BDSG 2018 – § 56 – online-Kommentar

§ 56 Benachrichtigung betroffener Personen

(1) Ist die Benachrichtigung betroffener Personen über die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten in speziellen Rechtsvorschriften, insbesondere bei verdeckten Maßnahmen, vorgesehen oder angeordnet, so hat diese Benachrichtigung zumindest die folgenden Angaben zu enthalten:

  1. die in § 55 genannten Angaben,
  2. die Rechtsgrundlage der Verarbeitung,
  3. die für die Daten geltende Speicherdauer oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer,
  4. gegebenenfalls die Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten sowie
  5. erforderlichenfalls weitere Informationen, insbesondere, wenn die personenbezogenen Daten ohne Wissen der betroffenen Person erhoben wurden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann der Verantwortliche die Benachrichtigung insoweit und solange aufschieben, einschränken oder unterlassen, wie andernfalls

  1. die Erfüllung der in § 45 genannten Aufgaben,
  2. die öffentliche Sicherheit oder
  3. Rechtsgüter Dritter

gefährdet würden, wenn das Interesse an der Vermeidung dieser Gefahren das Informationsinteresse der betroffenen Person überwiegt.

(3) Bezieht sich die Benachrichtigung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(4) Im Fall der Einschränkung nach Absatz 2 gilt § 57 Absatz 7 entsprechend.

Kommentar

§ 56 BDSG 2018 wurde neu gefasst mit dem Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU – vom 30.06.2017, BGBl. I, vom 05.07.2017, S. 2097 und tritt am 25.05.2018 in Kraft.

 

Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist auf den dritten Teil des BDSG (§§ 45 – 84) beschränkt. Die Vorschrift regelt Fälle, in denen fachgesetzliche Gesetze aktive Benachrichtigungen von Betroffenen vorsehen. Der Begriff der „besonderen Fälle“ entstammt Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/680. Eine zusammenfassende Darstellung der „besonderen Fälle“ im BDSG wäre mit dem Regelungskonzept des allgemein gehaltenen BDSG und den daneben geltenden speziellen fachrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen. Deshalb verweist § 56 auf spezielle Rechtsvorschriften.

Die Vorschrift kann als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips angesehen werden: sofern eine Information des Betroffenen unterbleiben soll, ist sicherzustellen, dass dieser zumindest nachträglich die Möglichkeit zur Geltendmachung von Betroffenenrechten erhält. Unabhängig unterliegen auch die einzelnen Maßgaben einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, bei der die Intensität der Betroffenenrechte sowie die Zwecke der Verarbeitung zu berücksichtigen sind.

Absatz 1 enthält Mindestanforderungen an den Inhalt einer Benachrichtigung von Betroffenen. Die Anwendung der Vorschrift setzt voraus, dass die Benachrichtigung spezialgesetzlich vorgesehen ist. Damit bleibt die Vorschrift im Hinblick auf die Transparenz staatlichen Handelns hinter den Maßgaben von Art. 13 DSGVO zurück. Über die Informationen gemäß § 55 hinaus (Absatz 1 Nummer 1) hat der Verantwortliche die Rechtsgrundlage der Verarbeitung anzugeben (Absatz 1 Nummer 2) sowie die Speicherdauer bzw. Kriterien für die Dauer der Speicherung und „Kategorien“ von Empfängern personenbezogenen Daten (Absatz 1 Nummern 3 f.) sowie „weitere Informationen“ – z. B. wenn die Daten heimlich erhoben wurden (Absatz 1 Nummer 5).

Absatz 2 enthält praktisch sehr relevante Einschränkungen: Die Information von Betroffenen kann aufgeschoben werden oder sogar ganz unterbleiben. Es liegt auf der Hand, dass die Information Betroffener der Ermittlung und Aufdeckung von Straftaten oder der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 45) hinderlich sein kann. Deshalb enthält die Vorschrift in Nummern 1 bis 3 alternative Tatbestände, welche ein Aufschieben, Einschränken oder Unterlassen der Information zulassen, nämlich:

  • Nummer 1: die Gefährdung der Erfüllung der Aufgaben gemäß § 45 (Strafverfolgung, Ahndung von OWi usw.) oder
  • Nummer 2: die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder
  • Nummer 3: die Gefährdung von Rechtsgütern Dritter.

Erforderlich ist jeweils das Überwiegen des Interesses an der Vermeidung der genannten Gefahren gegenüber dem Informationsinteresse der Betroffenen. Mit Absatz 2 geht der deutsche Gesetzgeber über Art. 13 der Richtlinie (EU) 2016/680 hinaus, soweit darin eine Beeinträchtigung von Rechtsgütern oder Zwecken vorausgesetzt wird; nach deutschem Recht genügt eine bloße Gefährdung.

Absatz 3 bestimmt Zustimmungserfordernisse bestimmter Stellen, die regelmäßig besonders sensible Verarbeitungen vornehmen und entsprechende Zwecke verfolgen. Hierdurch sollen übergeordnete Geheimhaltungsinteressen gewahrt werden. Die Vorschrift ist angelehnt an § 19 Absatz 3 BDSG a. F.

Absatz 4 ordnet die entsprechende Anwendung von § 57 Absatz 7 an, wonach Betroffene Verfahrens- und Rechtsschutzmöglichkeiten erhalten für den Fall, dass ihnen mitgeteilt wird, dass Auskünfte nicht oder nur eingeschränkt erteilt werden.

zurück zum BDSG 2018