Bei Leistungen nach dem SGB II (Hartz 4) wird zur Berechnung des verfügbaren Vermögens auch der Wert eines Fahrzeugs berücksichtigt. Hartz 4-Empfängern wird abverlangt, ein teures Auto zu verkaufen und stattdessen ein billigeres zu erwerben, damit sie die Differenz für den Lebensunterhalt verwenden können. Tun sie das nicht, riskieren sie die Leistungen. Ein solcher Fall lag dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG Celle) zur Entscheidung vor: In dem Fall klagte ein Hartz 4 Empfänger gegen die Kürzung der Leistungen. Das Jobcenter ermittelte, dass der Pkw des Klägers einen Zeitwert von 11000 Euro habe. Diese Summe entspricht dem Händlereinkaufspreis des Fahrzeugs. Dem Kläger sei aber lediglich ein Fahrzeug im Wert von 7500 Euro zuzugestehen, da bei der Berechnung des verfügbaren Vermögens ein „angemessenes Kraftfahrzeug“ für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende Person unberücksichtigt bleibt (§ 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 SGB II). Angemessen sei ein Fahrzeug bis zu einem Zeitwert von 7500 Euro. Das Fahrzeug im Wert von 11000 Euro sei daher nicht angemessen. Die Differenz in Höhe von 3500 Euro müsse daher für den Lebensunterhalt verwendet werden, sodass die Bedürftigkeit zu verneinen sei. Der Kläger wandte ein, dass in seiner Bedarfsgemeinschaft zwei Bedürftige leben und dass der Freibetrag zweifach zu veranschlagen sei, d. h. mit 15000 Euro. Da er und seine Lebensgefährtin nur ein Auto besitzen, bewege sich der Wert des Fahrzeugs mit 11000 Euro unterhalb dieser Grenze. Aus seiner Sicht stelle es einen Wertungswiderspruch dar, wenn er und seine Frau jeweils ein Fahrzeug im Wert von 7500 Euro haben dürften, also in Summe 15000 Euro, aber ein Fahrzeug für beide im Wert von 11000 Euro nicht zulässig sei. Das LSG Celle folgte dieser Argumentation nicht: Der von Gesetzes wegen zugestandene Freibetrag für ein angemessenes Fahrzeug bezieht sich auf jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende Person. Das bedeutet, dass jede Person, die in der Bedarfsgemeinschaft lebt, ein Fahrzeug im Wert von 7500 Euro haben darf. Eine Addition der Freibeträge dahingehend, dass mehrere Bedürftige ihre Freibeträge zusammenlegen können und sich dann ein teureres Auto kaufen können, lehnt das Gericht ab. Das Gesetz stelle eindeutig auf jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende Person ab, sodass ein Zusammenrechnen der Freibeträge nicht in Betracht komme. Zweck des Gesetzes sei es, jede erwerbsfähige Person in die Lage zu versetzen, die Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Das Gesetz gewährt den Bedürftigen die Möglichkeit, ein Fahrzeug zu besitzen, um mobil zu sein und damit die Chancen auf eine Ausnahme der Erwerbstätigkeit zu verbessern. Damit sei eine Zusammenrechnung der Freibeträge nicht in Einklang zu bringen.
§ 12 Absatz 3 SGB II
„Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
…
2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person“
Hintergrund: Die Entscheidung verwundert auf den ersten Blick, denn zwei in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Hartz 4 Empfänger dürfen jeweils ein Auto im Wert von 7500 Euro haben, das heißt Fahrzeuge im Wert von 15000 Euro. Wenn aber nur einer ein Fahrzeug besitzt, darf dieses den Wert von 7500 Euro nicht übersteigen. Rechtlich ist die Argumentation des Gerichts nicht zu beanstanden, denn der Wortlaut des Gesetzes ist klar und es gibt keinen Anlass, das Gesetz anders auszulegen. Vielmehr wird der durch den Gesetzgeber verfolgte Zweck erreicht, indem Mobilität für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gesichert werden soll. Ein Freibetrag wird in § 12 Absatz 3 Nummer 2 SGB II nicht genannt. Die Wertgrenze von 7500 Euro ist eine in der Regel anzuwendende Größe, die das Bundessozialgericht anwendet (BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 66/06 R). Das bedeutet, dass von diesem Betrag durchaus abgewichen werden darf. Wie teuer ein Auto eines Hartz 4 Empfängers sein darf, bestimmt sich daher auch anhand der Umstände des Einzelfalls. Ein Bedürftiger mit mehreren minderjährigen Kindern kann daher durchaus einen 9-Sitzer fahren, und zwar auch dann, wenn er teurer als 7500 Euro ist.
LSG Celle, Urteil vom 23.08.2017 – L 11 AS 35/17
SG Braunschweig, Urteil vom 08.12.2016 – S 10 AS 3027/15