Teslafahrer muss Bußgeld zahlen, weil er den Scheibenwischer bedient hat (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.03.2020 – 1 Rb 36 Ss 832/19)

Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe dürfen Tesla-Fahrer während der Fahrt nicht den Scheibenwischer einstellen (OLG Karlsruhe – 1 Rb 36 Ss 832/19).

Das Amtsgericht Karlsruhe verurteilte einen Teslafahrer zu einem Bußgeld von 200 Euro und einem Monat Fahrverbot, weil er während der Fahrt auf dem Display seines Autos Einstellungen am Scheibenwischer vorgenommen hatte. Durch die Ablenkung kam der Tesla bei regennasser Fahrbahn von der Straße ab und stieß mit mehreren Bäumen zusammen.

Die Benutzung des Touchscreens sei als Bedienen eines elektronischen Geräts zu qualifizieren. Das sei nach § 23 Abs. 1a StVO verboten, so entschied es das Amtsgericht in erster Instanz.

Der Fahrer des Tesla wandte ein, dass es geregnet hat. Er haber lediglich den Wischintervall des Scheibenwischers einstellen wollen. Beim Tesla funktioniert das nur über den zentralen Touchscreen, bei dem ein Menü zur Einstellung des Scheibenwischers aufzurufen ist.

Der Einwand blieb ohne Erfolg. Das OLG Karlsruhe bestätigte die Verurteilung (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.03.2020 – 1 Rb 36 Ss 832/19).

Verbot elektronischer Geräte

Das Verbot der Benutzung elektronischer Geräte regelt die Straßenverkehrsordnung in § 23 Absatz 1a:

“Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und

2. entweder

a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird

oder

b) zur Bedienung und Nutzung des Geräts nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.”

§ 23 Absatz 1a StVO

Dass danach das Bedienen eines Handys verboten ist, überrascht nicht. Neu an der Karlsruher Entscheidung ist, dass die Bedienung eines Touchscreens auch dann verboten sein soll, wenn es um sicherheitsrelevante Fahrzeugfunktionen geht. Danach wäre das Einstellen des Scheibenwischers über das zentrale Display unzulässig.

Touchscreen als verbotenes elektronisches Gerät

Wie häufig der Scheibenwischer wischt, lässt sich bei dem Tesla nur über den Touchscreen einstellen. Der Fahrer muss hierfür ein Untermenü aufrufen und kann, je nach Intensität des Regens, zwischen fünf Intervallen wählen.

Nach Auffassung der Karlsruher Richter stellt der Touchsreen im Tesla ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Absatz 1a StVO dar. Dem stehe nicht entgegen, dass der Touchscreen fest im Fahrzeug verbaut ist. Denn berührungsempfindliche Bildschirme fallen nach Sinn und Zweck der Vorschrift ebenso darunter wie Mobiltelefone, Tablets und Notebooks.

Sprachsteuerung / kurze Ablenkung

Die Benutzung elektronischer Geräte ist nach der Vorschrift entweder per Sprachsteuerung zulässig oder wenn der Blick nur kurz vom Verkehrsgeschehen abgewendet werden muss. Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt.

Eine Sprachsteuerung hat der Teslafahrer nicht benutzt und die Bedienung erforderte länger als nach der StVO zulässig (vgl. § 23 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b StVO). Die Blickzuwendung war hier nicht “kurz” und den Verkehrs- und Witterungsverhätnissen nicht angepasst.

Den Einwand des Teslafahrers, er habe den Touchscreen nutzen müssen zur Bedienung des Scheibenwischers, ließ das OLG Karlsruhe nicht gelten.

Die Richter räumten zwar ein, dass der Tesla-Touchscreen kein Gerät sei, welches der „Kommunikation, Information oder Organisation“ dient. Vielmehr handele es sich um ein sicherheitstechnisches Bedienteil des Fahrzeugs. Der Touchscreen diene aber auch der Information, da darüber auch das Navi zu bedienen ist. Aus Gründen der Verkehrssicherheit sei der Touchscreen einheitlich zu betrachten. Einzelne Anwendungen, so der Senat, seien aus der Verbotsnorm nicht herauslösbar.

Diese Interpretation decke sich mit dem Wortlaut der Vorschrift. Danach sind die Geräte zur „Kommunikation, Information oder Organisation“ nicht abschließend aufgezählt. Außerdem spreche für eine so weite Interpretation des Gesetzes, dass der Gesetzgeber eine separate Ausnahme für die Rückfahrkamera getroffen hat (§ 23 Absatz 1a Satz 3 StVO). Bei dieser handele es sich auch um ein sicherheitsrelevantes Bedienteil des Fahrzeugs. Daraus sei zu schließen, dass sich andere – nicht genannte – Bedienteile an den Anforderungen von § 23 Absatz 1b StVO messen lassen müssen.

Die Verurteilung zu einer Geldbuße in Höhe von 200 Euro und die Verhängung eines Fahrverbots von einem Monat sei daher nicht zu beanstanden.

Hintergrund & Kritik

Die Entscheidung wirft die Frage auf, ob Fahrzeuge, bei denen sicherheitsrelevante Funktionen über einen Touchscreen zu steuern sind, in Deutschland überhaupt zulässig sind.

Folgt man der Auffassung der Karlsruher Richter, wäre das Bedienen eines zentralen Displays, das zumindest auch andere Funktionen, wie das Navi, abdeckt, nur dann zulässig, wenn die Ablenkung nur „kurz“ ist oder eine Sprachsteuerung verwendet wird.

Wenn die Bedienung des Scheibenwischers nicht erlaubt ist, darf das Auto nicht im öffentlichen Verkehr fahren. Das wäre eine fatale Nachricht für alle Fahrzeugbauer, die Schalter und Hebel einsparen wo es nur geht, um ein möglichst aufgeräumtes Cockpit zu erreichen.

Die Entscheidung verdient Zustimmung darin, dass sie eine Trennung zwischen Fahrzeugfunktionen einerseits und Zwecken der Kommunikation, Information und Organisation ablehnt. Denn was für die Gerätebedienung zu Zwecken der Kommunikation, Information oder Organisation gilt, muss für die Bedienung von Fahrzeugfunktionen erst recht gelten.

Damit ist es nicht vereinbar, wenn die Einstellung des Scheibenwischers erst in einem Untermenü möglich ist und dies dem Fahrer so viel Aufmerksamkeit abverlangt, dass er vom Verkehr abgelenkt ist.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2020 – 1 Rb 36 Ss 832/19

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