Die in einem Krippenvertrag vorformulierte Kündigungsfrist von sechs Monaten ist unwirksam. Eine solche Frist im Betreuungsvertrag stellt eine unangemessene Benachteiligung dar. Es liegt ein Verstoß gegen AGB-Recht vor.
So urteilte das Amtsgericht München (AG München) am 24.10.2018.
Der Fall
Die Klägerin betreibt eine Kinderkrippe.
Sie schloss mit der Beklagten einen Betreuungsvertrag für deren Kind. Den Betreuungsvertrag gab die Klägerin vor.
In diesem Betreuungsvertrag war eine sechsmonatige Kündigungsfrist in den ersten elf Monaten der Betreuung vorgesehen. Nach Ablauf einer elfmonatigen Vertragsdauer verkürzte sich die Kündigungsfrist auf drei Monate. Die Beklagte unterschrieb den Vertrag.
Nach drei Monaten kündigte die Beklagte den Betreuungsvertrag. Sie kündigte mit sofortiger Wirkung, vorsorglich zum nächst möglichen Termin.
Die Klägerin wies die Beklagte in der Kündigungsbestätigung auf die sechsmonatige Kündigungsfrist hin. Aus Kulanz bot die Klägerin eine Verkürzung der Kündigungsfrist auf drei Monate an.
Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten die Zahlung des vereinbarten Betreuungsentgelts für die Dauer von drei Monaten. Eine Betreuung erfolgte in diese Zeit nicht mehr.
Die Beklagte lehnte die Zahlung der Betreuungskosten für zwei der verlangten drei Monate ab.
Die Klägerin erhob Klage beim Amtsgericht München. Sie begehrte die Zahlung von Betreuungsgeld für die von der Beklagten nicht anerkannten zwei Monate.
Entscheidung des AG München
Das AG München wies die Klage ab.
Die im Betreuungsvertrag vorgesehene Kündigungsfrist war unwirksam.
So sah es das AG München.
Sechsmonatige Kündigungsfrist unwirksam
Die Unwirksamkeit der sechsmonatigen Kündigungsfrist ergibt sich nach Auffassung des AG München aus § 307 Absatz 1 BGB. Es liegt damit ein Verstoß gegen AGB-Recht vor.
Die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) finden hier Anwendung.
Bei den Klauseln im Betreuungsvertrag handelt es sich um von der Klägerin gestellte und vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingungen. Hierauf weist das AG München hin.
Unangemessene Benachteiligung
Das AG München sieht in der sechsmonatigen Kündigungsfrist eine unangemessene Benachteiligung des jeweiligen Vertragspartners gemäß § 307 Absatz 1 BGB.
Die unangemessene Benachteiligung ist gegeben, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht. Dabei muss der Verwender die Belange des Vertragspartners nicht ausreichend berücksichtigt haben. Ein entsprechender Ausgleich zu Gunsten des Vertragspartners darf nicht erfolgt sein.
Das AG München verweist auf die entsprechende Rechtsprechung des BGH (III ZR 126/15).
Das AG München geht hier von einer solchen unangemessenen Benachteiligung der Beklagten aus. Die Klägerin hat die Interessen der Beklagten, sich innerhalb einer angemessenen Zeit vom Vertrag zu lösen nicht ausreichend berücksichtigt.
Es liegt daher nach Auffassung des AG München ein Verstoß gegen § 307 Absatz 1 BGB vor.
Keine geltungserhaltende Reduktion
Es findet auch keine geltungserhaltende Reduktion auf eine angemessene Kündigungsfrist statt.
Hierauf weist das AG München in seinem Urteil hin.
Gesetzliche Kündigungsfrist
Die unwirksame Kündigungsfrist führt jedoch zu der gesetzlichen Regelung des § 621 Nr. 3 BGB, so das AG München.
Hiernach kann die Kündigung bei Dienstverhältnissen spätestens am 15. des Monats zum Schluss des Monats erfolgen. Diese Vorschrift ist bei dem hier vereinbarten Betreuungsverhältnis anwendbar. Voraussetzung ist die Vereinbarung einer monatlichen Vergütung. Im Betreuungsvertrag war eine monatlich zu zahlende Vergütung vereinbart.
Damit endete der Betreuungsvertrag ein Monat nach Ausspruch der Kündigung.
Diese Auffassung vertrat auch die Beklagte. Für einen Monat hatte sie die Vergütung der Betreuung anerkannt.
Die Klägerin hatte jedoch keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf Vergütung.
Das AG München wies die Klage daher ab.
AG München, Urteil vom 24.10.2018 – 242 C 12495/18)