Das Oberlandesgericht München (OLG München) hatte sich mit den Anforderungen an die Darlegung eines berechtigten Interesses zur Einsichtnahme ins Grundbuch (§12 GBO) auseinanderzusetzen. Mit seinem Beschluss vom 16.03.2018 (34 Wx 30/18) entschied das OLG München, dass das berechtigte Interesse jedenfalls nicht dargelegt ist, wenn sich aus den Ausführungen des Antragstellers kein Sachverhalt erschließt, aus dem sich ein nachvollziehbares Interesse an der Kenntnis des Grundbuchs ergibt.
Der Fall:
Die Antragstellerin und zugleich Beteiligte in diesem Verfahren begehrte beim Amtsgericht Landshut – Grundbuchamt – die Einsicht in das Grundbuch, in dem ein Grundstück verzeichnet ist, welches zumindest mit einem Miteigentumsanteil einem gewissen Herrn P.S. gehören soll. Zur Darlegung ihres berechtigten Interesses gab die Beteiligte zunächst nur an, sie würde den Grundbuchauszug für ein gerichtliches Verfahren mit Herrn P.S. benötigen. Nach der Ablehnung durch das Grundbuchamt ergänzte die Beteiligte ihre Ausführungen zum berechtigten Interesse. Sie führte aus, Herr P.S. habe einen Betrag von 120.000,- € erhalten, dies für eine Aussage, die zur Inhaftierung der Beteiligten geführt habe. Darüber hinaus schilderte die Beteiligte einen Sachverhalt über diverse Machenschaften des Herrn P.S., zum Beispiel, dass dieser sich während der Inhaftierung der Beteiligten als Gesellschafter einer Gesellschaft der Beteiligten ausgegeben habe. Hinzu kommen Behauptungen zu einem von P.S. angeblich begangenen Prozessbetrug aufgrund seines Verschweigens des Erhalts der Summe von 120.000,- €. Der Grundbuchauszug könne den Erhalt von 120.000,- € beweisen und zudem gemeinsame Machenschaften zweier Kronzeugen der Staatsanwaltschaft aufdecken. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag der Beteiligten auf Grundbucheinsicht ab, da aus Sicht des Grundbuchamtes ein berechtigtes Interesse nicht dargelegt wurde. Die Beteiligte legte gegen den ablehnenden Beschluss des Grundbuchamtes Beschwerde ein. Sie begründete, nach erfolgter Nichtabhilfeentscheidung, ihre Beschwerde mit weiteren Behauptungen über P.S., insbesondere dass P.S. ein Unternehmensbestatter sei. Im Grundbuch sei eine Zwangshypothek eingetragen und P.S. bereite seine Insolvenz vor, indem er Gesellschaftsanteile und seinen hälftigen Miteigentumsanteil am im Grundbuch verzeichneten Grundstück an seine jetzige Ehefrau übertragen habe. Der Grundbuchauszug sei zumindest ein Indiz für die unlauteren Machenschaften des P.S., was die Beteiligte beweisen müsse. Mit dem Grundbuchauszug könne die Beteiligte die „Betrügereien“ des P.S. beweisen. Der Beschwerde beigefügt waren diverse Unterlagen zu zwei Gesellschaften, wie Handelsregisteranmeldung, Gesellschafterlisten usw. Jedoch ging aus den beigefügten Unterlagen eine Beziehung der Beteiligten zu diesen Gesellschaften nicht hervor.
Über die Beschwerde der Beteiligten gegen den ablehnenden Beschluss des Grundbuchamtes hatte nun das OLG München zu entscheiden.
Die Entscheidung:
Die Beschwerde war zulässig, jedoch unbegründet, so das OLG München. Nach Auffassung des OLG München lagen die Voraussetzungen zur Gewährung der Grundbucheinsicht nach § 12 GBO nicht vor. Die Beteiligte hat ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme ins Grundbuch nicht dargelegt. Ein solches berechtigtes Interesse gemäß § 12 Absatz 1 GBO ist dann dargelegt, wenn die Person sachliche Gründe darlegt, „nach denen die Kenntnis vom Grundbuchstand für ihr künftiges Handeln erheblich erscheint“, so das OLG München. Auch ein rein wirtschaftliches Interesse dieser Person kann genügen. Reine Neugier oder die Verfolgung unbefugter Zwecke hingegen genügen nicht, so das OLG München. Insbesondere kommt ein Einsichtsrecht auch dann nicht in Betracht, wenn die Einsicht „von vornherein ungeeignet ist, das vorgetragene Informationsbedürfnis zu befriedigen, weil das Grundbuch schon nach seiner Art und Aufgabe die erwarteten Informationen nicht bereitstellt (OLG Oldenburg Rpfleger 2014, 131). Die das Einsichtsverlangen stützenden Sachgründe sind darzulegen und ein nachvollziehbarer Sachverhalt glaubhaft zu machen, aus dem sich ein berechtigtes Interesse an der Einsicht ins Grundbuch ergibt, so das OLG München. Nach der Entscheidung des OLG München hat die Beteiligte mit ihren Ausführungen ein berechtigtes Interesse nicht dargelegt. Insbesondere ist nicht klar geworden, inwiefern sich aus dem Grundbuch Informationen ergeben sollen, die für ihr gerichtliches Verfahren gegen P.S. bedeutsam sein könnten. Es ist von der Beteiligten nicht dargelegt worden, was der Gegenstand ihres gerichtlichen Verfahrens ist. Auch fehle es an einem Tatsachenvortrag der Beteiligten, aus dem sich ein Bezug zum vorliegenden Grundbuch ergibt. Ein solcher Bezug lässt sich nach Auffassung des OLG München nicht allein aus der pauschalen Behauptung, P.S. sei ein Unternehmensbestatter, herstellen. Gleiches gilt für die Darstellung der diversen „Machenschaften“ des P.S., welche keinerlei Bezug zum Grundbuch erkennen lassen. Wie der Grundbuchinhalt geeignet sein könnte, unlautere Absprachen oder Geschäftsbeziehungen der nicht näher bezeichneten Kronzeugen, aufzudecken, ist für das OLG München ebenfalls nicht nachvollziehbar. Der von der Beklagten behauptete Prozessbetrug des P.S. tangiert ebenfalls nicht die Interessen der Beteiligten und ist im Übrigen auch unschlüssig dargelegt, so das OLG München. Die Beteiligte hat darüber hinaus nicht dargelegt, welche rechtlichen Schlüsse sie aus den erhofften Grundbuchinformationen in Bezug auf ein strafrechtliches Verhalten des P.S. ziehen will. Auch aus den beigefügten Unterlagen konnte ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht nicht abgeleitet werden, so das OLG München. Aus den Unterlagen ist eine gegenwärtige oder frühere Beziehung der Beteiligten zu den Gesellschaften nicht erkennbar. Daher ergibt sich auch hieraus kein berechtigtes Interesse der Beteiligten an einer Grundbucheinsicht.
Die Ausführungen der Beteiligten ergaben nicht, warum die Beteiligte die Kenntnis vom Grundbuch zur Verfolgung eigener Interessen benötige. Der Sachvortrag ergab insbesondere „keine schlüssige Tatsachenbasis“, aus der sich ein berechtigtes Interesse an der Einsicht ins Grundbuch ergeben könnte, so das OLG München.
Das OLG München wies daher die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Grundbuchamtes mit Beschluss vom 16.03.2018 zurück.
OLG München, Beschluss vom 16.03.2018 – 34 Wx 30/18