Behauptet ein Urlauber, im Hotelbett von Ungeziefer, wahrscheinlich Bettwanzen, gebissen worden zu sein, trägt er für das Vorhandensein der Bettwanzen die Darlegungs- und Beweislast. Kann der Urlauber das Vorhandensein von Ungeziefer nicht nachweisen, stehen ihm daraus resultierende Ansprüche wegen Reisemängeln nicht zu. So entschied das Oberlandesgericht München (OLG München) in seinem Urteil vom 11.06.2018 (21 U 3122/17).
Der Fall:
Die Klägerin reiste im Jahr 2015 in die Dominikanische Republik. Die Reise buchte sie bei der Beklagten. In der ersten Nacht wurde die Klägerin im Hotelzimmer mehrfach gestochen bzw. gebissen, was eine langwierige und massive Infektion zur Folge hatte. Die Klägerin behauptet, dass es sich um Bisse von Bettwanzen handelte, die sich ihrer Auffassung nach im Kopfkissen befunden haben. Die Beklagte hingegen streitet das Vorhandensein von Bettwanzen ab und führt die Verletzungen auf Stiche der am Urlaubsort typischen Moskitos zurück. Mit der vor dem Landgericht München erhobenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der von ihr behaupteten Reisemängel aufgrund des Vorhandenseins von Bettwanzen im Hotelbett. Das Landgericht wies die Klage vollumfänglich ab, weil die Klägerin nicht nachweisen konnte, dass die Stiche/Bisse tatsächlich von Bettwanzen im Hotelbett stammten. Hiergegen legte die Klägerin Berufung beim OLG München ein.
Die Entscheidung:
Das OLG München wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte damit das klagabweisende Urteil des Landgerichts München.
Der Klägerin stehen keine reisevertraglichen Ansprüche zu, da sie einen Reisemangel gemäß § 651 c BGB nicht nachweisen konnte, so das OLG München. Grundsätzlich kann das Vorhandensein von Ungeziefer im Hotelzimmer einen Reisemangel begründen, wenn „dieses Ungeziefer trotz der klimatischen Gegebenheiten des Urlaubsorts und landestypischen Qualitätsstandards aufgrund der üblichen Hygienemaßnahmen dort nicht sein dürfte“, so das OLG München. Für das Vorhandensein von Ungeziefer, hier Bettwanzen, trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast. Nach Auffassung des OLG München konnte die Klägerin das Vorhandensein von Bettwanzen, insbesondere Bettwanzen als Ursache für ihre Bisse/Stiche nicht nachweisen. Die im Prozess vorgelegten Fotos sowie die Aussagen der Klägerin und ihres Begleiters belegen zwar, dass die Klägerin in der ersten Nacht gebissen bzw. gestochen worden ist und die Stiche/Bisse zu der dargelegten Infektion geführt haben. Dass diese Stiche/Bisse aber tatsächlich von Bettwanzen stammen, konnte die Klägerin nicht nachweisen, so das OLG München. Möglicherweise handelte es sich um Stiche von ortstypischen Moskitos, wie von der Beklagten behauptet. Auf den von der Klägerin vorgelegten Fotos erkennt man nicht, dass es sich um Bisse von Bettwanzen handelt. Insbesondere sieht man keine für Bettwanzen typischen perlenkettenartigen Bisse, so das OLG München. Auch hat weder die Klägerin noch ihr Begleiter Bettwanzen tatsächlich im Hotelzimmer gesehen. Die Klägerin hat darüber hinaus diverse ärztliche Befunde vorgelegt, aus denen jedoch nicht hervorgeht, dass Bettwanzen die Ursache für die Bisse/Stiche gewesen sind. Vielmehr benennt der von der Beklagten vorgelegte Bericht des ortsansässigen Krankenhauses sogar Moskitostiche als Ursache der Erkrankung. Aus den vorgelegten ärztlichen Berichten geht daher nicht hervor, dass Bettwanzen die Ursache für die Bisse/Stiche gewesen sind und die Infektion der Klägerin tatsächlich hierauf zurückzuführen ist, so das OLG München. Das OLG München wies die Klägerin im Verfahren darauf hin, dass diese aufgrund ihrer Darlegungs- und Beweislast zum Beweis der behaupteten Bettwanzenbisse weitere ärztliche Berichte, zeitnah nach den Bissen/Stichen erstellte Fotos oder sonstige Dokumentationen vorlegen müsse. Dies konnte die Klägerin nicht, was sie auch in der mündlichen Verhandlung bestätigte. Das OLG München sah davon ab, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Ursache der Bisse/Stiche einzuholen, da hinreichende Anknüpfungstatsachen zur Auswertung durch einen Sachverständigen nicht vorlagen. Insbesondere pflichtet das OLG München dem Landgericht dahingehend bei, dass „es keine weiteren realen Erkenntnismöglichkeiten zum Nachweis von Bettwanzen mehr gegeben habe bzw. nunmehr auch in der Berufungsinstanz nicht gibt“. Das OLG München weist darauf hin, dass es „schlichtweg kein weiteres Anknüpfungsmaterial für eine sachverständige Begutachtung gibt“. Nach Auffassung des OLG München sind keine weiteren zielführenden Untersuchungen 2 ½ Jahre nach Zufügen der Bisse/Stiche denkbar. Mit Vorliegen der diversen ärztlichen Berichte einschließlich der Laborbefunde, aus denen sich als Ursache Bettwanzenbisse eben gerade nicht ergeben, sind die Erkenntnismöglichkeiten erschöpft, so das OLG München. Ein weiteres Sachverständigengutachten hat das OLG München daher nicht eingeholt.
Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass ihre Bisse/Stiche tatsächlich von Bettwanzen in dem bei der Beklagten gebuchten Hotelzimmer stammen. Ein von der Klägerin nachzuweisender Reismangel lag daher nicht vor, so das OLG München.
Das OLG München hat die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts zurückgewiesen.
OLG München, Urt. vom 11.06.2018 – 21 U 3122/17