Beitragsbefreiung bei Handwerkskammer nur für echte Existenzgründer (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12.09.2019 – 6 S 1092/18)

Die in der Handwerksordnung vorgesehene Beitragsbefreiung für Existenzgründer gilt nur für echte Existenzgründer, also Existenzgründer, die erstmalig ein Gewerbe anmelden. Dabei ist unbeachtlich, ob es sich um ein handwerkliches oder nicht handwerkliches Gewerbe handelt. Hat daher der Existenzgründer in der Vergangenheit bereits ein nicht handwerkliches Gewerbe betrieben, kommt eine Beitragsbefreiung nicht in Betracht. Dieses Urteil fällte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Baden-Württemberg) am 12.09.2019 (6 S 1092/18).

Eröffnung eines Handwerksbetriebs

Der Kläger eröffnete zum 1.1.2016 einen Friseurbetrieb. Dieser wurde als Handwerksbetrieb in die Handwerksrolle eingetragen und unterfiel daher grundsätzlich der Beitragspflicht nach der Handwerksordnung (HwO).

Zuvor bereits andere Gewerbe angemeldet

In der Vergangenheit hatte der Kläger bereits mehrere Gewerbe, bei denen es sich jedoch um nichthandwerkliche Gewerbebetriebe handelte. Diesbezüglich war der Kläger bei der IHK eingetragen, nicht bei der Handwerkskammer.

Beitragsbescheid der Handwerkskammer

Die Handwerkskammer erließ für das Jahr 2016 einen Beitragsbescheid, in dem der Kläger für seinen Friseurbetrieb zur Zahlung eines Jahresbeitrages von 295,- € herangezogen wurde.

Beitragsbefreiung wegen Existenzgründung?

Hiermit war der Kläger nicht einverstanden. Er berief sich auf die Vorschrift des § 113 Absatz 2 Satz 5 HwO, wonach er als Existenzgründer für das erste Jahr von der Beitragspflicht zu befreien sei.

Widerspruch gegen Beitragsbescheid

Der Kläger legte zunächst Widerspruch ein, dieser blieb erfolglos. Der Kläger war nicht als echter Existenzgründer anzusehen, da er in der Vergangenheit bereits mehrere Gewerbe betrieb. So ging es aus dem Widerspruchsbescheid hervor.

Klage vor dem Verwaltungsgericht

Daraufhin erhob der Kläger Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Auch diese hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht ging ebenfalls davon aus, dass der Kläger mit seinem Friseurbetrieb kein echter Existenzgründer sei. Auf die Berufung des Klägers hatte nun das OVG Baden-Württemberg zu entscheiden.

Entscheidung des OVG Baden-Württemberg

Das OVG Baden-Württemberg entschied: Der Kläger ist kein Existenzgründer. Damit kam eine Beitragsbefreiung für Existenzgründer nicht in Betracht.

Beitragsbefreiung nur bei erstmaliger Anmeldung eines Gewerbes

Nach § 113 Absatz 2 Satz 5 HwO kommt eine Beitragsbefreiung nur dann in Betracht, wenn der Betreffende „erstmalig ein Gewerbe“ angemeldet hat.

Unabhängig davon, ob handwerkliches oder nicht handwerkliches Gewerbe

Dies gilt nach dem Urteil des OVG Baden-Württemberg unabhängig davon, ob dieses ein handwerkliches oder nicht handwerkliches Gewerbe ist. Hat daher der Beitragspflichtige in der Vergangenheit bereits ein Gewerbe angemeldet, kommt die Beitragsbefreiung schon dem eindeutigen Wortlaut nach gar nicht in Betracht, so das OVG Baden-Württemberg.

Förderung neuer Existenzgründungen

In diesem Zusammenhang weist das OVG Baden-Württemberg auf die Gesetzesbegründung hin, wonach die Zielsetzung des Gesetzgebers war, „natürlichen Personen den Weg in die Selbständigkeit zu erleichtern“. „Ziel ist es, neue Existenzgründungen zu erleichtern und zu fördern“, so die die Gesetzesbegründung.

Echte Existenzgründung nur bei erstmaliger Gewerbeanmeldung

Damit geht es allein darum, ob der Gewerbetreibende erstmals ein Gewerbe anmeldet, unabhängig davon, ob es sich um ein handwerkliches oder nicht handwerkliches Gewerbe handelt. Dann liegt eine echte Existenzgründung vor. Da der Kläger bereits in der Vergangenheit mehrere Gewerbe angemeldet hatte, war er mit der Anmeldung des Friseurbetriebs kein Existenzgründer mehr, so das OVG Baden-Württemberg.

Keine echte Existenzgründung – Keine Beitragsbefreiung

Eine Beitragsbefreiung für Existenzgründer nach der HwO kam daher nicht in Betracht. Ergänzend weist das OVG Baden-Württemberg darauf hin, dass bei geringen Einkünften eine Stundung der Beiträge beantragt werden kann. Dies war jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens und musste daher vom OVG Baden-Württemberg nicht entschieden werden.

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.2019 – 6 S 1092/18

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