Die Baugenehmigung für das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers kann von den anderen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht angefochten werden. Diese haben keine Klagebefugnis, da es an öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzansprüchen fehlt. Etwaige Ansprüche der Miteigentümer sind nach den Vorschriften des WEG auf zivilrechtlicher Ebene durchzusetzen. So urteilte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Rheinland-Pfalz) am 26.02.2019 (8 A 11076/18.OVG).
Baugenehmigung für Nutzungsänderung einer Wohnung
Eine Wohnungseigentümerin beantragte bei der beklagten Behörde die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung ihrer im Erdgeschoss gelegenen Geschäftsräume. Dort befand sich eine Papeterie, welche nun aber nach dem Willen der Eigentümerin nicht mehr betrieben werden sollte.
Bestattungshaus mit Kühlzelle
Statt dessen wollte die Eigentümerin dort ein Bestattungshaus einrichten. Neben dem Büro sollte ein Abschieds- und Trauerraum entstehen. Die Eigentümerin beabsichtigte die Durchführung von Gesprächskreisen und Trauerseminaren einschließlich Trauerbegleitung. Auch eine Kühlzelle hatte die Eigentümerin eingeplant, diese sollte bei Bedarf in Betrieb genommen werden. In einem vorgesehenen Hygieneraum wollte die Eigentümerin in Ausnahmefällen auch die hygienische Versorgung der Verstorbenen übernehmen.
Nutzungsänderung genehmigt
Die Beklagte erteilte der Eigentümerin die beantragte Baugenehmigung bzw. Nutzungsänderung, nachdem das Gesundheitsamt und die Gewerbeaufsicht keine Einwände äußerten.
Miteigentümer nicht einverstanden
Mehrere Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft waren hiermit überhaupt nicht einverstanden. Sie waren der Auffassung, dass der Betrieb eines Bestattungshauses in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnungen gegen das Rücksichtnahmeverbot verstoßen würde.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen
Auch enthalte die Baugenehmigung keine Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft gegen gesundheitliche Beeinträchtigungen. Vom Bestattungshaus würden nach Auffassung der anderen Miteigentümer in jedem Fall gesundheitliche Gefahren ausgehen, so insbesondere bei der Aufbewahrung der Toten und dem Abtransport der Luft nach draußen.
Widerspruch gegen Baugenehmigung
Die Miteigentümer legten Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Die Widersprüche wurden zurückgewiesen. Diese seien zwar zulässig, jedoch werde das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt, so der zuständige Kreisrechtssausschuss.
Klage beim Verwaltungsgericht
Die Miteigentümer erhoben daraufhin Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht war der Auffassung, dass die Klage zulässig jedoch unbegründet ist. Über die Berufung der Miteigentümer hatte nun das OVG Rheinland-Pfalz zu entscheiden.
Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz
Das OVG Rheinland-Pfalz wies die Berufung zurück. Die Klage der Miteigentümer war bereits unzulässig. Die Kläger hatten überhaupt keine Klagebefugnis, so das OVG. Aus diesem Grund kommt es auf einen etwaigen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gar nicht an. Hierauf weisen die Richter des OVG Rheinland-Pfalz in ihrem Urteil hin.
Klage bereits unzulässig, da keine Klagebefugnis
Die Kläger haben keine Klagebefugnis, da ihnen die behaupteten öffentlich-rechtlichen Abwehrrechte gegen die erteilte Baugenehmigung ganz offensichtlich nicht zustehen, so das OVG. Das OVG Rheinland-Pfalz verweist auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach den Sondereigentümern einer Wohnungseigentümergemeinschaft keine öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzansprüche zustehen, soweit es um die Nutzung eines anderen Sondereigentums in demselben Anwesen geht.
Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes sind anzuwenden
Vielmehr ist der Sondereigentümer in die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eingebunden und muss die auftretenden Konflikte über die dort geltenden besonderen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) lösen. Hierauf weist das OVG Rheinland-Pfalz hin.
§ 15 Absatz 3 WEG
Für den Gebrauch von im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen ist insbesondere § 15 Absatz 3 WEG anzuwenden. Hiernach kann z.B. jeder Miteigentümer eine Nutzung der Gebäudeteile verlangen, die dem Gesetz, den Vereinbarungen und den Beschlüssen, hilfsweise dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, so das OVG.
Zivilrechtsweg
Etwaige Konflikte haben die Wohnungseigentümer damit über Vereinbarungen und Beschlüsse zu regeln. Privatrechtlich begründete Abwehransprüche sind nach dem Urteil des OVG Rheinland-Pfalz im Zivilrechtsweg durchzusetzen. Denn öffentlich-rechtliche Abwehransprüche bestehen nach Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz jedenfalls nicht. Den Klägern stand daher keine Klagebefugnis zu, weshalb die Klage bereits unzulässig war. Das OVG Rheinland-Pfalz wies aus diesem Grund die Berufung der Miteigentümer zurück.
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.02.2019 – 8 A 11076/18.OVG