Verweigert ein Richter die Verlegung eines Termins, kann das einen Befangenheitsantrag rechtfertigen. Das setzt allerdings voraus, dass triftige Gründe für die gewünschte Verlegung des Termins vorliegen.
Risiko aufgrund Vorerkrankung
Über einen solchen Fall hatte das OLG Zweibrücken zu entscheiden. Im Gerichtsprozess beim Landgericht war das persönliche Erscheinen der Beklagten angeordnet. Der Termin sollte im Mai 2020 stattfinden. Die Beklagte beantragte eine Woche vor dem Termin die Verlegung des Termins, da sie aufgrund einer Vorerkrankung die Ansteckung mit Covid-19 befürchtete. Sie machte geltend, dass sie aufgrund einer bei ihr kürzlich vorgenommenen Lungentransplantation einer Risikogruppe angehört.
Zur Begründung des Antrags auf Terminverlegung führte auch der Beklagtenvertreter Gründe an. Der Anwalt habe nämlich im Februar 2019 selbst eine Lungenembolie erlitten und gehöre daher ebenfalls zu einer Risikogruppe.
Ablehnung der Terminverlegung
Der Einzelrichter hob die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beklagten auf und lehnte den Antrag auf Terminverlegung ab. Da die Beklagte nicht mehr zum Termin erscheinen müsse bestehe für sie kein Risiko. Für den Beklagtenvertreter sei das Risiko hinnehmbar. Der Sitzungssaal sei groß genug, um den empfohlenen 1,5 Meter-Abstand einzuhalten und außerdem könnten die Beteiligten Masken tragen.
Einen Tag vor dem Termin stellte der Beklagtenvertreter einen Befangenheitsantrag gemäß § 42 ZPO, der indessen vom Landgericht zurückgewiesen wurde. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit einer Beschwerde, mit Erfolg.
Befangenheit aufgrund Ablehnung der Terminverlegung
Ein Befangenheitsantrag ist dann erfolgreich, wenn Umstände vorliegen, welche befürchten lassen, dass der Richter der Sache nicht unvoreingenommen gegenübersteht. Das kann bei der Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung dann der Fall sein, wenn die Zurückweisung des Antrags unzumutbar ist oder den Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei erweckt.
Das OLG Zweibrücken bejahte diese Voraussetzungen und hat zugunsten der Beklagten entschieden. Einem Antrag auf Terminverlegung ist regelmäßig zu entsprechen, wenn ein erheblicher Grund für die begehrte Verschiebung vorliegt. Bei den Vorerkrankungen der Beklagten und des Beklagtenvertreters und deren Befürchtung, an Corona zu erkranken, handelt es sich um einen erheblichen Grund. Solchen Hochrisikopersonen, so das Gericht, sei eine Teilnahme am Termin nicht zuzumuten.
Verschleppung des Prozesses?
Das OLG sah kein Problem darin, dass die Beklagte den Terminverlegungsantrag nur eine Woche vor dem Termin gestellt und im Verfahren bereits zahlreiche Fristverlängerungen beantragt hatte. Daraus sei nicht zu abzuleiten, dass die Beklagte eine Verschleppung des Prozesses beabsichtigt. Vielmehr sei die späte Antragstellung aufgrund des dynamischen Infektionsgeschehens durchaus nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
Verletzung des rechtlichen Gehörs
Hinzu kam, dass aufgrund der besonderen Umstände außerdem ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör vorgelegen hat, welcher ebenfalls Anlass gibt, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Bei der Beklagten handelte es sich nämlich selbst um eine Rechtsanwältin, die in dem Verfahren in Haftung genommen wurde. In dieser Konstellation hat die Beklagte ein besonderes Interesse daran, bei dem Termin selbst anwesend zu sein.
Vertretung durch einen anderen Anwalt unzumutbar
Dem Argument des Landgerichts, dass sich der ebenfalls vorgeschädigte Anwalt von einem anderen Rechtsanwalt seiner Kanzlei vertreten lassen könne, erteilte das OLG eine Absage. Die Vertretung durch einen anderen Anwalt sei der Beklagten nicht zuzumuten. Dabei fiel ins Gewicht, dass die Angelegenheit umfangreich und komplex und der vorgeschädigte Anwalt mit der Sache vertraut war.
Wenn allerdings längerfristig Gründe vorliegen, die eine Terminwahrnehmung verhindern, muss sich der Anwalt allerdings um eine Vertretung bemühen (§ 53 BRAO). Denkbar wäre zudem – worauf es in dem Verfahren nicht ankam – die Durchführung von Terminen per Videokonferenz, § 128a ZPO.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 02.07.2020 – 3 W 41/20