Die Frage, ob ein Schüler oder eine Schülerin zum Gymnasium zugelassen wird, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Häufig entscheidet die jeweilige Schule, die das Kind besucht, über den weiteren Bildungsweg.
So spricht die Schule beispielsweise in Klasse 6 eine so genannte Empfehlung für das Gymnasium aus, wenn die jeweiligen Voraussetzungen gegeben sind. Welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen, ist im jeweiligen Landesgesetz geregelt.
Hier sieht zum Beispiel das Brandenburgische Schulgesetz (BbgSchulG) eine Eignungsprüfung für den Besuch des Gymnasialzweiges ab Klasse 7 vor. Eine Eignungsprüfung muss jedoch dann nicht abgelegt werden, wenn eine so genannte Empfehlung zum Gymnasium vorliegt und der Zahlenwert der Noten aus den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache im Halbjahreszeugnis der sechsten Klasse den Wert von sieben nicht übersteigt.
Kein Wahlrecht der Eltern im Landesschulgesetz
Ein Wahlrecht der Eltern sieht das BbgSchulG nicht vor. Dies bedeutet, dass eine Entscheidungsbefugnis der Eltern, welchen Bildungsweg ihr Kind beschreitet, nicht gegeben ist. Eine solche Regelung, wie sie auch in anderen Bundesländern zu finden ist, gibt häufig Anlass zu Streit und endet nicht selten vor Gericht.
Insbesondere wenn die Eltern ihr am Gymnasium unterbringen möchten, die Schule jedoch keine Gymnasialempfehlung gibt, ist der Streit vorprogrammiert. Da verwaltungsgerichtliche Verfahren oft über mehrere Jahre dauern, versuchen viele Eltern ihre Kinder im einstweiligen Rechtsschutz den Zugang zum Gymnasium in die Klassenstufe sieben zu verschaffen.
Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg
Über einen solchen Fall entschied nun auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG Berlin-Brandenburg).
Die Eltern eines Schülers aus Brandenburg wollten, dass dieser ab Klassenstufe sieben das Gymnasium besucht. Doch leider reichte weder der Notendurchschnitt, noch gab es eine entsprechende Empfehlung der Schule. Auch den Eignungstest legte der Schüler nicht mit dem erforderlichen Erfolg ab. Die Schule weigerte sich jedoch, den Schüler in die Klassenstufe sieben des Gymnasiums aufzunehmen.
Die Eltern waren hiermit überhaupt nicht einverstanden und sind der Auffassung, dass die entsprechenden Regeln im Schulgesetz nicht mit der Verfassung vereinbar sind, da sie das Entscheidungsrecht der Eltern missachten würden.
Das OVG Berlin-Brandenburg sah dies anders. Zwar gehören Pflege und Erziehung des Kindes nach Artikel 6 des Grundgesetzes zum natürlichen Recht der Eltern. Hiervon umfasst ist grundsätzlich auch die freie Wahl zwischen den verschiedenen Schularten und Bildungswegen, so das OVG Berlin-Brandenburg. Allerdings ist nach der Entscheidung des OVG diese Wahlfreiheit nicht grenzenlos gewährt.
Staatlicher Bildungsauftrag beschränkt das Wahlrecht der Eltern
Beschränkt wird das Wahlrecht der Eltern durch den in Artikel 7 Absatz 1 Grundgesetz normierten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag, so das OVG Berlin-Brandenburg. Und dieser Bildungsauftrag ist nach dem Beschluss des OVG dem Elternrecht nicht untergeordnet, sondern tritt gleichberechtigt daneben.
Der staatliche Bildungsauftrag betrifft insbesondere die Planung und die Organisation des Schulwesens. Hierzu zählt auch, die Voraussetzungen für den Zugang zur Schule wie z.B. zum Gymnasialzweig festzulegen, so das OVG Berlin-Brandenburg. Dies ist hier nach der Entscheidung des OVG geschehen und nicht zu beanstanden.
Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des OVG auch, dass der schulische Werdegang nicht abschließend festgelegt worden ist. So ist der Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nicht dauerhaft ausgeschlossen. Es besteht immer noch die Möglichkeit, eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe zu besuchen.
Hier sind die Voraussetzungen für einen Zugang nicht so streng, wie für den Zugang zum Gymnasialzweig. Denn die entsprechende Regelung im BbGSchulG gilt eben nur für den sechsjährigen Bildungsgang an Gymnasien, so das OVG Berlin-Brandenburg.
Auch die Bewertung des Eignungstests war nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg nicht zu beanstanden. Eine gleichheitswidrig überstrenge Bewertung war nicht zu erkennen, so das OVG.
Die Beschwerde der Eltern gegen den zuvor vom Verwaltungsgericht erlassenen ablehnenden Beschluss wies das OVG Berlin-Brandenburg zurück.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.10.2020 – OVG 3 S 54.20