Bei einem Verkehrsunfall trifft den nicht angeschnallten Beifahrer ein Mitverschulden von 30%, wenn dieser durch den Unfall verletzt oder gar zu Tode gekommen ist. Dies gilt, wenn er den Unfall angeschnallt aller Wahrscheinlichkeit überlebt hätte oder weniger verletzt gewesen wäre. Stirbt der Beifahrer, muss sich der Angehörige den Mitverschuldensanteil anrechnen lassen. Dies geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG Koblenz) vom 07.01.2020 hervor (12 U 518/19).
Rechtsprechung zum Mitverschulden
Mit diesem Urteil bestätigte das OLG Koblenz die bisherige Rechtsprechung zum Mitverschulden des nicht angeschnallten Beifahrers. Wenngleich es immer um die konkreten Umstände des Einzelfalls geht, liegt der Mitverschuldensanteil des unangeschnallten Beifahrers in der Regel zwischen 25% und 50%, so die Gerichte.
Nicht angeschnallter Beifahrer
In dem hier verhandelten Fall ging es um einen Verkehrsunfall auf der Autobahn. Während der Fahrt auf einer viel befahrenen Autobahn schlief der Fahrer ein. Es kam zu einer Kollision, bei der der nicht angeschnallte Beifahrer aus dem Auto geschleudert wurde. Wenig später erlag der Beifahrer seinen Verletzungen. Ein unterhaltsberechtigter Angehöriger machte Ansprüche gegen den Fahrer geltend.
Das Landgericht hatte in erster Instanz einen Mitverschuldensanteil des Beifahrers von 1/3 angenommen, den sich der Angehörige anrechnen lassen sollte. Hiermit war der Angehörige nicht einverstanden und legte Berufung beim OLG Koblenz ein.
Mitverschulden von 1/3
Das OLG Koblenz jedoch sah ebenfalls einen Mitverschuldensanteil von 1/3, weil der Beifahrer nicht angeschnallt und damit gegen § 21a StVO verstoßen hatte. Das Gericht teilte dem Angehörigen seine Rechtsauffassung mit und auch, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen. Daraufhin nahm der Angehörige seine Berufung zurück.
In dem Beschluss verweist das OLG Koblenz auf die bisherige Rechtsprechung. Hiernach ist eine Mitverschuldensquote von 25 bis 30% anzunehmen, wenn der Beifahrer nicht angeschnallt ist. Dies gilt zumindest bei Vorliegen eines „Regelsachverhaltes“, so das OLG Koblenz.
Führt der Unfall gerade wegen des Verstoßes gegen die Anschnallpflichten zu besonders schweren Verletzungen, kann auch eine Mitverschuldensquote von bis zu 50% in Betracht kommen. Hierauf weist das OLG hin.
Massives Mitverschulden beim Fahrer
In dem hier verhandelten Fall ging das OLG Koblenz von einem massiven Mitverschulden auf Fahrerseite aus, denn dieser war während der Fahrt auf einer viel befahrenen Autobahn eingeschlafen.
Beim Fahrer sah das OLG Koblenz aus diesem Grund eine Mitverschuldensquote von 2/3. Eine höhere als die verbleibende Quote von 1/3 beim Beifahrer war nach Auffassung des OLG daher nicht anzunehmen, auch wenn die Schwere der Verletzungen im Wesentlichen auf das Herausschleudern aus dem Auto und somit auf den Verstoß gegen die Anschnallpflicht zurückzuführen war.
Umstände des Einzelfalls entscheidend
In jedem Fall, so das OLG Koblenz, müsse der Mitverschuldensanteil des Beifahrers jeweils im konkreten Einzelfall ermittelt werden. In diesem Fall war die Mitverschuldensquote des Beifahrers mit 1/3 anzusetzen, so wie es zuvor bereits das Landgericht in erster Instanz entschieden hatte.
OLG Koblenz, Beschluss vom 07.01.2020 – OLG Koblenz