Allergischer Schock nach Eis im Restaurant – Kein Schmerzensgeld (LG Itzehoe, Urt. v. 29.03.2019 – 7 O 287/18)

Tritt nach dem Kauf und Verzehr von einem im Restaurant gekauften Eis ein allergischer Schock auf, kann man vom Restaurantbetreiber nur dann Schmerzensgeld verlangen, wenn diesem eine konkrete Pflichtverletzung nachgewiesen werden kann. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein anders Eis als bestellt ausgegeben wird. Der Nachweis muss hier aber vom Geschädigten erbracht werden. Kann er dies nicht nachweisen, besteht auch kein Anspruch auf Schmerzensgeld. So urteilte das Landgericht Itzehoe (LG Itzehoe) am 29.03.2019 (7 O 287/18).

Lebensmittelallergie

Lebensmittelallergien sind leider keine Seltenheit. Wer davon betroffen ist, zieht es vermutlich vor, zu Hause zu essen. Da weiß man, was auf den Teller kommt. Wenn doch auswärts gegessen wird, ist jedoch Vorsicht angesagt. Kommt es zum Verzehr von Speisen, gegen die eine Allergie besteht, kann dies schlimme Folgen haben. Im schlimmsten Fall droht ein allergischer Schock. Dann besteht sogar Lebensgefahr.

So erging es auch einer Frau, die in einem Schnellrestaurant für sich ein Eis bestellte und anschließend aß. Nachdem sie einen schweren allergischen Schock erlitt, verlangte sie vom Restaurantbetreiber Schmerzensgeld. Da der Restaurantbetreiber eine Zahlung ablehnte, hatte sich das LG Itzehoe mit dem Fall zu befassen.

Der Fall

Die Klägerin war mit ihrem Lebensgefährten auf dem Weg zu einem Open-Air-Konzert. Auf dem Weg hielten sie an einem von der Beklagten betriebenen Schnellrestaurant an. Die Klägerin bestellte für sich und ihren Lebensgefährten jeweils ein Eis. Sie wählte für sich ein Eis der Sorte H und für ihren Lebensgefährten ein Eis der Sorte J. Da die Klägerin eine Allergie gegen Erdnüsse hat, entschied sie sich bewusst gegen ein Eis der Sorte I. Das Eis der Sorte I enthält unter anderem ganze Erdnüsse. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Außerdem bestellte die Klägerin noch Pommes.

Allergischer Schock nach Speiseeis

Auf der Weiterfahrt zum Konzert aßen die Klägerin und ihr Lebensgefährte sowohl die Pommes als auch das Eis. Bei der Ankunft bemerkte die Klägerin erste Symptome einer allergischen Reaktion. Ihr Zustand verschlimmerte sich, es kam sogar zu einem zwischenzeitlichen Aussetzen des Herzschlags. Die Klägerin wurde vor Ort von einem Notarzt und später in der Klinik behandelt. Bei der Behandlung wurde ein allergischer Schock diagnostiziert. Außer das Eis und die Pommes nahm die Klägerin nach eigenen Angaben in den Stunden zuvor nichts zu sich. Sie vermutete als Ursache das Eis.

Irrtümlich falsches Eis ausgehändigt

Die Klägerin behauptete, ein Mitarbeiter der Beklagten habe ihr statt des bestellten H-Eises ein Eis der Sorte I mit ganzen Erdnüssen gegeben. Dies sei die Ursache für ihren allergischen Schock gewesen. Von ihrem allergischen Schock hat sich die Klägerin zwischenzeitlich zumindest körperlich erholt.

Schwere Angstzustände seit dem Allergieschock

Nach eigener Aussage leidet sie jedoch seitdem unter extremen Angstzuständen bis hin zu Todesängsten. Sie sei dadurch stark in ihrer Lebensführung eingeschränkt. Zudem müsse sie nun außer Haus ständig ein Notfallpaket zur Erstversorgung bei einem allergischen Schock bei sich führen. Außerdem müsse sie künftig auch bei nur leichtem Kontakt mit Erdnüssen mit schweren Folgen rechnen.

Ansprüche gegen die Restaurantbetreiber

Die Klägerin verlangt daher von der Beklagten Schmerzensgeld und den Ersatz sämtlicher im Zusammenhang mit dem Vorfall eventuell noch entstehender Kosten. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Daraufhin erhob die Klägerin Klage beim LG Itzehoe.

Entscheidung des LG Itzehoe

Das LG Itzehoe wies die Klage vollumfänglich ab. Die Klägerin konnte eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht nachweisen. Eine Pflichtverletzung ist jedoch gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB Voraussetzung für einen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Die Beweislast für diese Pflichtverletzung lag hier bei der Klägerin, so das LG Itzehoe.

Pflichtverletzung nicht nachgewiesen

Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass ein Mitarbeiter der Beklagten ihr tatsächlich das falsche Eis, nämlich das Eis mit ganzen Erdnüssen, ausgehändigt hat. Das Gericht legte bei der Entscheidung die eigenen Angaben der Klägerin sowie die Aussage ihres Lebensgefährten zu Grunde. Diese Aussagen konnten das Gericht nicht davon überzeugen, dass tatsächlich das falsche Eis ausgehändigt wurde.

Kein Nachweis, dass falsches Eis ausgehändigt wurde

Weder die Klägerin noch der Lebensgefährte konnten angeben, dass sie gesehen oder bemerkt hätten, dass es sich um das falsche Eis mit ganzen Erdnüssen handelte. Im Gegenteil: Die Klägerin gab an, sie habe keinen Unterschied zu dem bereits mehrfach verzehrtem und von ihr auch bestelltem Eis festgestellt. Insbesondere konnte sie nicht feststellen, ob sich Nüsse (ganze Erdnüsse) in dem Eis befunden haben. Die Klägerin konnte demzufolge nicht nachweisen, dass ihr ein falsches Eis ausgehändigt wurde.

Allein der allergische Schock als Nachweis nicht ausreichend

Bei dieser Annahme handelte es sich lediglich um eine Schlussfolgerung aufgrund des erlittenen allergischen Schocks. Dies genügt nicht für den Nachweis einer Pflichtverletzung, so das LG Itzehoe.

Kein Schmerzensgeld

Aus diesem Grund scheiden Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen einer etwaige Vertragsverletzung aus, so das LG Itzehoe. Auch Ansprüche wegen einer schuldhaften Verletzung von Verkehrssicherungspflichten aus § 823 Absatz 1 BGB kamen nicht in Betracht. Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflichten wurde von der Klägerin ebenfalls nicht nachgewiesen.

Das LG Itzehoe wies die Klage daher vollumfänglich ab.

LG Itzehoe, Urteil vom 29.03.2019 – 7 O 287/18

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