BDSG 2018 – § 42 – online-Kommentar

§ 42 Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer wissentlich nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten einer großen Zahl von Personen, ohne hierzu berechtigt zu sein,

  1. einem Dritten übermittelt oder
  2. auf andere Art und Weise zugänglich macht

und hierbei gewerbsmäßig handelt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind,

  1. ohne hierzu berechtigt zu sein, verarbeitet oder
  2. durch unrichtige Angaben erschleicht

und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind die betroffene Person, der Verantwortliche, die oder der Bundesbeauftragte und die Aufsichtsbehörde.

(4) Eine Meldung nach Artikel 33 der Verordnung (EU) 2016/679 oder eine Benachrichtigung nach Artikel 34 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 darf in einem Strafverfahren gegen den Meldepflichtigen oder Benachrichtigenden oder seine in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Meldepflichtigen oder Benachrichtigenden verwendet werden.

Kommentar

§ 42 BDSG 2018 wurde neu gefasst mit dem Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU – vom 30.06.2017, BGBl. I, vom 05.07.2017, S. 2097 und tritt am 25.05.2018 in Kraft.

Mit § 42 macht der Gesetzgeber von der gemäß Artikel 84 Absatz 1 DSGVO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, „andere Sanktionen“ für Verstöße gegen Festlegungen des Datenschutzes vorzusehen, wovon die Regelung von Straftatbeständen umfasst ist.

Absatz 1 Nummer 1 stellt das unberechtigte gewerbliche Übermitteln von wissentlich nicht allgemein zugänglichen personenbezogenen Daten einer großen Anzahl von Personen an einen Dritten unter Strafe. Es handelt sich um ein Vergehen (§ 12 Absatz 2 StGB), das mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet wird.

Das im Tatbestand enthaltene Wort „wissentlich“ kann als Hervorhebung des intellektuellen bzw. kognitiven Elements des Vorsatzes interpretiert werden. Da der Täter in allen drei Vorsatzformen ohnehin „Wissen“ um die objektiven Tatbestandsmerkmale haben muss (dolus directus I., II. Grades sowie dolus eventualis), kommt dem Wort „wissentlich“ keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.

Weder aus dem Gesetz noch der Entwurfsbegründung ist zu entnehmen, wie viele Menschen eine „große Anzahl von Menschen“ sind. Das wird von der Rechtsprechung und der Literatur zu klären sein. Dazu kann unter Berücksichtigung der besonderen datenschutzrechtlichen Schutzzwecke auf Tatbestände zurückgegriffen werden, in denen ähnliche Formulierungen zu finden sind, was allerdings wenig ergiebig ist: Der Gesetzgeber verwendet die Formulierung „große Zahl von Menschen“ z. B. im Betrugstatbestand, bei der Brandstiftung und bei den Umweltstraftaten:

Wie viele Menschen „eine große Zahl von Menschen“ beim besonders schweren Fall des Betrugs (§ 263 Absatz 3 Nummer 2 StGB) sind, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Teilweise wird die Formulierung als zu unbestimmt kritisiert. Soweit Zahlen angegeben werden, variieren die Angaben: „mehr als 10“, „mindestens 20“ bis hin zu „mindestens 50“ Menschen.

Bei der „großen Zahl von Menschen“ bei einem schweren Fall einer Umweltstraftat (§ 330 Absatz 2 Nummer 1 StGB) wird in der Literatur ebenfalls Kritik an der unbestimmten Formulierung geäußert. Auch hier finden sich unterschiedliche Angaben zur Anzahl: „mindestens 14“, „mindestens 20“, „dreistellige Zahl“, „weniger als unübersehbar“, „unübersehbar“.

Bei der besonders schweren Brandstiftung (§ 306b Absatz 1 StGB) wird die „große Zahl von Menschen“ mit mindestens 14 angenommen (BGH, Urteil vom 11. 8. 1998 – 1 StR 326–98).

Die „große Anzahl von Menschen“ gemäß § 42 Absatz 1 BDSG 2018 setzt keine unübersehbare Anzahl voraus, denn nach dem Wortsinn ist „groß“ weniger als „unübersehbar“. Angesichts des im Vergleich zur Brandstiftung geringeren Gefährdungspotenzials wird man die Zahl allerdings mit deutlich mehr als 14 veranschlagen müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die tatbestandlich vorausgesetzte Gewerbsmäßigkeit in der Praxis ohnehin höhere Zahlen als wahrscheinlich erscheinen lässt, sodass, wenn man dem Tatbestandsmerkmal überhaupt eine begrenzende Wirkung beimessen möchte, eine „große Anzahl von Menschen“ mindestens im hohen dreistelligen Bereich oder im vierstelligen Bereich liegen muss.

Der Tatbestand von Absatz 1 Nummer 2 ist erfüllt, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen die Daten „auf andere Art und Weise zugänglich“ gemacht werden. Adressat kann hier wiederum ein Dritter sein oder die Daten werden zum Abruf bereitgehalten, beispielsweise im Internet oder im Intranet.

Absatz 2 stellt die unberechtigte Verarbeitung nicht allgemein zugänglicher personenbezogener Daten gegen Entgelt oder in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht (Nummer 1) oder das entsprechende Erschleichen durch unrichtige Angaben (Nummer 2) unter Strafe. Diese Tatbestände stellen ebenfalls Vergehen dar, die mit bis zu zwei Jahren Geldstrafe oder Geldstrafe geahndet werden. Dass in diesen Tatbeständen das Wort „wissentlich“ fehlt, ist aus den oben ausgeführten Grünen bedeutungslos.

Absatz 3 Satz 1 bestimmt, dass die Tatbestände nur auf Antrag verfolgt werden. Der Kreis der Antragsberechtigten wird in Absatz 3 Satz 2 bestimmt: die betroffene Person, der Verantwortliche, der Bundesbeauftragte und die Aufsichtsbehörde (vgl. § 44 Absatz 2 BDSG a. F.).

Absatz 4 dient dem verfassungsrechtlichen Verbot einer Verpflichtung zur Selbstbezichtigung dienen (vgl. § 42a Satz 6 BDSG a. F.). Die Öffnungsklausel gemäß Artikel 84 Absatz 1 DSGVO gestattet es den Mitgliedstaaten, Vorschriften für Verstöße gegen die DSGVO festzulegen und alle zu deren Anwendung erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Für Straftaten, die vor Geltung der DSGVO begangen wurden (25.05.2018), gilt Artikel 49 Absatz 1 Satz 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wonach, wenn nach Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt wird, diese zu verhängen ist.

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