Die Legal Times Online (LTO) berichtete am 15.02.2018 über einen Gerichtstermin beim Oberlandesgericht Köln, welches über eine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Köln zu entschieden hat, das dem Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl die seither höchste Entschädigungssumme in Höhe von einer Million Euro zugesprochen hatte aufgrund rechtswidriger Äußerungen in dem Buch „Vermächtnis: Die Kohl Protokolle“. Die Entscheidung erging zwei Wochen vor Kohls Tod (17.06.2017). Helmut Kohls Witwe Kohl-Richter nahm das Verfahren auf und verteidigt die Entscheidung des Landgerichts. Das OLG Köln, hat aber angedeutet, so LTO, dass es nicht davon überzeugt sei, dass Entschädigungsansprüche aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts vererbbar seien. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass bei solchen Ansprüchen die Genugtuungsfunktion im Vordergrund stehe, die im Falle des Ablebens nicht mehr erfüllt werden könne. Den Parteien wurde deshalb dazu geraten, einen Vergleich zu schließen, der zum Gegenstand haben könnte, dass das Buch aus dem Handel genommen wird und Kohl-Richter dem Verlag und den Verfassern des Buches finanziell entgegenkommt.
Die Vererblichkeit von Entschädigungsansprüchen aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen ist tatsächlich keine einfach zu entscheidende Frage, denn es geht um höchstpersönliche Rechte (Art. 2 Absatz 1, Art. 1 Absatz 1 GG), die an die Person des Betroffenen gebunden sind. Wenn man sich aber auf den Standpunkt stellt, dass der einmal entstandene Anspruch im Wege der Universalsukzession auf den Erben übergeht, dann spricht nichts dagegen, dass der Anspruch auch den Erben zusteht. Schließlich sind auch Schmerzensgeldansprüche vererblich. Der Unterschied zum Entschädigungsanspruch wegen Persönlichkeitsrechtverletzungen liegt aber darin, dass das Gesetz eine Regelung für Schmerzensgeldansprüche beinhaltet (§ 253 Absatz 2 BGB). Eine entsprechende Regelung existiert für Entschädigungsansprüche aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht. Und tatsächlich kann Helmut Kohl keine Genugtuung mehr erfahren. Das hätte aber zur Folge, dass Kohl-Richter zwar die bezahlte Entschädigungssumme geerbt hätte, aber nicht den Anspruch auf die noch nicht gezahlte Summe. Das erscheint ungerecht, denn es führt dazu, dass Alte und Kranke, die voraussichtlich ohnehin bald sterben, eher beleidigt werden können als junge und gesunde Menschen. Leider steht eben dies – und darauf beruft sich offenbar das Kölner Oberlandesgericht – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29.04.2014 – VI ZR 246/12). Es bleibt abzuwarten, ob das OLG Köln dem Anspruch weitere – für eine Vererblichkeit sprechende – Funktionen zuerkennt. Ausgeschlossen ist das keineswegs, denn der Entschädigung kann auch eine Präventivfunktion zuerkannt werden und diese Funktion ist auch nach dem Ableben des ursprünglichen Anspruchsinhabers noch von Bedeutung und endet – anders als die bloße Genugtuung – nicht mit dem Tod. Egal wie das OLG Köln entscheidet, wird der Rechtsstreit am Ende durch den Bundesgerichtshof zu entscheiden sein, denn wer verliert, wird voraussichtlich Revision einlegen. Der BGH würde dann die Gelegenheit bekommen, die Rechtsprechung zur (nicht) Vererblichkeit von Entschädigungsansprüchen aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf den Prüfstand zu stellen.
OLG Köln: zur Verkündung einer Entscheidung 29.05.2018