zurück.
BGH, Beschluss vom 10.03.2021 – XII ZB 243/20