Bewertung einer Klausur bei Täuschungsversuch (VG Koblenz, Urt. V. 15.10.2020 – 4 K 116/20.KO)

Das Verwaltungsgericht Koblenz (VG Koblenz) hatte sich in einem aktuellen Fall mit der Bewertung der Klausur eines Studenten zu befassen. Dieser schrieb im Rahmen seines Bachelorstudienganges eine Klausur, die wegen eines angeblichen Täuschungsversuchs mit „nicht ausreichend“ bewertet wurde. Hiergegen hatte der Student geklagt und gewonnen!

Täuschungsversuch, wenn Handy klingelt

In dem Rechtsstreit nahm der Student im Juni 2019 an einer Klausur teil. Vor Beginn der Bearbeitungszeit hatte die Aufsichtsperson alle Studenten über die Regeln während der Klausurbearbeitung belehrt. So erfolgte auch der Hinweis, dass im Falle des Klingelns eines Handys dies als Täuschungsversuch gewertet wird.

Der Student hatte sein Handy vor Beginn der Bearbeitung in den Flugmodus versetzt. Das Handy verstaute er in seiner Tasche ca. 40 m von seinem Arbeitsplatz entfernt. Leider hatte der Student vergessen, dass der Wecker, wegen eines Termins am Vortag, zu 10.00 Uhr gestellt war. Es kam wie es kommen musste: Der Wecker des Handys klingelte um 10.00 Uhr, während der Bearbeitungszeit.

Darauf hin verwies die Aufsichtsperson den Studenten aus dem Klausursaal. Die Klausur wurde wegen einer Täuschungshandlung, so stand es im Bescheid, mit „nicht ausreichend“ bewertet.

Der Student war hiermit überhaupt nicht einverstanden und legte Widerspruch ein, ohne Erfolg. Darauf hin erhob der Student Klage vor dem VG Koblenz und bekam Recht!

Entscheidung des VG Koblenz

Das VG Koblenz stellte klar, dass nach dem Wortlaut der einschlägigen Prüfungsordnung kein Täuschungsversuch gegeben war. So heißt es in der Prüfungsordnung unter anderem:

„Elektronische Sende- und Empfangsgeräte dürfen nur in ausgeschaltetem Zustand in den Prüfungsraum gebracht werden. Eine Mitnahme solcher Geräte an den Arbeitsplatz ist untersagt und gilt als Täuschungsversuch mit der Rechtsfolge, dass die betreffende Prüfungsleistung mit der Note ‚nicht bestanden‘ bewertet wird“.

Hiernach wird also nur dann ein Täuschungsversuch angenommen, wenn eine Mitnahme des Gerätes an den Arbeitsplatz erfolgt ist, so das Gericht. Dies war jedoch unstreitig nicht der Fall. Das Handy befand sich während der Bearbeitung ca. 40 m vom Arbeitsplatz entfernt in der Tasche des Studenten.

Wenn auch die Tatsache, dass das Handy nicht ausgeschaltet, sondern nur im Flugmodus war, wie ein Täuschungsversuch zu werten wäre, hätte das klar in der Prüfungsordnung geregelt sein müssen. Dies stellt das VG Koblenz in seinem Urteil klar. Unklarheiten über die Auslegung gehen nach Auffassung des VG Koblenz damit zu Lasten der Beklagten.

Rechtsprechung des BVerwG

Das VG Koblenz weist in diesem Zusammenhang auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hin. Hiernach unterliegen Sanktionsnormen bei berufsbezogenen Prüfungen strengen Anforderungen in Bezug auf ihre Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit.

Insbesondere müssen sowohl das zu sanktionierende Verhalten als auch die an dieses geknüpfte Sanktionsfolge so klar ersichtlich sein, dass jeder Prüfling sein Verhalten danach ausrichten kann, so das BVerwG.

Das VG Koblenz weist darauf hin, dass die Tatsache, dass das Handy nicht ausgeschaltet ist, in der Prüfungsordnung eben nicht klar an eine Sanktionsfolge geknüpft ist. Dies geht zu Lasten der Beklagten. Mit dem Nichtausschalten des Handys liegt nach Auffassung des VG Koblenz daher kein Täuschungsversuch vor.

Der Bescheid der Beklagten, in dem die Klausur des Studenten wegen einer Täuschungshandlung als „nicht ausreichend“ bewertet wurde, ist somit rechtswidrig. Das VG Koblenz hob den Bescheid aus diesem Grund auf.

VG Koblenz, Urteil vom 15.10.2020 – 4 K 116/20.KO

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