Gemäß § 24 Absatz 1 f. Wohnungseigentumsgesetz (WEG) obliegt die Einladung zu einer Eigentümerversammlung dem Verwalter. Sofern ein Verwalter fehlt oder sich zur Einberufung einer Eigentümerversammlung pflichtwidrig weigert, kann die Versammlung der Wohnungseigentümer durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder dessen Vertreter einberufen werden (§ 24 Absatz 3 WEG).
Der enge Kreis der zur Einladung berechtigten Personen führt in der Praxis häufig dazu, dass Versammlungen durch Nichtberechtigte einberufen werden. Dann stellt sich die Frage, wie mit Beschlüssen umzugehen ist, die in einer durch eine nicht berechtigte Person einberufenen Eigentümerversammlung zu verfahren ist. In der Rechtsprechung werden solche Fälle nicht einheitlich behandelt:
Einberufungsmangel führt nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit
Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass Beschlüsse, die in einer durch Nichtberechtigte einberufenen Versammlung gefasst wurden, nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 06.09.2004 – 4 W 143/04). Davon werden indessen in zwei Fällen Ausnahmen zugelassen:
Ausnahmsweise sind Beschlüsse dann nichtig, wenn für die Wohnungseigentümer erkennbar war, dass die Einladung von einem gänzlich unbeteiligten Dritten herrührt. Diese Fälle werden als „Nichteinladung“ behandelt, mit der Folge, dass die in der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig sind.
Eine Ausnahme wird auch dann gemacht, wenn die Mängel der Einberufung auf einer absichtlichen Umgehung von Vorschriften beruht. Das kann dann der Fall sein, wenn unter Umgehung des Verwalters ohne ersichtlichen Grund kurz nach einer regulären Eigentümerversammlung eine weitere Versammlung einberufen wird, bei der die Einberufung nicht wie vorgesehen vom Verwalter, sondern von einem Eigentümer herrührt (Amtsgericht Kassel, Urteil vom 15.02.2018 – 800 C 3197/17). In einer solchen Versammlung gefasste Beschlüsse sind ebenfalls nichtig.
In allen übrigen Fällen ist von einer bloßen Anfechtbarkeit auszugehen. Rechtlich bleiben Beschlüsse daher bindend, sofern sie nicht erfolgreich angegriffen worden sind.
Anfechtung vs. Nichtigkeit
Die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und bloßer Anfechtbarkeit ist von erheblicher Bedeutung: Ein nichtiger Beschluss ist unbeachtlich, wohingegen eine Anfechtung nur dann Erfolg hat, wenn der Mangel der Einladung zur Versammlung kausal für das Beschlussergebnis war. Bei Vorliegen eines Mangels gilt eine widerlegliche Kausalitätsvermutung. Das bedeutet, dass zunächst einmal von der Rechtswidrigkeit des Beschlusses auszugehen ist. Die Anforderungen an die Widerlegung der Kausalität sind indessen hoch: es darf kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass der Beschluss bei einer ordnungsgemäßen Einberufung anders zustande gekommen wäre. Bei den anwesenden Wohnungseigentümern liegt es nahe, dass sich die fehlerhafte Einberufung nicht ausgewirkt hat. Allein ein eindeutiges Abstimmungsergebnis genügt zur Widerlegung der Kausalität aber nicht. Erforderlich ist darüber hinaus ein plausibler Sachvortrag, dass die Abstimmung bei ordnungsgemäßer Einberufung ebenso ausgegangen wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einzelne Wohnungseigentümer der Versammlung möglicherweise aufgrund des Einberufungsmangels ferngeblieben sind und bei ordnungsgemäßer Einladung erschienen wären und durch Wortbeiträge in der Versammlung ihren Einfluss ausgeübt hätten. Bei einem solchen Einwand kann nicht ohne Weiteres von einer Widerlegung der Kausalitätsvermutung ausgegangen werden, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer von den Wortbeiträgen hätte überzeugen lassen und dass die Beschlussfassung ebenso ausgefallen wäre. Zur Verteidigung der Beschlussfassung kann wiederum angeführt werden, dass die nicht anwesenden Eigentümer ohnehin eine Einzelmeinung vertreten und keinen Einfluss auf das Meinungsbild und damit auf das Abstimmungsergebnis gehabt hätten.
Ausnahme: Heilung bei Vollversammlung
Bei einer fehlerhaften Einberufung der Eigentümerversammlung ist weder von einer Nichtigkeit noch von einer Anfechtbarkeit auszugehen, wenn alle Eigentümer bei der Versammlung anwesend waren und der Einberufungsmangel von diesen geheilt wird. Die Heilung kann durch ausdrückliche Erklärung vorgenommen werden, was selten vorkommt, oder durch konkludentes Verhalten. Darunter versteht man ein tatsächliches Verhalten, welches den Schluss zulässt, dass der Mangel als nicht relevant angesehen wird. Wenn bei einer Vollversammlung, das heißt bei Anwesenheit aller Eigentümer, trotz Kenntnis niemand den Eiberufungsmangel rügt, ist von einer Heilung auszugehen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21.10.1996 – 2Z BR 72/96; OLG Köln, Beschluss vom 20.03.1998 – 16 Wx 27-98).