Das Fahren ohne Fahrradhelm führt bei einem Sturz nicht zu einem Mitverschulden des verletzten Radfahrers. Dies gilt zumindest im Alltagsradverkehr. Ein entsprechendes Urteil fällte das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg) am 28.08.2020 (13 U 1187/20) und knüpfte damit an ein im Jahr 2014 ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) an.
Geklagt hatte eine Radfahrerin, die mit ihrem Fahrrad geradeaus über eine Kreuzung fuhr. Einen Helm trug sie nicht. Die Beklagte befuhr mit einem PKW ebenfalls den Kreuzungsbereich und übersah beim Rechtsabbiegen die Radfahrerin.
Es kam zum Zusammenstoß, woraufhin die Radfahrerin stürzte und sich schwere Kopfverletzungen zuzog. Neben einer Fraktur und einer Platzwunde verlor die Radfahrerin ihren Geruchssinn. Auch der Geschmackssinn ist seitdem beeinträchtigt.
Klage auf Schmerzensgeld
Die Radfahrerin verlangte von der Fahrerin, dem Halter und der Versicherung Schmerzensgeld. Das Landgericht sprach ihr nur einen Teil des geltend gemachten Schmerzensgeldes zu. Die Radfahrerin legte Berufung ein und verlangte den gesamten geltend gemachten Betrag. Hierüber hatte nun das OLG Nürnberg zu entscheiden.
Das OLG Nürnberg sprach der Klägerin weitere 5.000,- € Schmerzensgeld zu, insgesamt damit 20.000,- €. In Höhe der restlichen 5.000,- € wies das Gericht die Berufung zurück.
In dem Urteil bezog das OLG Nürnberg unter anderem auch dazu Stellung, ob das Nichttragen eines Fahrradhelms zu einem Mitverschulden der Klägerin führte.
BGH: Kein Mitverschulden bei Nichttragen des Helms
Das OLG Nürnberg verwies dabei auf ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2014, in dem der BGH entschied, dass ein Mitverschulden grundsätzlich nicht dadurch begründet wird, dass ein Radfahrer keinen Helm trägt. Dies gilt noch immer, so das OLG Nürnberg.
Nach Auffassung des OLG Nürnberg besteht keine allgemeine Verkehrssauffassung dahingehend, dass es sich beim Radfahren um eine derart gefährliche Tätigkeit handelt, dass sich nur derjenige verkehrsgerecht verhält, der einen Helm trägt. Dies hat im Jahr 2014 der BGH klargestellt und dieser Grundsatz gilt noch heute, jedenfalls im Alltagsradverkehr, so das OLG Nürnberg in seiner Entscheidung.
Was die Höhe des Schmerzensgeldes anging, orientierte sich das OLG an Vergleichsfällen aus den einschlägigen Schmerzensgeldtabellen und sprach der Radfahrerin ein Schmerzensgeld von 20.000,- € zu.
OLG Nürnberg, Urteil vom 28.08.2020 – 13 U 1187/20