BDSG 2018 – § 58 – online-Kommentar

§ 58 Rechte auf Berichtigung und Löschung sowie Einschränkung der Verarbeitung

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger Daten zu verlangen. Insbesondere im Fall von Aussagen oder Beurteilungen betrifft die Frage der Richtigkeit nicht den Inhalt der Aussage oder Beurteilung. Wenn die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten nicht festgestellt werden kann, tritt an die Stelle der Berichtigung eine Einschränkung der Verarbeitung. In diesem Fall hat der Verantwortliche die betroffene Person zu unterrichten, bevor er die Einschränkung wieder aufhebt. Die betroffene Person kann zudem die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten verlangen, wenn dies unter Berücksichtigung der Verarbeitungszwecke angemessen ist.

(2) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Löschung sie betreffender Daten zu verlangen, wenn deren Verarbeitung unzulässig ist, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist oder diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen.

(3) Anstatt die personenbezogenen Daten zu löschen, kann der Verantwortliche deren Verarbeitung einschränken, wenn

  1. Grund zu der Annahme besteht, dass eine Löschung schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person beeinträchtigen würde,
  2. die Daten zu Beweiszwecken in Verfahren, die Zwecken des § 45 dienen, weiter aufbewahrt werden müssen oder
  3. eine Löschung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

In ihrer Verarbeitung nach Satz 1 eingeschränkte Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, der ihrer Löschung entgegenstand.

(4) Bei automatisierten Dateisystemen ist technisch sicherzustellen, dass eine Einschränkung der Verarbeitung eindeutig erkennbar ist und eine Verarbeitung für andere Zwecke nicht ohne weitere Prüfung möglich ist.

(5) Hat der Verantwortliche eine Berichtigung vorgenommen, hat er einer Stelle, die ihm die personenbezogenen Daten zuvor übermittelt hat, die Berichtigung mitzuteilen. In Fällen der Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung nach den Absätzen 1 bis 3 hat der Verantwortliche Empfängern, denen die Daten übermittelt wurden, diese Maßnahmen mitzuteilen. Der Empfänger hat die Daten zu berichtigen, zu löschen oder ihre Verarbeitung einzuschränken.

(6) Der Verantwortliche hat die betroffene Person über ein Absehen von der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder über die an deren Stelle tretende Einschränkung der Verarbeitung schriftlich zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn bereits die Erteilung dieser Informationen eine Gefährdung im Sinne des § 56 Absatz 2 mit sich bringen würde. Die Unterrichtung nach Satz 1 ist zu begründen, es sei denn, dass die Mitteilung der Gründe den mit dem Absehen von der Unterrichtung verfolgten Zweck gefährden würde.

(7) § 57 Absatz 7 und 8 findet entsprechende Anwendung.

Kommentar

§ 58 BDSG 2018 wurde neu gefasst mit dem Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU – vom 30.06.2017, BGBl. I, vom 05.07.2017, S. 2097 und tritt am 25.05.2018 in Kraft.

Die für den dritten Teil des BDSG (§§ 45 – 84, d. h. für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Strafverfolgung, -verhinderung, der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten etc) geltende Vorschrift hat Rechte der Betroffenen auf Berichtigung, Löschung und auf Einschränkung der Verarbeitung zum Gegenstand. Die Vorschrift setzt Artikel 16 der Richtlinie (EU) 2016/680 um.

Absatz 1 beinhaltet Regelungen zur Berichtigung unrichtiger Daten sowie das Recht auf Vervollständigung unvollständiger Daten (vgl. Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680). Satz 1 enthält das Berichtigungsrecht, welches durch Satz 2 beschränkt wird, indem das Berichtigungsrecht nicht gelten soll für Aussagen oder Beurteilungen. Die Regelung greif Erwägungsgrund 47 der DSGVO und Erwägungsgrund 47 der Richtlinie (EU) 2016/680 auf, wonach Inhalte von Zeugenaussagen nicht der Berichtigung unterliegen sollen. In der Entwurfsbegründung heißt es, dass die Einschränkung der Vorbeugung massenhafter und nicht erfolgversprechender Anträge und der Klarstellung dienen soll, dass sich die Berichtigung auf die betroffene Person betreffende Tatsachen bezieht und nicht etwa auf den Inhalt von Zeugenaussagen (vgl. BT Drs. 18/11325, S. 114). Die Begründung überzeugt nicht, denn Inhalte von Zeugenaussagen sind keineswegs gleichzusetzen mit Meinungsäußerungen, welche von Tatsachenäußerungen abzugrenzen sind. Auch Zeugenaussagen können Tatsachenäußerungen enthalten, wenn der Schwerpunkt der Äußerung auf beweisbaren Umständen und nicht auf einem persönlichen Dafürhalten liegt. Vor diesem Hintergrund ist Satz 2 missverständlich formuliert, denn dass die Berichtigung „insbesondere“ für Inhalte von Zeugenaussagen und Bewertungen nicht gilt, lässt offen, wofür das Berichtigungsrecht darüber hinaus nicht gelten soll. Dass Meinungsäußerungen nicht vom Berichtigungsrecht umfasst sind, ist selbstverständlich. Dementsprechend kann Satz 2 allenfalls eine Ausnahme für Aussagen und Beurteilungen entnommen werden und darüber hinaus nur für solche Daten, die nicht tatsächlicher Natur sind.

Satz 3 enthält eine Regelung für den Fall der Nichterweislichkeit der Richtigkeit oder Unrichtigkeit. In diesem Fall tritt an die Stelle der Berichtigung das Recht auf Einschränkung der Bearbeitung und der Verantwortliche hat den Betroffenen nach Satz 4 zu unterrichten, wenn er die Einschränkung wieder aufhebt (vgl. Artikel 16 Absatz 3 Satz 1 Buchstabe a der Richtlinie (EU) 2016/680).

Satz 5 gibt Betroffenen außerdem das Recht auf Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten, sofern das unter Berücksichtigung der Verarbeitungszwecke angemessen ist. Nach dem Wortlaut der Regelung bedarf es für den Vervollständigungsanspruch keiner besonderen Rechtsverletzung. Einschränkungen gehen indessen mit der Prüfung der Unvollständigkeit einher, denn nur „unvollständige“ personenbezogene Daten können vervollständigt werden.

Betroffene können sich nicht mit der Behauptung der Unrichtigkeit / Unvollständigkeit der personenbezogenen Daten begnügen, sondern müssen konkrete Zweifel an der Unrichtigkeit oder der Unvollständigkeit substantiiert darlegen. Die Anforderungen an die Darlegungslast werden von den Gerichten zu konkretisieren sein.

Absatz 2 enthält das Recht auf Löschung (Umsetzung von Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/680). Betroffene können von Verantwortlichen verlangen, dass diese unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Absatz 1 Satz 1 BGB), personenbezogene Daten löschen, sofern die Verarbeitung unzulässig ist, die Kenntnis für die Aufgabenwahrnehmung nicht mehr erforderlich ist oder eine Rechtspflicht zur Löschung besteht (vgl. § 75 Absatz 2). Ob diesen drei Fallgruppen eine jeweils eigenständige Bedeutung zukommt, darf bezweifelt werden, denn bei Lichte betrachtet sind die beiden letztgenannten Fallgruppen (Kenntnis nicht mehr erforderlich und Rechtspflicht zur Löschung) in der ersten Fallgruppe enthalten, denn in beiden Fällen ist die Verarbeitung unzulässig.

Absatz 3 gibt dem Verantwortlichen die Möglichkeit, anstelle einer Löschung nach Absatz 2 eine Einschränkung der Verarbeitung vorzusehen (vgl. § 20 Absatz 3 BDSG a. F. – Satz 1 Nummern 1 und 3; Artikel 16 Absatz 3 Satz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2016/680 –Satz 1 Nummer 2). Nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 kann anstelle der Löschung eine Verarbeitungseinschränkung erfolgen, wenn durch die Löschung mit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person zu rechnen wäre, nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, wenn die Daten zu Beweiszwecken in Verfahren nach § 45 aufbewahrt werden müssen oder nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 wenn eine Löschung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit erheblichem Aufwand möglich wäre. Ein unverhältnismäßiger Aufwand dürfte nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein, denn es handelt sich um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung, die Verantwortliche nicht von der Pflicht entbindet, die eingesetzte Technik so auszulegen, dass Löschpflichten erfüllt werden können.

Absatz 3 Satz 2 bestimmt, dass eine Verarbeitung von Daten nach Satz 1 nur zu Zwecken erfolgen darf, die ihrer Löschung entgegenstanden. Der Rechtsgedanke der eingeschränkten Verarbeitung findet sich auch in § 32 Absatz 2 Satz 3 BKAG.

Absatz 4 stellt besondere Anforderungen an die automatisierte Verarbeitung und verlangt, dass die Verarbeitungseinschränkung im Falle der automatisierten Verarbeitung erkennbar sein muss. Außerdem ist die Beschränkung technisch sicherzustellen und die Verwendung für andee Zwecke ist einer Prüfung zu unterstellen.

Absatz 5 trifft Regelungen zum Verfahren bei der Berichtigung. Absatz 5 Satz 1 sieht vor, dass der Verantwortliche eine Berichtigung an die Stelle mitzuteilen hat, die ihm die Daten zuvor übermittelt hat. Damit soll sichergestellt werden, dass die Daten einheitlich berichtigt werden, ohne dass Betroffene sämtliche Stellen zur Berichtigung auffordern müssten. Die Vorschrift umfasst eine Kettenberichtigung dergestalt, dass weitere vorangegangene Stellen ebenfalls zu informieren sind. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 16 Absatz 5 der Richtlinie (EU) 2016/680. § 75 Absatz 1 sieht ebenfalls eine Mitteilungspflicht vor für Fälle, in denen der Verantwortliche von Amts wegen bzw. ohne Antrag eine Berichtigung durchführt. Absatz 5 Satz 2 verpflichtet den Verantwortlichen dazu, Empfängern von Daten Maßnahmen nach Absätzen 1 bis 3 mitzuteilen, die nach Absatz 5 Satz 3 ihrerseits Berichtigungen, Löschungen oder Verarbeitungsbeschränkungen vorzunehmen haben.

Absatz 6 sieht eine schriftliche Unterrichtung des Betroffenen (Satz 1) nebst Begründung (Satz 3) vor, wenn eine Berichtigung oder Löschung unterbleibt oder wenn eine Verarbeitungsbeschränkung vorgesehen ist. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 16 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2016/680. Die Informationspflicht entfällt, wenn mit einer Gefährdung gemäß § 56 Absatz 2 zu rechnen ist (Satz 2).

Absatz 7 bestimmt eine entsprechende Anwendung von § 57 Absatz 7 und 8 und beschränkt damit die Auskunftsrechte von Betroffenen.

 

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