Wie das Amen in der Kirche gehört zum Vorbringen in Verfahren gegen die Errichtung von Windenergieanlagen die Behauptung, dass die Anlagen gesundheitsgefährdenden Infraschall emittieren. Nachweise dafür gibt es nicht. Dafür aber umso mehr obskure Erfahrungsberichte, die mehr an Verschwörungstheorien erinnern als an wissenschaftlich fundierte Fakten.
Der Verwaltungsgerichtshof München hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die Antragsteller gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb zweier Windenergieanlagen vorgingen. Die Antragsteller machten geltend, dass von den Anlagen gefährlicher Infraschall ausgehe. Das oberste bayrische Verwaltungsgericht erteilte der Argumentation eine Absage (22 CS 17.1506): Das Gericht folgt dem bayrischen Windenergieerlass vom 19.07.2016, der unter 7.7 davon ausgeht, dass bei den üblichen Abständen von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung – das heißt einem Abstand von mehr als 500 Meter – die Schwelle der schädlichen Umwelteinwirkung wegen Überschreitens der in DIN 45680 genannten Werte nicht erreicht wird. Vielmehr haben Messungen ergeben, dass Windenergieanlagen nur einen Bruchteil des in der Umgebung ohnehin vorhandenen Infraschalls verursachen. Windkraftgegner berufen sich oft darauf, dass, wenn man nicht wisse, dass der Infraschall unschädlich ist, der Staat gefragt ist, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Auch diesem Ansinnen erteilte der VGH München eine Absage: sofern bei komplexen Einwirkungen keine hinreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, besteht keine staatliche Schutzpflicht nach Art. 2 Absatz 1 GG dahingehend, vorsorglich alle möglichen Schutzvorkehrungen zu treffen. So sei auch der Verordnungsgeber nicht verpflichtet, Grenzwerte zu verschärfen oder festzuschreiben, wenn über Gesundheitsgefahren keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen.
Hintergrund: Die Entscheidung ist zu begrüßen, denn sie bringt auf den Punkt, was Windkraftgegner nicht wahrhaben wollen. Infraschall durch Windenergieanlagen existiert, ist aber im Vergleich zum Rauschen des Meeres, nahe gelegenen Autobahnen oder den Belastungen, denen sich Menschen beim Autofahren aussetzen, zu vernachlässigen. Dass man über die potenzielle Schädlichkeit derzeit nichts weiß, ist kein Grund für alle möglichen denkbaren Vorsichtsmaßnahmen. Zutreffend stellt der VGH München fest, dass sich solche Vorsorgemaßnahmen auch nicht aus den Grundrechten herleiten lassen, Art. 2 Absatz 2 GG (der VGH München nennt fehlerhaft Art. 2 Absatz 1 GG). Im entschiedenen Fall ging es um zwei Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von jeweils 140 Meter und einem Rotordurchmesser von 112,4 Meter, die im Abstand von ca. 1.550 Meter zum Wohnsitz der Antragsteller befindet. Dass der VGH München davon ausgeht, dass bei einer Entfernung von 500 Metern keine schädlichen Einwirkungen durch Infraschall anzunehmen sind, bedeutet übrigens nicht, dass das bei einer geringeren Entfernung der Fall ist. Vielmehr kann auch bei kleineren Entfernungen, z. B. 250 Meter, nicht von der Schädlichkeit von Infraschall ausgegangen werden, so entschieden durch das OVG Schleswig: Beschluss vom 31.07.2015 – 1 MB 14/15.
VGH München, Beschluss vom 28.09.2017 – 22 CS 17.1506
VG Ansbach, Beschluss vom 05.07.2017 – 11 S 17.402