Hat ein Hartz IV-Empfänger wegen drohender Zeugungsunfähigkeit sein Sperma einfrieren lassen, muss er für die Kosten selbst aufkommen. Die Kosten der Kryokonservierung von Samenzellen fallen nicht unter den Härtefall-Mehrbedarf bei Hartz IV-Empfängern. So entschied das Bundessozialgericht am 26.11.2020 (B 14 AS 23/20 R).
Geklagt hatte ein junger Mann, der vom Jobcenter die Kosten für die Konservierung seiner Samenzellen verlangte. Er selbst bezog zusammen mit seinen Eltern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II. Im Alter von 16 Jahren wurde bei dem Mann ein Immundefekt diagnostiziert. Dieser musste unter anderem mit einer Chemotherapie behandelt werden.
Zeugungsunfähigkeit wegen Chemotherapie
Da es aufgrund der Chemotherapie zu einer Zeugungsunfähigkeit kommen kann, rieten ihm die Ärzte körpereigene Spermienzellen einfrieren zu lassen. Der Mann folgte dem Rat und ließ sein Sperma bei einem entsprechenden Unternehmen einfrieren. Die Kosten für die Einlagerung des Spermas belaufen sich auf ca. 300,- € im Jahr.
Kosten für die Konservierung der Spermienzellen
Nach Durchführung der Chemotherapie war der Mann zeugungsunfähig. Die Kosten für die Konservierung seiner Spermien verlangte er nun vom Jobcenter, nachdem die Krankenkasse eine Übernahme der Kosten abgelehnt hatte. Der Mann war der Auffassung, dass die Kosten für den Erhalt der Möglichkeit, eigene Kinder zu bekommen, in jedem Fall erstattungsfähig sind.
Wenn nach den Vorschriften der Bundesagentur für Arbeit unter anderem Kosten für Hygieneartikel und Haushaltshilfen als unabweisbar angesehen werden, müsse dies erst recht für die Kosten der Konservierung von Sperma gelten. Denn schließlich sei das Recht auf Gründung einer Familie sogar als Grundrecht im Grundgesetz geschützt, so der junge Mann.
Dieser erhob Klage beim zuständigen Sozialgericht. Die Klage wurde abgewiesen. Das Landessozialgericht gab der Klage jedoch statt. Über die Revision entschied nun das BSG.
Entscheidung des BSG
Und das BSG entschied: Der Mann muss für die Kosten selbst aufkommen! Wenngleich der staatliche Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz verankert ist, kann hieraus keine so weitreichende Förderungspflicht des Gesetzgebers abgeleitet werden, so das BSG in seinem Urteil. Damit besteht kein Anspruch auf Erstattung bzw. Übernahme der Kosten und der Mann muss für die Kosten selbst aufkommen.
Das BSG hob das stattgebende Urteil des Landessozialgerichts auf. In der Entscheidung weist das BSG ergänzend darauf hin, dass gesetzlich Krankenversicherte künftig einen Anspruch auf Kryokonservierung in solchen Fällen haben. Ein entsprechendes Gesetz wurde im Jahr 2019 eingeführt und sei noch in der Umsetzung, so das BSG.
Nach dem neuen Gesetz haben gesetzlich Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Kostenerstattung für das Einfrieren von Samen- und Eizellen direkt gegen die Krankenkasse.
BSG, Urteil vom 26.11.2020 – B 14 AS 23/20 R
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