Kein BAföG im hohen Alter (OVG Hamburg, Urt. v. 23.06.2020 – 4 Bf 173/16)

Ein Anspruch auf BAföG besteht nicht, wenn die Ausbildung in einem so hohen Alter begonnen wird, dass sie erst nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen sein wird.

Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des BAföG. Die jugendpolitische Zielsetzung des Gesetzes führt jedoch dazu, dass eine förderungsfähige Ausbildung ab einem gewissen Alter nicht mehr angenommen werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auszubildende sich bei Abschluss der Ausbildung bereits im Rentenalter befindet. Dieses Urteil fällte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG Hamburg) am 23.06.2020 (4 Bf 173/16).

Altersgrenze nach BAföG

Das Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sieht eine Altersobergrenze lediglich in § 10 Absatz 3 BAföG vor. Hiernach beträgt die Altersgrenze 30 Jahre bzw. 35 Jahre bei Aufbaustudiengängen nach § 7 Absatz 1a BAföG.

Diese Altersgrenzen gelten nach § 10 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BAföG jedoch dann nicht, wenn der Auszubildende den Zugang für die zu fördernde Ausbildung zum Beispiel an einem Abendgymnasium erworben hat. Ob in diesem Fall auch eine Altersgrenze gilt, ist höchstrichterlich nicht geklärt.

BVerwG zur Altersgrenze

Das Gesetz selbst sieht für solche Fälle keine Altersgrenze vor. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte sich im Jahr 1985 in drei Entscheidungen mit dieser Frage befasst, diese aber offen gelassen.

Allerdings hat das BVerwG damals bereits darauf hingewiesen, dass Ausbildungsförderung dann ausnahmsweise nicht mehr zu leisten sein könnte, wenn der Betreffende die Ausbildung so spät beginnt, dass eine Erwerbstätigkeit nach dem Abschluss der Ausbildung praktisch ausgeschlossen sei.

Entscheidung des OVG Hamburg

Das OVG Hamburg bezieht sich in seinem aktuellen Urteil auf die Ausführungen des BVerwG und auf eine Entscheidung des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2001 (Beschluss vom 30.01.2001- 3 EO 862/00). Das Thüringische OVG vertrat die Auffassung, dass hinter den Ausführungen des BVerwG  eine tragende rechtliche Überlegung stehe. Nämlich dass nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht mehr von einer berufsbildenden Ausbildung gesprochen werden kann, wenn diese kurz vor dem Ruhestand aufgenommen wird.

Keine förderungsfähige Ausbildung nach § 7 BAföG

Dieser Auffassung folgt auch das OVG Hamburg und weist in seinem aktuellen Urteil auf die jugendpolitische Zielsetzung des BAföG hin. Aus diesem Grund kann bei der Aufnahme einer Ausbildung, die erst im Rentenalter abgeschlossen werden kann, nicht mehr von einer förderungsfähigen Ausbildung im Sinne von § 7 Absatz 1 BAföG gesprochen werden.

Eine nach § 7 Absatz 1 BAföG förderungsfähige berufsbildende Ausbildung dient dem Zugang zu einer Beschäftigung im Arbeitsleben, so das OVG Hamburg. Und das Arbeitsleben endet nach Auffassung des OVG Hamburg typischerweise mit dem Eintritt in den Ruhestand. Das OVG Hamburg weist darauf hin, dass das Arbeitsleben hier nicht an die subjektiven Bedürfnisse des Einzelnen anknüpft. Vielmehr knüpft es an den „gesellschaftlichen Rahmen der Arbeitsphase des menschlichen Lebens“ an, welche mit dem Eintritt in das Rentenalter regelmäßig endet.

Aus diesem Grund kann von einer förderungsfähigen Ausbildung nicht mehr ausgegangen werden, wenn von vorneherein feststeht, „dass der Auszubildende nicht mehr am Arbeitsleben in diesem typisierenden Sinne teilnehmen wird“, so das OVG Hamburg.

Geklagt hatte ein Mann, der mehr als 40 Jahre nach seinem Hauptschulabschluss die Allgemeine Hochschulreife am Abendgymnasium nachholte. Im Alter von 65 Jahren begann er ein Studium und beantragte hierfür Ausbildungsförderung nach dem BAföG. Der Antrag wurde wegen des Alters des Mannes abgelehnt. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht hatte keinen Erfolg. Auf die Berufung des Mannes hatte nun das OVG Hamburg zu entscheiden.

Da auch das OVG Hamburg einen Anspruch auf BAföG ablehnte, wurde die Berufung zurückgewiesen.

Revision zum BVerwG zugelassen

Allerdings ließ das OVG Hamburg die Revision zum BVerwG ausdrücklich zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es bedarf der höchstrichterlichen Klärung, wie zu verfahren ist, wenn ein Auszubildender bei Abschluss der Ausbildung das Rentenalter erreicht haben wird. Insbesondere sollte geklärt werden, ob nach Auffassung des BVerwG in diesem Fall ein Anspruch auf Ausbildungsförderung ausscheidet. Eine Entscheidung des BVerwG hierzu bleibt abzuwarten.

OVG Hamburg, Urteil vom 23.06.2020 –  4 BF 173/16

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