Erwartungsgemäß hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Verlängerung der Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für rechtswidrig erklärt. Das Gesetz sieht in § 548 BGB eine nur 6 Monate betragende Frist für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen des Vermieters wegen Verschlechterungen der Mietsache vor.
Ein Vermieter hatte nach Beendigung eines Wohnraum-Mietvertrags Schadensersatz von der vormaligen Mieterin verlangt. Die Wohnung wurde im Dezember 2014 zurückgegeben. Der Vermieter stellte erhebliche Schäden an der Wohnung fest und erhob Klage in Höhe von ca. 16.000 Euro gegen die Mieterin. Die Klage wurde der Mieterin erst im Oktober 2015 zugestellt. Im Prozess erhob die Mieterin die Einrede der Verjährung, da die 6-Monats-Frist (§ 548 BGB) bereits abgelaufen war. Der Vermieter hielt entgegen, dass im Mietvertrag geregelt war, dass die Frist für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen 12 Monate betrage. Das sei rechtmäßig, da auch die für den Mieter geltende Frist (6 Monate) zur Erstattung von Aufwendungen und zur Wegnahme von Einrichtungen gleichermaßen auf 12 Monate verlängert worden war. Die Klage war in den ersten beiden Instanzen ohne Erfolg. Der BGH bestätigte die Klagabweisung in letzter Instanz.
Die Karlsruher Richter urteilten, dass die formularmäßige Verlängerung (AGB) der sechsmonatigen Verjährung nach § 548 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellt und deshalb unwirksam ist, § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB. Die vertragliche Bestimmung benachteiligte die Mieterin in zweifacher Hinsicht: Die zugunsten des Mieters kurz bemessene Frist wird von 6 auf 12 Monate verdoppelt. Hinzu kommt noch, dass die Klausel den Beginn der Frist auf das Ende des Mietvertrags bestimmt hat, was von der gesetzlichen Regelung abweicht, wonach die Frist durch den Rückerhalt der Sache zu laufen beginnt (§ 548 Absatz 1 Satz 2 BGB). Beide Abweichungen sind mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar und deshalb unwirksam. Zweck der kurzen Verjährung ist das berechtigte Interesse des Mieters daran, möglichst schnell nach Rückgabe der Mietsache Klarheit darüber zu erlangen, ob und welche Ansprüche ihn erwarten. Die dem Verjährungsrecht zugrundeliegenden Zwecke, Rechtsfrieden und Rechtsklarheit zu schaffen, gilt hier in besonderem Maße. Die unangemessene Benachteiligung entfällt auch nicht dadurch, dass die für den Mieter geltende sechsmonatige Frist zur Geltendmachung von Aufwendungsersatz und zur Wegnahme von Einrichtungen ebenfalls auf 12 Monate verlängert worden ist, zumal solche Ansprüche praktisch eher selten vorkommen als Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter.
Hintergrund: Die Entscheidung ist alles andere als eine Überraschung. Denn die Verlängerung von gesetzlich geregelten Verjährungsfristen dürfte praktisch immer gegen Grundgedanken des Gesetzes verstoßen (§ 307 Absatz 2 Nummer 1 BGB), zumal die Verlängerung hier zugunsten des Vermieters erfolgte, der von Gesetzes wegen böse ist.
Viel erstaunlicher ist, dass viele Vermieter nicht wissen, dass ihre Ansprüche nach sechs Monaten verjähren und dass sie nach Rückgabe der Mietsache unter Handlungsdruck stehen, wenn sie ihre Ansprüche nicht verlieren wollen. Vermieter sind gut beraten, schnellstmöglich Klage zu erheben, wenn sie nach Rückgabe der Mietsache Ansprüche gegen Mieter wegen Schäden an der Mietsache geltend machen wollen. Wenn das Schadensausmaß noch nicht absehbar ist, sollte insoweit Feststellungsklage erhoben werden.
Oft verlassen sich Vermieter auf die Mietsicherheit. Das erscheint auf den ersten Blick unkritisch, schließlich erlaubt das Gesetz auch die Aufrechnung mit verjährten Forderungen (§ 215 BGB). Die Sicherheit ist aber trügerisch, denn die Aufrechnung setzt voraus, dass sich gleichartige Forderungen zu unverjährter Zeit gegenübergestanden haben. Das setzt voraus, dass ein Zahlungsanspruch des Vermieters einem Zahlungsanspruch des Mieters gegenübergestanden hat vor Ablauf der 6-Monats-Frist. Daran fehlt es oft. Vermieter haben gegen Mieter nämlich zunächst einmal einen Anspruch auf vertragsgemäße Rückgabe der Mietsache. Dabei handelt es sich nicht um einen Zahlungsanspruch, sondern um eine tatsächliche Handlung, die sich erst dann in einen Schadensersatzanspruch umwandelt, wenn der Vermieter vergeblich ein Nacherfüllungsverlangen gestellt hat (§ 281 Absatz 1 BGB). Wenn das nicht innerhalb der kurzen Verjährung geschieht, standen sich zwei nicht gleichartige Forderungen gegenüber, nämlich der Rückgabeanspruch des Vermieters und der Kautions-Rückzahlungsanspruch des Mieters. Es fehlt an der für die Aufrechnung (§ 387 BGB) erforderlichen Gleichartigkeit der Forderungen – und die Aufrechnung scheitert.
Die kurze Verjährung gilt übrigens nur für Schäden an der Mietsache und nicht für die Abrechnung der Betriebskosten.
BGH, Urteil vom 08.11.2017 – VIII ZR 13/17
Landgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2016 – 65 S 305/16
Amtsgericht Berlin-Neukölln – Urteil vom 15.06.2016 – 9 C 244/15